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„So fühlt es sich an, von Drohnen gejagt zu werden.“

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Malik Jalal

I´m on the Kill list. This is what it feels like to be hunted by drones

Ich bin in der seltsamen Lage, zu wissen, dass ich auf der ‘Todesliste’ stehe. Ich weiß es, weil es mir gesagt wurde, und ich weiß es, weil ich wieder und wieder Ziel von Mordanschlägen war. Vier mal wurden Raketen auf mich abgefeuert. Ich habe außergewöhnliches Glück, noch am Leben zu sein.

Ich möchte nicht als „Insektenspritzer“ enden – das hässliche Wort, das benutzt wird, um die Überreste eines Menschen zu beschreiben, der von einer Hellfire-Rakete in die Luft gejagt wurde, die von einer Predator-Drohne abgefeuert wurde. Noch wichtiger, ich möchte nicht, dass meine Familie dem zum Opfer fällt, oder auch nur mit den Drohnenmaschinen über ihren Köpfen leben muss, im Wissen, dass sie jeden Augenblick vaporisiert werden können.

Ich bin diese Woche in England, weil ich beschlossen habe, dass, wenn die aus dem Westen mich töten wollen, ohne auch nur zuvor mit mir zu reden, ich vielleicht gehen sollte, um mit ihnen zu reden. Ich werde meine Geschichte erzählen, damit ihr selbst beurteilen könnt, ob ich die Art Mensch bin, die ihr ermordet sehen wollt.

Ich komme aus Wasiristan, an der Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan. Ich bin einer der Anführer des Friedenskomitees von Nordwasiristan (NWPC), einer Organisation örtlicher Maliks (oder Gemeindevorsteher), die sich der Aufrechterhaltung des Friedens in unserer Region widmet. Wir arbeiten mit Genehmigung der pakistanischen Regierung, und unsere Hauptaufgabe besteht darin, Gewalt zwischen den örtlichen Taliban und den Behörden zu verhindern.

Im Januar 2010 habe ich meinen Wagen meinem Neffen Salimullah geliehen, damit er ihn nach Deegan fährt, für einen Ölwechsel und um einen der Reifen zu kontrollieren. Es gingen Gerüchte um, dass Drohnen bestimmte Fahrzeuge anvisieren würden und bestimmte Telefonsignale verfolgten. Der Himmel war klar, und über uns kreisten Drohnen.

Während sich Salimullah mit dem Mechaniker unterhielt, fuhr ein zweites Fahrzeug neben meines. Vier Männer saßen darin, einfache Bergleute aus den Chromerzminen der Gegend. Eine Rakete zerstörte beide Fahrzeuge, tötete alle vier Männer und verletzte Salimullah schwer, der die nächsten 31 Tage im Krankenhaus verbrachte.

Als ich darüber nachdachte, dass die Drohnen die Fahrzeuge von Leuten anpeilen, die sie in Wasiristan töten wollen, machte ich mir Sorgen, dass das auf mich abzielte.

Der nächste Angriff kam am 3. September 2010. An diesem Tag fuhr ich einen roten Toyota Hilux Surf SUV zu einer ‘Jirga’, einer Gemeindeversammlung von Ältesten. 40 Meter hinter mir war ein anderes rotes Fahrzeug, das meinem beinahe glich. Als wir Khader Khel erreichten, jagte eine Rakete das andere Fahrzeug in die Luft und tötete alle vier Insassen. Ich raste davon, Flammen und Trümmer in meinem Rückspiegel.

Anfänglich dachte ich, dass das Fahrzeug hinter mir vielleicht von Militanten benutzt wurde, und ich nur zufällig in der Nähe war. Aber später erfuhr ich, dass die Opfer vier örtliche Arbeiter aus dem Mada Khel-Stamm waren, und keiner von ihnen Verbindungen zu militanten Gruppen hatte. Nun schien es wahrscheinlicher, dass ich das Ziel war.

Der dritte Drohnenangriff erfolgte am 6. Oktober 2010. Mein Freund Salim Khan lud mich zum Abendessen ein. Ich rief Salim an, um mein Eintreffen anzukündigen, und kurz ehe ich dort ankam, schlug eine Rakete ein und tötete sofort drei Menschen, darunter meinen Cousin Kaleem Ullah, einen verheirateten Mann mit Kindern, und einen geistig behinderten Mann. Abermals hatte keines der Opfer mit Extremismus zu tun.

Jetzt war ich mir sicher, dass sie hinter mir her waren.

Fünf Monate später, am 27. März 2011, richtete sich eine amerikanische Rakete auf eine Jirga, auf der örtliche Maliks – alles meine Freunde und Kollegen – daran arbeiteten, einen lokalen Streit zu lösen und Frieden zu bringen. An die 40 Zivilisten starben an diesem Tag, alle unschuldig, und einige davon ebenfalls Mitglieder des NWPC. Ich traf früh am Ort dieses Schreckens ein.

Wie andere sagte ich an diesem Tag einige Dinge, die ich bereue. Ich war zornig, und ich sagte, wir würden unsere Rache bekommen. Aber wie sollten wir das in Wahrheit jemals tun? Was uns wirklich frustrierte, war, dass wir – die Dorfältesten – jetzt machtlos sind, unsere Leute zu schützen.

Ich wurde gewarnt, dass die Amerikaner und ihre Verbündeten mich und andere aus dem Friedenskomitee auf ihrer Todesliste hätten. Ich kann meine Quellen nicht nennen, weil sie selbst zum Ziel würden, weil sie versuchen, mein Leben zu retten. Aber ich zweifle nicht mehr daran, dass ich einer der Gejagten bin.

Bald fing ich an, mein Fahrzeug fern von meinem Bestimmungsort zu parken, damit es nicht zum Ziel würde. Meine Freunde fingen an, meine Einladungen abzulehnen, aus Furcht, die Mahlzeit könnte von einer Rakete unterbrochen werden.

Ich gewöhnte mir an, unter den Bäumen zu schlafen, weit oberhalb meines Hauses, damit ich nicht zum Magneten des Todes für meine ganze Familie würde. Aber in einer Nacht folgte mir mein jüngster Sohn Hilal (damals sechs) hinauf in die Berge. Er sagte, dass auch er die Drohnenmaschinen nachts fürchte. Ich versuchte, ihn zu trösten. Ich sagte, die Drohnen zielen nicht auf Kinder, aber Hilal weigerte sich, mir zu glauben. Er sagte, die Raketen hätten schon oft Kinder getötet. Da wusste ich, dass ich sie nicht weiter so leben lassen konnte.

Ich weiß, die Amerikaner halten mich für einen Gegner ihrer Drohnenkriege. Sie haben recht; das bin ich. Menschen zur Ermordung auswählen und neun unserer unschuldigen Kinder für jede Person, die sie anzielen, zu töten, ist ein Verbrechen von unaussprechlichem Ausmaß. Ihre Politik ist so dumm, wie sie kriminell ist, weil sie genau die Menschen radikalisiert, die wir beruhigen wollen.

Ich bin mir dessen bewusst, dass die Amerikaner und ihre Verbündeten denken, das Friedenskomitee sei eine Fassade, und dass wir nur einen sicheren Raum für die Taliban in Pakistan schaffen. Dazu sage ich: ihr irrt euch. Ihr wart nie in Wasiristan, woher wollt ihr das wissen?

Das Mantra, der Westen solle nicht mit „Terroristen“ verhandeln, ist naiv. Wenn Terroristen in die Gesellschaft wieder eingegliedert wurden, ist das noch kaum je ohne Verhandlungen geschehen. Erinnert euch an die IRA; sie haben einmal versucht, euren Premierminister in die Luft zu sprengen, und jetzt sitzen sie im Parlament. Es ist immer besser, zu reden als zu töten.

Ich bin um die halbe Welt gereist, weil ich diesen Disput so lösen will, wie ihr es lehrt: durch Gebrauch der Gesetze und des Gerichts, nicht durch Gewehre und Sprengstoffe.

Fragt mich alles, was ihr fragen wollt, aber beurteilt mich gerecht – und bitte hört auf, meine Frau und meine Kinder zu terrorisieren. Und nehmt mich von dieser Todesliste.

Nachbemerkung D.H.: Ich fand diesen Text spannend, weil er eine sehr gute Darstellung ist, was die Drohnenkriegsführung tatsächlich bedeutet. In der Originalveröffentlichung wird erwähnt, dass Malik Jalal in England von einer NGO vertreten wird, “Reprieve”. In den letzten Jahren misstrauisch geworden, was NGOs angeht, habe ich erst einmal recherchiert, was sie tun und wer sie finanziert. Reprieve ist eine Organisation, die sich gegen die Todesstrafe einsetzt, gegen Guantanamo wie auch gegen die Drohnenkriegsführung. Sie haben Mittel aus zweifelhaften Quellen erhalten (EU/Soros), aber diese Mittel sind nur ein Bruchteil der Finanzierung. Was bedeutet, es handelt sich um eine relativ ‘saubere’ Menschenrechtsorganisation.

Ich bin allerdings erschüttert darüber, dass ich eine solche Recherche für nötig halte. Der Begriff der Menschenrechte ist mittlerweile in einem Ausmass instrumentalisiert und missbraucht, dass für jene Organisationen, die noch wirklich das sind, was sie der Bezeichnung nach sein sollen, die Arbeit ziemlich mühsam sein dürfte. Auch das ist ein Anzeichen dafür, zu welcher Farce der Menschenrechtsdiskurs inzwischen verkommen ist.

Und, um es bei dieser Gelegenheit ins Gedächtnis zu rufen: die Steuerungszentrale für diese Drohnenmorde liegt nach wie vor in Deutschland, in Ramstein…


Bereitet Putin eine Säuberung der Regierung vor?

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vom Saker

Is Putin preparing a governmental purge?

Wie er es einmal im Jahr zu tun pflegt, verbrachte Präsident Putin letzte Woche über dreieinhalb Stunden damit, 80 von über drei Millionen eingegangenen Fragen zu beantworten. Die Show, die live auf Kanal 1, Rossija-1 und Rossija-24 gezeigt und von Majak, Vesti FM und Radio Rossii übertragen wurde, war ein nie dagewesener Erfolg, den Millionen Russen sahen und kommentierten. Man kann das volle (englische, A.d.Ü.) Transkript hier lesen, und das Transkript eines Gesprächs zwischen Putin und dem Journalistenkorps nach der Show hier.

Der wichtigste russische Fernsehsender Rossija 1 brachte nicht nur eine, sondern zwei Talkshows, die sich nur damit befassten, Putins Auftritt zu diskutieren. Diese Talkshows liefen unter dem Format „Abend mit Wladimir Solowiew“ – die bei weitem meistgesehene Talkshow des russischen Fernsehens. Nur als Randbemerkung, Rossija 1 ist das Kronjuwel der mächtigen und staatlich kontrollierten Allrussischen Fernseh- und Radiosendegesellschaft (VGTRK) Medienholding. Mit der Anrufsendung mit Putin (3 Stunden 40 Minuten), der ersten Talkshow (2 Stunden 12 Minuten) und der zweiten Talkshow (1 Stunde 44 Minuten) wurden dem russischen Publikum verblüffende siebeneinhalb Stunden Diskussionen geboten. Einige mögen das „Propaganda“ nennen, und das negativ oder positiv sehen, aber das ändert wenig. Der entscheidende Punkt ist hier, dass das ein wichtiger, großer Einsatz war, um mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Was war also die Botschaft, die mit all dem vermittelt wurde? Ich will das für euch zusammenfassen:

Erstens, Putin ist der unbestrittene und geliebte Anführer des ganzen russischen Volkes, er ist ein extrem effektiver Manager, ein Verteidiger der einfachen russischen Menschen überall, und er ist die letzte Rettung für jene, die von den Behörden ins Unrecht gesetzt wurden. Ich möchte hier hinzufügen, dass alle Leiter der Oppositionsparteien dem völlig zustimmen. Im Moment wagt es niemand in Russland, Putin persönlich zu kritisieren; nicht, weil in der Nacht irgendwelche Schurken des KGB kommen und einen in ein Konzentrationslager schleppen, ganz und gar nicht, sondern weil üble Nachrede über Putin jetzt geradezu einem politischen Selbstmord entspricht. Selbst einige Mitglieder der nicht systemischen politischen Opposition (auch bekannt als 5.Kolonne) begreifen das jetzt.

Zweitens, eine Menge Menschen in Russland leiden, sehr. Nicht wegen der Sanktionen, oder des Falls der Öl- und Gaspreise, sondern wegen der Korruption, Inkompetenz und ideologischen Blindheit des „Wirtschaftsblocks der russischen Regierung“. Die Wirtschaft ist ein Chaos, dank korrupter Gouverneure, fauler Regierungsbürokraten und offener Sabotage durch den fast einhellig verhassten „Wirtschaftsblock der Regierung“. Die Sanktionen (insbesondere die Verweigerung von Krediten) und der Fall des Ölpreises verschlimmerten die Lage, aber sie sind nicht das wirkliche Problem oder auch nur ein wichtiger Teil davon.

Drittens, die Personen, die für dieses Chaos verantwortlich sind, werden regelmäßig beim Namen genannt. Dieser Hass für den „Wirtschaftsblock der Regierung“ wird durch Putin selbst niemals offen ermuntert, der, wenn er direkt gefragt wird, die Arbeit der Minister lobt. Alle anderen jedoch, alle Oppositionsführer und sogar den Sendungsgastgeber Wladimir Solowiew eingeschlossen, verlangen jetzt nicht nur offen Rücktritte, sondern sogar Haftstrafen für die schuldigen Gouverneure und gar Minister. Während Medwedew selbst selten persönlich das Ziel solcher Angriffe ist, sind Arkadij Dworkowitsch (stellvertretender Premierminister), Igor Schuwalow (erster stellvertretender Premier), Alexej Uljukaew (Minister für Wirtschaftsentwicklung) und Anton Siluanow ( Finanzminister) inzwischen Hassgestalten im russischen Fernsehen.

Als beispielsweise eine Frau anrief, um den schrecklichen Zustand der Hauptstraße ihrer Stadt zu beklagen, und Putin versprach, etwas zu unternehmen, stimmten alle Kommentatoren überein, dass es eine absolute Schande und Schmach ist, dass nur der Präsident bereit ist, sich solche Sorgen anzuhören, während all jene, die unmittelbar für diese Dinge zuständig sind, gleichgültig sind, nichts tun, oder, schlimmer noch, bis auf die Knochen korrupt sind. Ein anderes Beispiel: Arbeiter, die von einer Bande von Schurken auf einer Insel im russischen Fernen Osten wie Sklaven behandelt wurden, hatten sich beim örtlichen Polizeichef beschwert und wurden völlig ignoriert. Ein Anruf beim Präsidenten, und das russische Ermittlungskomitee (das ungefähr dem FBI der USA entspricht) ermittelt jetzt nicht nur gegen die beteiligten Gangster, sondern auch gegen die örtliche Polizei und den regionalen Staatsanwalt. Putin selbst hat sich im Namen der gesamten russischen Regierung bei diesen Arbeitern entschuldigt. Nebenbei, es ist in Russland wohlbekannt, dass die örtlichen Bürokraten diese Anrufsendungen mit dem Präsidenten zutiefst fürchten, weil sie nie wissen, wer anrufen wird. Sie wissen aber, dass die Ermittlungen und Sanktionen „von oben“ schnell und erbarmungslos sind. Und das russische Publikum – das liebt es.

Dennoch gibt es die verbreitete Wahrnehmung, dass jene, die dieses Mal nicht erwischt wurden, sobald die Sendung vorbei ist, einen enormen Seufzer der Erleichterung von sich geben und sofort zu ihrem (üblen) alten Verhalten zurückkehren. Natürlich kann so ein Ereignis weniges lösen und es ist leider sehr in der russischen Mentalität verankert, zu hoffen, dass „vielleicht“ auch nächstes Mal „ein anderer Kerl erwischt wird und nicht ich“. Und darum ändert das in Wirklichkeit sehr wenig.

Ich sollte hinzufügen, dass einige Minister im russischen Fernsehen sehr gepriesen werden. Das sind Außenminister Lawrence, Verteidigungsminister Schoigu, Generalleutnant Wladimir Putschkow (Minister für Notfälle), Dmitri Rogosin (stellvertretender Premierminister Russlands, zuständig für die Rüstungsindustrie, ein Ministerrang) und einige mehr. Bemerkt ihr hier ein interessantes Muster?

Alle „Verbündeten Putins“ (ich nenne sie die „eurasischen Souveränisten“) erhalten gute Noten. Alle „Verbündeten Medwedews“ (die ich die „atlantischen Integrationisten“ nenne) werden beschimpft. Nicht nur das, je schlechter die wirtschaftliche Lage wird, desto besser sehen Putin und „seine“ Leute aus, und desto schlechter alle „Verwestlicher“ an der Macht. Tatsächlich wird den letzteren jetzt offen die Verantwortung für alles zur Last gelegt.

Vertraut mir, siebeneinhalb Stunden Schmähung der atlantischen Integrationisten im russischen Fernsehen passieren nicht „einfach so“. In Russland würde man sagen, Putin „untergräbt“ die 5. Kolonne an der Macht.

Und jetzt werfen wir noch einmal einen Blick auf die Ernennung von Wiktor Solotow zum neuen Oberkommandierenden der russischen Nationalgarde. Wie ich in meinem anfänglichen Kommentar dazu schrieb, glaube ich nicht, dass Putin eine Prätorianergarde zu seinem Schutz braucht, nicht, wenn Militär und Dienste solide hinter ihm stehen, ganz zu schweigen von seiner Popularität von über 85%. Ich glaube jedoch, dass die Position als Oberkommandierender wichtig genug ist, dass die Person, die sie innehat, einen Platz im russischen Sicherheitsrat erhält. Und tatsächlich machte Putin Solotow zum Mitglied dieser Einrichtung, die dem „Putinlager“ einen sehr wichtigen Verbündeten in einer Spitzenstellung verschafft. Sicher, dafür musste Putin einen anderen wichtigen Verbündeten aus dem Sicherheitsrat abziehen, Boris Grislow, den Sprecher der russischen Staatsduma und Vorsitzenden des obersten Rates der Partei Einiges Russland; aber das tat er, um ihm die Verantwortung für die „ukrainische Politik“ Russlands zu übertragen (Grislow wird jetzt Russland in der Kontaktgruppe zur Ukraine vertreten). Aber für Putin ist das ein vorteilhafter Tausch, da Grislow und Solotow ihm gegenüber gleichermaßen loyal sind, Solotow aber weit mehr „Muskeln“ mitbringt. Außerdem muss jetzt, da die Ukraine sich sichtlich in Todeskrämpfen windet, ein wirklicher Putin-Mann die Situation leiten, weil die Lage dort kurz davor steht, sehr ernst zu werden.

Es gibt eine weitere sehr interessante Entwicklung: den meteoritengleichen Aufstieg von Putins „Allrussischer Volksfront“ oder ONF, die selbst eine ziemlich interessante Organisation ist. Schauen wir dieses einzigartige Phänomen genauer an.

Die ONF und ihre Rolle in der russischen Politik

Die ONF ist keine politische Partei, zumindest nicht offiziell, sondern eine Bewegung „ähnlich denkender politischer Kräfte“. Dennoch, Putin ist der offizielle Leiter der ONF. Sein Ko-Vorsitzender und der, wie ich vermute, amtierende Leiter ist Stanislaw Goworuchin, ein sehr talentierter und populärer Filmregisseur, der Putin (und dem verstorbenen Alexander Solschenizin) sehr nahe steht. Die ONF ist ein enormer Flickenteppich aus Privatpersonen, sozialen und politischen Organisationen, ganzen Unternehmen, Gewerkschaften, Klubs, Regierungseinrichtungen (wie dem russischen Postdienst oder der Bahn) und vielen anderen Körperschaften. Offiziell teilt die ONF die strategischen und taktischen Ziele der Partei des Präsidenten „Einiges Russland“, also stellt sich die Frage, worin der Unterschied zwischen beiden besteht.

Die Antwort ist einfach: „Einiges Russland“ wurde von einer Gruppe von Individuen gegründet, unter denen Sergej Schoigu war, aber auch der verstorbene Boris Beresowski, und ihr Ziel war es, das Tandem „Putin/Medwedew“ zu fördern. Die ONF wurde von Putin selbst geschaffen. Man könnte sagen, dass die ONF Putins persönliche „politische Prätorianergarde“ ist, ohne daneben zu liegen. Tatsächlich erfüllt die ONF eine Reihe wichtiger politischer Funktionen für Putin:

  1. Sie ist das wichtigste „Organisationswerkzeug“ nicht aus der Regierung, das Putin hat, um zu wissen, was im Land wirklich geschieht. Die ONF ist immer an vorderster Front aller Meldungen wegen Korruption, Vetternwirtschaft, bürokratischer Schikanen, Inkompetenz der Verwaltung etc. Die ONF schafft spezielle Ermittlungsgruppen, die mit ziemlichem Einsatz erkunden und berichten, was im Land wirklich geschieht. Jüngst führten Aktivisten der ONF eine Untersuchung von über 65 000 km Straßen in Russland durch und berichteten dem Präsidenten und der allgemeinen Öffentlichkeit, wie jede einzelne dieser Straßen zu bewerten sei, womit sie die Regierungen und die großen und kleinen Städte, die die Infrastruktur verfallen ließen, der öffentlichen Kritik aussetzten.Tatsächlich spielt die ONF in Russland eine Schlüsselrolle als eine Art „Wachhund für den Präsidenten“; über die ONFwird im russischen Fernsehen regelmäßig berichtet, und ihre Anführer sind oft zu Gast in russischen Talkshows.
  1. Die ONF macht es Putin möglich, den Apparat der Partei „Einiges Russland“ komplett zu umgehen und sich direkt an die russische Öffentlichkeit zu wenden. Wichtiger noch, die ONF könnte über Nacht zu einer „regulären“ politischen Partei werden. Dadurch könnte Putin, käme es zu einem Versuch, in innerhalb der Partei „Einiges Russland“ zu schwächen oder anderweitig gegen ihn zu handeln, beinahe sofort eine landesweite „Putin-Partei“ aus der Taufe heben.
  1. Die ONF ist extrem gefährlich für örtliche Gangster und korrupte Politiker, die ihre üblichen Einschüchterungstaktiken gegen die ONF nicht einzusetzen wagen, weil sie andernfalls Besuch von einem SWAT-Team des FSB erhalten, das direkt auf Befehl des ONF-Vorsitzenden, Wladimir Putin selbst, handelt. Gerade weil die ONF klar Putins persönliche und geliebte Schöpfung ist, würde niemand, der bei Verstand ist, es wagen, sie herauszufordern, oder gar zu bedrohen.
  2. Die ONF ist wirklich ein Stachel im Fleisch aller Regierungsbehörden, die an sich dafür verantwortlich wären, die Lage in Russland zu überwachen. Wenn die ONF einen Fall der Korruption eines örtlichen Gouverneurs enthüllt, oder die Not von Fabrikarbeitern, die seit Monaten keinen Lohn erhalten, wirft das die Frage auf, was die verantwortlichen Regierungsbehörden, die dafür bezahlt werden, solche Dinge zu überwachen, denn tun. Jede Behörde und jeder Minister weiß, dass sie im direkten Wettbewerb mit der ONF stehen. Schlimmer noch, die ONF könnte auch über sie Ermittlungen anstellen. Ein sehr erschreckender Gedanke.
Alles zusammengetragen

Setzen wir die Teile jetzt zusammen. Je schlimmer die wirtschaftliche Lage in Russland ist, desto stärker wird Putin und desto schwächer werden die atlantischen Integrationisten. Daher versuchen Putin und seine Unterstützer ganz und gar nicht, die wirtschaftlichen Probleme in Russland zu verbergen, sondern reden eher beständig und öffentlich darüber. Putin benutzt die ONF eindeutig auch als Mittel, um die verschiedenen Formen der Sabotage durch die 5. Kolonne zu denunzieren, während er jede Kritik von sich abwendet. Gleichzeitig gibt es eine massive PR-Kampagne in den Medien, die sich direkt gegen den „Wirtschaftsblock“ der Regierung richtet, der sich, wie der Himmel so will, einzig aus „atlantischen Integrationisten“ und Verbündeten Medwedews zusammensetzt. Und nur um sicherzugehen, dass seine Ausgangsbasis gesichert ist, bringt Putin einen Verbündeten mit vielen „Muskeln“ in den Sicherheitsrat.

Ist das ein Hinweis darauf, dass Putin eine Säuberung der 5. Kolonne vorbereitet?

Ich bin weder Prophet noch Gedankenleser. Ich kann nicht sagen, was Putin plant oder was die Zukunft bringt. Aber ich denke, wenn wir uns die oben dargelegten Tatsachen ansehen, können wir sagen, dass sie sicher in diese Richtung weisen. Und wenn wir uns ansehen, wie Putin mit ähnlichen Herausforderungen in der Vergangenheit umgegangen ist, können wir auch ein Muster erkennen.

Putin hat eine Vorgeschichte, Situationen absichtlich verkommen zu lassen, ehe er handelt.

1999 wartete Putin auf die Invasion Dagestans und die Bombenanschläge in Moskau, ehe er einen russischen Gegenangriff befahl, der sich zu dem entwickelte, was als zweiter Tschetschenien krieg bekannt ist.

In der Ukraine ließ Putin die Ukronazis nicht nur einmal, sondern sogar zweimal einen massiven Angriff auf Noworossija durchführen, ehe er den Noworossijern erlaubte, einen erfolgreichen Gegenangriff durchzuführen und die Junta zu zwingen, die ersten und zweiten Minsker Vereinbarungen zu unterzeichnen.

In Syrien wartete Putin, biss Daesh Damaskus bedrohte, ehe er einen sehr begrenzten, aber sehr wirkungsvollen russischen Militäreinsatz befahl.

Putinhasser werden sagen, der Mann sei schwach und unentschlossen, und dass er in jeder Situation viel früher hätte handeln müssen. Aber mein Eindruck ist, dass Putin es vorzieht, erst dann zu handeln, wenn eine Lage so schlimm geworden ist, dass sein Handeln ein schon fast nicht mehr erwartetes Wunder scheint. Diese Art „psychologischer Vorbereitung des Schlachtfelds“ ist, glaube ich, sehr typisch dafür, wie die russischen Geheimdienste arbeiten. Ich glaube auch, dass diese Herangehensweise der Schlüssel für die ganze russische Politik gegenüber dem, was heute von der Ukraine übrig ist, darstellt.

Theoretisch könnte es, an Stelle von Putin, auch jemand aus den „innersten Zirkeln“ wie Sergej Iwanow, der Leiter der Präsidialverwaltung Russlands, sein, der eine solche Kampagne vor der Säuberung koordiniert, insbesondere, wenn es Gründe dafür gibt, nicht vertrauenswürdige Mitglieder des Sicherheitsrats außen vor zu lassen. Aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass Putin gern die Kontrolle hat, insbesondere bei entscheidenden Entwicklungen.

Was immer letztlich Putins Ziel sein mag, es ist sicher, dass keine Regierung unbegrenzt die Art fortgesetzter politischer Prügel überleben kann, denen die Regierung Medwedew in den russischen Medien ausgesetzt ist. Nochmals, ich sollte hier sofort hinzufügen, dass wir nicht über eine Lage reden, in der die Medien „die Regierung“ kritisieren, im Sinne von „jene, die an der Macht sind“. Im Falle Russlands überhäufen die Medien den Präsidenten und die mit ihm verbundenen Minister mit Lob, während sie sehr gezielt entweder den sogenannten „Wirtschaftsblock“ oder die Regierung (im Gegensatz zum Präsidenten) angehen. Das ist alles sehr sorgfältig ausgerichtet.

Auf der einen Seite ist 2016 ein wichtiges Wahljahr, in dem das russische Volk ein neues Parlament wählen wird. Mehr noch, das Risiko einer weiteren, verzweifelten Attacke der Ukronazis auf Noworossija ist sehr real, schon allein um die Öffentlichkeit von der apokalyptischen Lage im Innern der Ukraine abzulenken. Auf der anderen Seite könnte die russische Wirtschaft tatsächlich ihre leichte, aber wirkliche, Rezession verlassen und die Inflationsdaten werden stetig besser. Ist das ein guter Zeitpunkt, um die Säuberung der Regierung anzugehen? Vielleicht.

Ein mögliches Szenario könnte sein, dass die Oppositionsparteien (die Kommunisten, die Liberaldemokraten Schirinowskis und die Partei Faires Russland) in den nächsten Wahlen weit besser abschneiden als erwartet. Das könnte Putin einen Vorwand liefern, um den „Wirtschaftsblock“ loszuwerden und diese Minister durch Mitglieder der Kommunistischen Partei zu ersetzen (glaubt es oder nicht, selbst wenn Sjuganow aussieht wie eine alte Gestalt aus der Ära Breschnew, gibt es eine ganze Reihe sehr scharfer und interessanter jüngerer Führungsmitglieder in der KP). Auf die eine oder andere Art und Weise habe ich den starken Eindruck, dass der „Wirtschaftblock“ der Regierung Medwedew nicht bis zum Ende des Jahres besteht.

Der Saker

„Wir wollen ein würdiges Leben!“

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Protest BrasilienÜber die Ereignisse im brasilianischen Parlament wurde hierzulande ja einigermaßen wahrheitsgetreu berichtet – dass die große Mehrheit der Abgeordneten für ein Amtsenthebungsverfahren (impeachment) gegen Präsidentin Dilma Rousseff gestimmt hat; dass die meisten dieser Abgeordneten selbst Verfahren wegen Korruption (und Schlimmerem) am Hals haben, allen voran der Anführer des Putsches, Eduardo Cunha, während Rousseff ein simpler Haushaltstrick vorgeworfen wird, der keine Straftat ist.

Es wird gelegentlich sogar erwähnt, dass die Ölvorkommen vor der brasilianischen Küste einer der Gründe für diese Ereignisse sein könnten. Bisher hat nur die staatliche Ölgesellschaft Petrobras Zugriff auf dieses Öl, und es verblüfft nicht wirklich, dass es zufällig die NSA war, die Telefonate bei Petrobras abhörte, die zufällig zu einem „Skandal“ bei Petrobras führten, und dass ebenso zufällig US-Ölkonzerne gerne die Hände auf diese Vorkommen legen würden.

Die Bereitwilligkeit, mit der diese Hintergründe selbst in jenen Medien auftauchten, die ansonsten sehr sparsam mit der Wahrheit umgehen, hat vermutlich damit zu tun, dass die deutschen Konzerne, die in Brasilien seit Jahrzehnten groß vertreten sind (VW, Daimler, Siemens…), dort stets in unmittelbarer Konkurrenz zu den US-Konzernen stehen und die Vorlieben, welche Marionetten man gerne sähe, deshalb gelegentlich voneinander abweichen.

Weniger bereitwillig dürften diese Medien aber über die wirklich entscheidenden Entwicklungen schreiben. Denn noch ist nichts entschieden. Aber gehen wir einen Schritt zurück, um zu sehen, warum.

Dilma Rousseff hat etwas getan, was für Sozialdemokraten ungewöhnlich ist – sie hat offen die Unterstützung des Volkes gesucht. Hier die Rede, die sie zwei Tage vor der Abstimmung nicht mehr über das Fernsehen verbreiten durfte:

In den Wochen vor dieser Abstimmung gab es hunderte Kundgebungen und Demonstrationen. Dutzende von Künstlern erklärten sich gegen den Putsch. Brasilien hat eine sehr lebendige und reiche Kultur, und Musik war bereits zur Zeit der Militärdiktatur eine wichtige Form des Widerstands. Hier eines der Stücke gegen den Putsch (der Text ist untertitelt):

Jetzt, nach der Abstimmung, stellt sich die Frage, wie sich der Widerstand gegen den Putsch weiterentwickelt. Das ist der Moment, an dem die politische Inzenierung der parlamentarischen Demokratie in die wirkliche Politik übergehen muss und an die Stelle des Stellvertreterhandelns die echte Mobilisierung der Bevölkerung tritt.

Es gibt Anzeichen dafür, dass das gelingen könnte. Am Donnerstag gab es in vielen brasilianischen Städten Straßenblockaden.

Die Menschen, die man in diesem Video sieht, sind einfache brasilianische Arbeiter. Die Bewegung gegen den Putsch stützt sich nicht auf die Mittelschicht, wie die Befürworter. Es sind alle Teile der Bevölkerung vertreten, außer der Oligarchie (Brasilien liegt im Abstand zwischen Arm und Reich weltweit mit an der Spitze). Am Freitag gab es Demonstrationen von Schülern und Studenten; die großen Gewerkschaften haben Aktionen angekündigt und den 1.Mai zum Protesttag gegen den Putsch erklärt. Wie ausdauernd sie alle Widerstand leisten, und wie weit sie zu gehen bereit sind, wird letztlich darüber entscheiden, wie diese Auseinandersetzung endet. Sollte dieser Widerstand zu- und nicht abnehmen, könnte das Ergebnis das genaue Gegenteil dessen sein, was die Initatoren des Putsches anstrebten. Denn dann hätten sie (und ihre Auftraggeber) es mit einem Volk zu tun, das sich seiner Macht bewusst ist, und das dann nicht nur die Rechte verteidigen wird, die es schon errungen hatte, sondern weitere einfordern wird.

Woran kann man erkennen, dass eine wirkliche Mobilisierung begonnen hat? Wenn das Politische tief in den Alltag eindringt, statt sicher eingehegt von berufsmäßigen Darstellern vorgeführt zu werden.

Dazu gibt es ein weiteres interessantes Video. In einem Flugzeug wurde einer der Senatoren erkannt, der für den Putsch agierte. Er wurde heftig beschimpft. Nun ist die Zusammensetzung der Passagiere eines Flugzeugs von vielem bestimmt, aber nicht von der politischen Überzeugung. Es handelt sich also um eine zufällig zusammengetroffene Menge. Dennoch gibt es heftigen Protest; dem Senator werden noch unschönere Dinge an den Kopf geworfen als „Putschist“ und „Verräter“ (die ich allerdings nicht übersetzt habe).

Gehen wir noch einmal zurück zur Erklärung von Dilma Rousseff am Anfang. Sie verknüpft darin zwei Punkte, die durch den Putsch in Frage gestellt werden, die sozialen Errungenschaften und die nationale Souveränität. In einem Interview mit CNN betonte sie, den Kampf keinesfalls aufgeben zu wollen.

Die PT ist mittlerweile eine sozialdemokratische, keine revolutionäre Partei. Aber sie ist aus den Kämpfen gegen die Militärdiktatur entstanden, und sowohl Lula da Silva, Rousseffs Vorgänger, als auch sie selbst waren unter dieser Diktatur in Haft. Während die europäische Sozialdemokratie (die deutsche vorneweg) eine lange Geschichte des offenen, oft gewaltsamen Verrats hat, und in einer solchen Situation, wie sie in Brasilien gerade besteht, dazu neigt, zu kapitulieren („Ich weiche der Gewalt“) und auf gar keinen Fall bereit ist, das parlamentarische Theater gegen die Politik der Massen zu tauschen (wie man bei Syriza jüngst so bedrückend beobachten konnte), öffnet Rousseff den Weg zu einer wirklichen Abwehr.

„Wir wollen ein würdiges Leben. Das heißt: Arbeit, Bildung, Gesundheit, Wohnung“. Dieses kurze Programm, das die Rednerin bei einer der Straßenblockaden aufstellt, umfasst, so unschuldig es klingt, bereits das Ganze. Der Satz könnte aus dem Donbass stammen. Um nicht mehr und nicht weniger geht es. Mit der Oligarchie ist es nicht zu haben, nicht in Brasilien, nicht im Donbass, nicht hier bei uns.

In Brasilien dürfte es ein spannender 1. Mai werden dieses Jahr.

Zwei Jahre Schweigen

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Dieses Foto wurde damals, am 2. Mai 2014, vor dem Gewerkschaftshaus geschossen; der amerikanische Journalist George Eliason schrieb dazu: „Wenn es je ein Foto gab, das Nazi-Denken zusammenfasst, dann ist es dieses hier.“ Westeuropa verhält sich keinen Deut anders als die Frau auf dem Bild, die sich kokett das Haar zurückstreicht, während im Hintergrund ein Massaker beginnt.

Seit zwei Jahren Schweigen.

Ich will keine Bilder der Toten aus dem Gewerkschaftshaus bringen, ich will auch keine Videos verlinken, es dauert nur Minuten, um die Wahrheit über das Massaker von Odessa zu finden.

Letztes Jahr wurde in zwei, drei Artikeln in den bundesdeutschen Konzernmedien noch erwähnt, dass etwas geschehen ist, aber nach wie vor wurde nicht benannt, wer die Täter und wer die Opfer waren.

Dieses Jahr nur Schweigen.

Vergangene Nacht wurde im UN-Sicherheitsrat eine von Russland eingebrachte Resolution abgelehnt, die die Aufklärung des Massakers fordert.

Kein Ereignis der jüngeren Geschichte wäre einfacher aufzuklären. Stunden über Stunden Aufnahmen, dutzende der Täter bereits identifiziert. Nach wie vor sitzen die Opfer in Haft, laufen die Täter frei herum.

Nur Schweigen.

An diesem Tag ist mehr zerbrochen als nur die Ukraine. In den Kommentaren zum Livestream, über den die schrecklichen Bilder kamen, wie Menschen hinter dem Gewerkschaftshaus erschlagen wurden, wie die Faschisten durch das verbrannte Gebäude gingen, um die Taschen der Toten zu durchwühlen, in diesen Kommentaren, die ich mir Abschnitt für Abschnitt per Google übersetzte, stand immer wieder der eine Satz: Heute ist für mich die Ukraine gestorben.

Immer wieder findet sich in Interviews mit Kämpfern der Volksrepubliken: nach Odessa…

Wenige Tage nach dem Massaker flog Steynmeyer damals nach Kiew; er traf sich mit den Putschisten, selbst mit dem Gouverneur von Odessa, und tönte zuvor großspurig, er werde niemand treffen, der Blut an den Händen habe. Er besaß nicht den Anstand, Blumen für die Toten niederzulegen.

Der Brandbeschleuniger war wohl nicht zu riechen.

Heute hält die Konzernpresse es nicht einmal mehr für nötig, einen Ton zu verlieren. Die Ukraine hat gleich mehrere Journalisten, die unabhängig berichten, nicht einreisen lassen; darunter Ulrich Heyden, dessen Film „Lauffeuer“ wir hier bereits verlinkt hatten.

Selbst der vermittelte Schatten dieses Tages brachte noch ein Grauen mit sich, das unerträglich ist. Die johlende Menge vor dem brennenden Gebäude. Die Mädchen, die auf dem Boden kauern und Molotow-Cocktails abfüllen. Es gibt Unglücke. Das war etwas ganz anderes; ein Akt der Barbarei, der bereitwillig von dutzenden, hunderten Menschen verübt wurde. Bejubelt wurde. Gefilmt und gesendet wurde,

Im Innern des Gebäudes, das zeigen einige der Videos, war ein professionelles Kamerateam unterwegs. Es stand daneben, als Türen aufgebrochen wurden. Dieser Film ist bis heute nicht aufgetaucht.

10330417_562217537229319_3326729326807878711_n_0Es gibt Momente, die die Grenzen des Menschlichen auf eine so schreckliche Art überschreiten, dass man meint, der Erdball selbst müsste innehalten.

Zwei Jahre Schweigen.

Das Schweigen nach Odessa war es, das nach Kiew die Botschaft vermittelte, alles sei erlaubt. Dieses Schweigen hat unzählige Menschenleben gekostet. Ohne dieses Schweigen hätte es den Krieg im Donbass nicht gegeben. Sie alle, Atai, Eigendorfer, Bidden, all die anderen Täuscher und Verdreher, sind Komplizen dieses Verbrechens.

odessa 2.Mai 2016Heute wurde der Platz vor dem Gewerkschaftshaus abgesperrt; die Trauernden mussten ihre Blumen weit entfernt ablegen; die Junta scheint nach wie vor die Bilder zu fürchten.

Das Entsetzen ist zur Narbe geworden. Kein frischer Schmerz mehr, eher ein harter Brocken im Fleisch, der manchmal ganz unerwartet scheuert. Als junges Mädchen war ich in Kalavrita, Griechenland, und sah den Hügel, auf dem die Wehrmacht die Männer des Ortes erschossen hatte, und das Schulgebäude, in das Frauen und Kinder eingesperrt wurden, um es dann in Brand zu setzen; ich hörte die Geschichte von dem österreichischen Soldaten, der gegen den Befehl die Tür öffnete und für seine menschliche Tat erschossen wurde. Weniges hat mich so beeindruckt wie dieser Besuch in Kalavrita. Aber das war Geschichte. Kein Ereignis, das geschieht, während ich zusehe.

Ein Ereignis, das von diesem Schweigen verschlungen wurde. Ich hätte nie gedacht, dass ein Schweigen so groß sein kann, so Ungeheuerliches in unserer Nähe zu verschlucken. Es wuchs und wurde groß genug, einen ganzen Krieg zu verschlingen, den Grad-Beschuss, die Phosphorbomben, tausende von Toten.

Es gibt Menschen in diesem Land, die es wagen, sich Antifaschisten zu nennen, und mit den Hinterleuten des Massakers schmusen, und es gibt immer noch viel zu wenige, die ihnen dafür ins Gesicht spucken. Sie gehen durch die Straßen wie anständige Menschen.

Immer noch wächst dieses Schweigen. Erst an dem Tag, an dem es gebrochen wird, werden wir wahrnehmen können, was es alles bereits verschlungen hat.

Was ermöglicht dieses Schweigen? Mal abseits der Frage, wer die Macht über die Medien hat, man kann die Bilder jenes Tages nicht sehen, ohne zu begreifen, womit man es zu tun hat; diese kranke Mischung aus Tod und Jubel ist etwas unverkennbar faschistisches; wie kann man das ohne Entsetzen sehen, wenn man nicht selbst diese Überzeugung teilt? Selbst bereit wäre, mitzujubeln? Es ist nicht möglich.

Eines Tages wird das Schweigen brechen. Was immer noch brechen muss, damit das geschieht, wird brechen.

r odessa

Neun Thesen über den Krieg, den wir führen

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Rostislaw Ischtschenko

Девять тезисов о войне, которую мы ведем, übersetzt auf Grundlage der englischen Übersetzung

Am 27. und 28. April hielt das russische Verteidigungsministerium eine internationale Konferenz über Sicherheit ab. Ich nahm an einem Diskussionspaneel zu „Farbrevolutionen“ teil.

Die Zeit, die den Rednern (5 Min.) und den Diskussionsteilnehmern (1 Min.) gegeben wurde, war zu kurz, um das ganze Konzept der Farbrevolutionen in der modernen Politik und ihre Auswirkungen auf die allgemeine und die militärische Sicherheit des betroffenen Staates darzustellen. Daher präsentiere ich meine Sicht in Stichworten. Ich werde mich kurz halten, weil dameine mehrbändige Studie der „Farbrevolutionen“ und des hybriden Kriegs im Allgemeinen schreiben kann, und selbst dann wäre das Thema womöglich nicht vollständig erfasst.

These eins. Allein die Tatsache, dass sich das Militär für dieses Thema interessierte (es nahmen tatsächlich Vertreter mehrerer Dutzend Verteidigungsministerien verschiedener Länder an dieser Diskussion teil) belegt, dass „Farbrevolutionen“ von modernen Staaten nicht als eine innere Bedrohung gesehen werden (wofür sich Polizei und Sicherheitsdienste interessieren würden), sondern als eine äußere Bedrohung. Sie zeigen die Merkmale einer militärischen Aggression, also ist das Entgegenwirken ein Job für das Militär.

These zwei. Farbputsche, als Element moderner hybrider Kriegsführung, entstanden nicht nur, weil ein direkter Konflikt zweier Nuklearmächte wegen der wechselseitig garantierten Zerstörung unmöglich wurde. Es wurden und werden unterschiedliche Szenarien eines begrenzten Atomkriegs oder eines militärischen Konflikts zwischen Supermächten unter Einsatz nur nicht-nuklearer Waffen in Betracht gezogen. Dennoch ist, wenn Länder Atomwaffen besitzen, ein militärischer Konflikt, in dem sie zum Einsatz kommen, möglich, und die Generalstäbe müssen für diese Möglichkeit planen.

Farbputsche waren eine Antwort auf diese politische Sackgasse, die ihrerseits ein Ergebnis der, sowohl innerhalb zivilisierter Nationen als auch auf der Ebene des Völkerrechts, herausgebildeten Ansicht, dass Krieg kein erlaubtes Mittel zur Lösung politischer Probleme ist. Dadurch wurden die politischen und moralischen Kosten für einen Staat, der Feindseligkeiten beginnt, höher als die materiellen und politischen Vorteile aus der Kontrolle des feindlichen Gebiets, selbst wenn ein enormer Machtvorteil einen schnellen Sieg mit minimalen Verlusten ermöglicht. Der Blitzkrieg war nicht mehr kostengünstig, erst recht kein lang hingezogener Feldzug.

These drei. Ein Farbputsch wird nicht ausgeführt, wenn die Situation für einen Regimewechsel reif ist (eine klassische revolutionäre Situation), sondern wenn es eine äußere Macht gibt, die daran interessiert ist, die Kontrolle über den Opferstaat zu erlangen.

Ein Farbputsch ist unmöglich ohne äußere Einmischung. Wenn der Mechanismus des Farbputsches in einem Land eingeleitet wird, bedeutet das, dass dieses Land von einem Aggressor angegriffen wird.

Die Identifizierung dieses Aggressors ist üblicherweise einfach. Es ist jedoch innerhalb der Normen des Völkerrechts unmöglich, seine aggressiven Absichten zu beweisen. Der Aggressor wird seine Einmischung in innere Angelegenheiten des Opferstaats immer mit humanitären Entschuldigungen und dem Schutz der Menschenrechte erklären.

Ich würde gerne daran erinnern, dass nach der Schlussakte von Helsinki (die heute Rechtsgrundlage für die OSZE und die UN ist) die Verteidigung der Menschenrechte keine ausschließliche innere Angelegenheit eines Staates sein kann.

These vier. Ein Aggressor muss dennoch seine Handlungen in den Augen der internationalen Gemeinschaft legitimieren. Daher versucht er regelmäßig, von der UN oder der OSZE ein Mandat zum Eingreifen zu erhalten, oder zumindest eine formelle internationale Koalition aus mehreren dutzend Staaten zu bilden, um seine Aggression zu verhüllen, indem er sie darstellt, als ginge es darum, ein ‘diktatorisches Regime’ zu zwingen, internationales Recht einzuhalten.

These fünf. Das beschränkt die Art der Staaten, die den Mechanismus der Farbputsche nutzen können. Der Aggressorstaat muss nicht nur eine enorme militärische Überlegenheit über den Opferstaat besitzen (das ist wünschenswert, aber nicht absolut notwendig). Er muss ausreichend politischen und wirtschaftlichen Einfluss besitzen, um die legale Vertuschung seiner Einmischung sicherzustellen.

These sechs. Wie jeder Krieg und jeder militärische Einsatz wird der Farbputsch sorgfältig geplant und vorbereitet. Üblicherweise werden mehrere Pläne entwickelt, abhängig vom Niveau des Widerstands des Opferstaats.

Das ideale Szenario beinhaltet die Kapitulation oder den Verrat der nationalen Eliten. Das ist die billigste Version. In diesem Fall können alle Ressourcen des Opferstaats, einschließlich des politischen Systems und der Verwaltungsstruktur, sofort vom Aggressor für seine geopolitischen Ziele genutzt werden.

Wenn die nationalen Eliten nicht kapitulieren, wird die Methode „friedlicher Straßenproteste“ gebraucht. Die widerständige Elite wird gezwungen, unter dem Druck der Straßenproteste die Macht an ihre willfährigeren Kollegen zu übergeben. Sie werden im Kern vor die Wahl zwischen freiwilliger Kapitulation und einem Versuch, die Proteste zu unterdrücken, gestellt, mit der Gefahr „zufälliger“ Opfer, die den Vorwand liefern, das Regime „repressiv und diktatorisch“ zu nennen, ihm „Polizeibrutalität“ vorzuwerfen und zu erklären, dass es seine Legitimität verloren habe.

Wenn diese Art friedlichen Drucks nicht funktioniert, geht er binnen Wochen oder Monaten (abhängig von der Situation und der Widerstandsfähigkeit des Regimes des Opferstaats) in einen bewaffneten Aufstand über. In diesem Fall wird das Regime gezwungen, zwischen Kapitulation und den unvermeidlichen Opfern einer militärischen Konfrontation zu wählen, die in die Dutzende oder gar die hunderte gehen können.

Parallel zur Anfeuerung „friedlicher Proteste“ oder dem militärischen Aufstand organisiert der Aggressorstaat die politische und diplomatische Isolation des Opferstaats.

Wenn es in der Hauptstadt nicht zu einer bewaffneten Erhebung kommt oder sie nicht zu einem Regimewechsel führt, ist das nächste Szenario der Bürgerkrieg. In diesem Fall erklärt der Aggressorstaat die Regierung für illegitim, erkennt die „Opposition“ an und versorgt sie mit politischer, diplomatischer, finanzieller und letztlich militärischer Unterstützung.

Wenn schließlich dieser Bürgerkrieg in einem Patt endet oder die „Opposition“ verliert, ist eine direkte Aggression möglich (unter humanitärem Vorwand). Die sanftere Version davon ist die Verhängung von Flugverbotszonen und massive Waffenlieferungen, einschließlich schwerer Waffen, an die Rebellen. Die schärfere Version schließt den direkten Einmarsch fremder Truppen mit ein, die in der Regel als „Freiwillige“ maskiert werden, oder der von Spezialeinheiten durchgeführt wird.

These sieben. Wie wir sehen, wird der Erfolg, trotz der anscheinend friedlichen und informationellen Anmutung des Farbputsches, durch die Gegenwart einer militärischen Macht hinter den Diplomaten und Journalisten garantiert, die, falls nötig, den Widerstand der nationalen Elite unterdrücken kann, selbst wenn diese Elite beschließt, bis zum Ende zu kämpfen.

Diese Variante wurde im Irak, in Serbien und Libyen genutzt. Aber in Syrien gab es eine wichtige neue Komponente. Die Ressourcen einer anderen Supermacht wurden, einschließlich der militärischen, zur Unterstützung der legitimen Regierung ins Spiel gebracht. Die Situation veränderte sich vom Farbputsch zur direkten Konfrontation zweier Supermächte, wie in den Kriegen in Vietnam und Korea.

Dadurch wurde eine nötige Bedingung für jedes Farbputschszenario beseitigt: die absolute politische, diplomatische, wirtschaftliche, finanzielle und militärische Übermacht des Aggressorstaats über den Opferstaat.

Das führt uns zu These acht. Ein Farbputsch kann weder durch eine Konsolidierung der nationalen Elite aufgehalten werden (er würde schlicht zum nächsten Szenario fortschreiten), noch durch die Vorbereitung seines Militärs, zu kämpfen (es wird irgendwann erschöpft sein), noch durch effektive Arbeit der nationalen Medien (sie werden von den technologischen Fähigkeiten des Aggressors überwältigt).

Dass der Opferstaat darauf vorbereitet ist, zu widerstehen, ist eine nötige, aber keine hinreichende Bedingung, um den Mechanismus des Farbputsches aufzuhalten.

Nur die Unterstützung der legitimen Autoritäten des Opferlandes durch eine andere Supermacht, die im Stande ist, dem Aggressorland mit gleicher Macht auf jede Weise und mit allen Mitteln entgegenzutreten, kann Farbaggressionen stoppen.

Schließlich These neun und die Schlussfolgerung. Die heutigen Farbputsche sind örtliche Operationen innerhalb der globalen Konfrontation der Supermächte. Auf die gleiche Weise, wie der Koreakrieg, der Vietnamkrieg und andere Kriege zwischen 1950 und 1990 oft nur Stellvertreterkriege zwischen der UdSSR und den USA auf fremdem Territorium waren. Die modernen Farbputsche als eine Form des hybriden Krieges sind ebenso Elemente der Konfrontation zwischen Russland und den USA.

Dies ist ein Krieg. Eine neue Art von Krieg. Nicht Krieg als eine Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln (um den Ausdruck von Clausewitz zu gebrauchen), sondern Farbtechnologie als Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln.

Wir waren in diesen Krieg verwickelt, ehe wir überhaupt begriffen, dass wir uns in einem Krieg befinden. Wie es Russland oft geschieht, begannen wir mit Niederlagen in den 1990ern, kamen dann zu Sinnen, lernten zu kämpfen, und haben die letzten zwei Jahre erfolgreich gekämpft.

Die Ruhe vor dem kommenden globalen Sturm

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Pepe Escobar

The Calm Before the Coming Global Storm, geschrieben für Sputnik News

Größere Turbulenzen scheinen das Spiel 2016 zu bestimmen. Doch die gegenwärtige Turbulenz kann man als die Ruhe vor den nächsten, zerstörerischen geopolitischen/finanziellen Sturm deuten. Betrachten wir den augenblicklichen Stand des Spiels, über die Dilemmata, die das Haus Saud, die EU und die BRIC-Mitglieder Russland, Brasilien und China betreffen.

Öl und das Haus Saud

Nicht viele Menschen sind mit dem Baltic Dry Index (BDI)vertraut. Dennoch ist dieser Index der Schlüssel zur Beobachtung der Rohstoffnachfrage. Vor zwei Monaten wurde er auf einem Allzeittief gehandelt. Seitdem ist er um 130% gestiegen. Edelmetalle haben sich in fast allen Währungen nach oben bewegt. Warum ist das wichtig? Weil es uns sagt, dass der Glaube an Fiat-Währungen – insbesondere an den US-Dollar – massiv zurückgeht.

Der Anstieg des BDI deutet einen Anstieg der Ölnachfrage in Asien an v- insbesondere in China. Fallendes Angebot und steigende Nachfrage nach Öl wird den Preis pro Barrel in der zweiten Hälfte 2016 vermutlich nach oben treiben.

Das heißt nicht, dass das Haus Saud das Vertrauen der USA und Russlands zurückgewinnt. Gut informierte Quellen bestätigen, dass das Haus Saud, soweit es Washington und Moskau angeht, verzichtbar ist. Beide sind wirklich enerieunabhängig (sollten die USA es sein wollen). Mächtige Fraktionen in Washington werfen Riad offen „Terror“ vor – nun, das ist etwas komplizierter -, während Moskau davon ausgeht, dass das Haus Saud US-Befehlen folgt, Russland in einem Ölpreiskrieg zu zerstören.

Der kränkelnde König Salman – auf dem Weg zur Demenz – und der junge Kriegerprinz Mohammed wären am Ende, wenn diese berühmten 28 Seiten über 9/11 veröffentlicht würden und die Saudi-Verbindung unwiderlegbar ist. Was dann? Regimewechsel. Ein CIA-Putsch. Ein „vertrauenswürdiger“ CIA-Freund aus dem Saudi-Militär wird an die Macht gehoben.

Was dem Haus Saud übrig bleibt, ist, auf Zeit zu spielen. An der Spitze in Riad besteht der Eindruck, dass sich die Beziehungen zu Washington nicht bessern werden, solange Obama Präsident ist; der nächste Präsident – ob Hillary oder Trump – wird ein besseres Angebot sein. Also ist der jetzige Plan A, als für Washington im „Krieg gegen den Terror“ unverzichtbar zu posieren; das heißt, dass sich King Salman stärker auf Mohammed bin Nayef verlässt, den Kronprinzen, der mehr Geschick darin besitzt als der Kriegerprinz, der den desaströsen Krieg im Jemen führt.

Parallel dazu setzt der türkische Sultan Erdogan sein Bestreben fort, das Öl in Irakisch-Kurdistan zu übernehmen und womöglich die ganze Förderung abzuzweigen, um die Türkei energieunabhängig zu machen – und damit zu einer regionalen Supermacht.

Mehr noch, in den Begriffen Pipelinistans gesprochen, braucht Erdogan dringend die Gaspipeline aus Katar durch Saudi-Arabien und Syrien, um bei der Energie von Russland unabhängig zu werden. Das ist zufälligerweise auch ein wichtigeres Ziel der USA. Und das deutet auf anhaltende Probleme im syrischen Friedensprozess.

Erdogan hat bereits die deutsche Supermacht zu seinen Füßen, in Gestalt einer unterwürfigen, schriftstellerischen Kanzlerin Merkel. Wäre die Türkei auf dem Weg zu einer Energiemacht, Merkel würde ununterbrochen auf dem goldenen Fußboden dieses Palastes in Ankara Kotau machen. Die CIA gab so etwas zu verstehen, als sie analysierte, wie die Türkei ihren „Einfluss“ im Irak „ausdehnen“ wird, durch die Milizen, die sie unterstützt, auf Kosten der Sicherheit und der politischen Einheit des Irak.

Andrew Bacevichs „Amerikas Krieg für den größeren Mittleren Osten“ untersucht, wie Washington entschied, dass „militärische Überlegenheit“ im Nahen Osten das strategische Ziel in einem Krieg gegen die UdSSR sein sollte – das war, als Dr. Zbig „das große Schachbrett“ Brzezinski als oberster Geopolitiker herrschte. Das sollte immer ein endloser Krieg sein – der jetzt den „größeren Mittleren Osten“ umfasst, den die Neocons so schätzen.

Russland, Brasilien und hybrider Krieg

Russlands größte Rohstoffbörse umwirbt aktiv internationale Ölhändler, sich in ihrem aufsteigenden Futures-Markt zu engagieren. Die Ziele sind kristallklar: den Preissitzungsmechanismus vom Maßstab Brent abzukoppeln, und, vor allem, vom Petrodollar. Das ist gleichzeitig die entscheidende Bedingung, die Peking dem Haus Saud gestellt hat, um weiter sein Öl zu kaufen.

Man vergisst leicht, dass es erst 20 Jahre her ist, dass Moskau sich dem Westen gläubig anschließen wollte und wie ein Bettler behandelt wurde. Russland wurde unter Jelzin als schwach wahrgenommen, der Plünderer hineinließ, die Russland wie die Heuschrecken kahlfraßen und das russische BIP um 40% abstürzen ließen, während sie Rohstoffe abzogen und scih mit mindestens einer Billion US-Dollars aus dem Staub machten.

Jetzt bringt Exzeptionalistan jeden Trick in seinem Handbuch auf den neuesten Stand, um Russland zu zerstören oder zumindest zu untergraben, mit dem Maidan in der Ukraine, einem Ölpreiskrieg, Angriffen auf den Rubel, die syrischen Pipelines. Es herrscht hybrider, unkonventioneller Krieg – und das wird höchstens noch hässlicher. Die BRICS als ganzes werden belagert. Die brasilianische Farbrevolution, aufgesetzt als ein sanfter Prozess des Regimewechsels, ist nur die erste Stufe in einer neuen, hochentwickelten Strategie des hybriden Krieges, die noch jahrzehntelang in den Akademien studiert werden wird.

Wenn die Nachfrage nach Öl steigt und das Angebot schrumpft, müssen die Praktiker des hybriden Krieges auf ganzer Breite eine Rezession auslösen müssen, um das Chaos am Laufen zu halten. Ein mögliches Szenario wäre, das angeschlagene italienische Bankensystem absaufen zu lassen; das ist die nächste Grenze in der EU.

Der lebende Leichnam Europa wiederum hat eine Politik der Flüchtlingsunterdrückung an einen Subunternehmer vergeben und damit die größte Massendeportation seit dem zweiten Weltkrieg ausgelöst, komplett mit Lagern, die von den Steuerzahlern der EU finanziert und vom großen Demokraten Erdogan verwaltet werden. Das fehlende Bindeglied ist inzwischen sichtbar; alles verläuft unter Kontrolle von NATO-nahen Denkfabriken.

Wie abscheulich das sein mag, es ist nichts Neues. So etwas war schon in die Übereinkünfte eingebaut, die die EU den afrikanischen Nationen aufzwingt und sie dadurch auf den Rang von Grenzwerberussen „erhöht“. Das ist die Kernaufgabe von Frontex, das schrittweise die Außengrenzen der EU vorverlagert – nach Osten und nach Süden – um Migranten besser abzuwehren. Nichts davon ist mit den erwählten neoimperialen Kriegen der NATO verbunden, versteht sich.

Kein Wunder, das Noam Chomsky angemerkt hat, die Unterstützung für die formelle Demokratie im Westen sei im Schwinden begriffen, denn das sind keine wirklichen Demokratien. Alle wichtigen Entscheidungen, die die EU betreffen, werden von den nicht gewählten Eurokraten in Brüssel getroffen. In einem wegweisenden in Spanien veröffentlichten Buch, Mercado-Estado-Carcel en la Democracia Neoliberal Espanola (Markt-Staat-Gefängnis in der neoliberalen spanischen Demokratie), führt Daniel Jimenez, Doktor der juristischen Soziologie an der Universität Saragossa, detailliert aus, wie die neue institutionelle Ordnung vor Ort sich um Entdemokratisierung, Entnationalisierung und Abhängigkeit dreht; die NATO, der IWF, die Weltbank, der Club von Paris, die EZB, die Europäische Kommission, die Fed, sie sind Teil eines globalen Netzes von Institutionen, die privat sind, aber sich selbst als öffentlich oder als öffentlich aber durch private Interessen verwaltet bezeichnen (wie die Fed). Michael Hudson hat, neben anderen, ausgeführt, wie die EU nie dauerhafte Mechanismen entwickelt hat, um Kapital aus den reicheren Ökonomien in die ärmeren Mitgliedsländer zu transferieren.

Ohne China ist alles durcheinander

Gegen Russland und gegen Brasilien mögen hochentwickelte Techniken aus dem hybriden Krieg in voller Stärke im Einsatz sein. Gegen China verläuft alles im Sande.

Die Erzählung Exzeptionalistans lautet, China sei wirtschaftlich nicht so stabil wie es scheine. Also wird die weltweite öffentliche Meinung mit der üblichen Litanei von „Zuckungen auf den Finanzmärkten“, „Risikoaversion der Investoren“, „Volatilität“ oder gar einem unvermeidlichen Crash bombardiert.

Unsinn. Die Führung in Peking hat ihre strategischen Gebote im letzten Fünfjahrplan vollständig niedergelegt. Sie wird jede Menge Kredit in das System pumpen, die es braucht. Sie wird den Yuan nicht abwerten – gleich, wie laut sich Washington/New York beschwert.

Eine Abwertung des Yuan würde eine Reihe chinesischer Firmen versenken, die mit Schulden in US-Dollar belastet sind. Peking optimiert sein System, ein sorgfältig kalibrierter Übergang von einem explosionsgetriebenen Modell zu einem, das sich auf den Konsum des Binnenmarktes richtet. Ein starker Yuan erhält die Kaufkraft dutzender Million Mitglieder der neuen chinesischen Mittelklasse – alle davon aufstrebend, und alle davon besitzend.

Nach Angaben des US-Schatzamts befinden sich nur etwa 1,2 Billionen Dollar liquide Sicherheiten in chinesischen Händen. Und das wird sich schnell verringern – weil China weiter Gold kauft. Und um dem ganzen die Krone aufzusetzen, China hat seine Wirtschaft bereits gedreht. Das bringt uns zurück zu der dramatischen Erhöhung des BDI. Die Ölpreise steigen. Und China kauft alles davon.

Peking rückt an allen Fronten vor; verteilt Einfluss/Handelsverträge quer durch Eurasien, aus dem die neuen Seidenstraßen einen riesigen Handelsplatz machen werden; modernisiert sein Militär; kauft strategische Anlagen im Ausland; baut weltweites Vertrauen in den Yuan als stabiler Reservewährung auf; erlaubt der chinesischen Elite, ihr enormes Vermögen durch den Kauf ausländischer Anlagegüter zu diversifizieren, von Weingütern in Bordeaux bis zu dem einen oder anderen Fußballriesen, wie dem AC Milan.

Kein Wunder, dass die erstaunliche Ausbreitung der chinesischen Wirtschaftsmacht die gesammelten Exzeptionalisten – von den Neocons bis zu den Neoliberal – völlig verwirrt hinterlassen hat. Washington hat den Nationen in Asien, Afrika und Lateinamerika absolut nichts zu bieten – was das angeht, dem ganzen globalen Süden nicht. Sie alle haben gesehen, dass Peking nicht auf dem Markt ist, um im Stile der Mafia Zinseszins auf Staatsschulden einzufordern, „Unterstützung“ für die neoimperialen Züge der NATO oder der UN, einen weiteres exterritoriales Drehkreuz für das US-Empire der Stützpunkte; oder völlige Beherrschung ihrer Zentralbanken.

Andererseits haben sie gesehen, was Washington bietet: endlose Kriege, die fortschreitende Zerschlagung des Nationalstaats; Demokratie, die in Fetzen gerissen wird; und die technokratische Herrschaft durch die 0,00001%.

Dennoch, all das ist nur die Ruhe vor dem Sturm- Das Empire schlägt bereits zurück. Auf dem Pfad vor uns fließt reichlich Blut.

Wie Erzählungen das syrische Volk töteten

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Sharmine Narwani

How narratives killed the Syrian people

Am 23. März 2011, ganz am Anfang dessen,was wir jetzt den ‘syrischen Konflikt’ nennen, wurden zwei junge Männer – Sa’er Yahya Merhej und Habeel Anis Dayoub – in der südsyrischen Stadt Daraa niedergeschossen.

Merhej und Dayoub waren weder Zivilisten, noch standen sie in Opposition zur Regierung des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad. Sie waren reguläre Soldaten aus den Reihen der syrischen arabischen Armee (SAA).

Merhej und Dayoub, die von unbekannten Schützen erschossen wurden, waren die ersten von achtundachzig Soldaten, die im ersten Monat dieses Konflikts in ganz Syrien getötet wurden – in Daraa, Latakia, Douma, Banyas, Homs, Moadamiyah, Idlib, Harasta, Suweida, Talkalakh und in den Vororten von Damaskus.

Der unabhängigen internationalen Untersuchungskomision der UN zu Syrien zu Folge, betrug die Gesamtzahl der Opfer aus den syrischen Regierungstruppen bis März 2012, im ersten Jahr des Konflikts, 2 569. Zu jener Zeit zählte die UN in Syrien insgesamt 5 000 Opfer politischer Gewalt.

Diese Zahlen zeichnen ein völlig anderes Bild der syrischen Ereignisse. Das war definitiv nicht der Konflikt, von dem wir in den Schlagzeilen lasen – wenn dieser ‘Gleichstand’ in der Zahl der Toten auf beiden Seiten irgend etwas nahelegt, dann, dass die Regierung bei der Bekämpfung der Gewalt ‘verhältnismäßig’ gehandelt hat.

Aber der Tod von Merhej und Dayoub wurde ignoriert. Nicht eine einzige Schlagzeile westlicher Medien erzählte ihre Geschichte – oder die irgendeines anderen toten Soldaten. Diese Opfer passten schlicht nicht zur westlichen ‘Erzählung’ der arabischen Unruhen, und folgten nicht den politischen Zielen der westlichen Regierungen.

Den Machern der amerikanischen Politik bot der ‘arabische Frühling’ eine einmalige Gelegenheit, um die Regierungen gegnerischer Staaten im Nahen Osten zu stürzen. Syrien, das wichtigste arabische Mitglied der vom Iran geführten ‘Achse des Widerstands’, war das erste Ziel.

Um einen Regimewechsel in Syrien herbeizuführen, mussten die Themen des ‘arabischen Frühlings’ opportunistisch genutzt werden – also mussten Syrer sterben.

Der ‘Diktator’ musste schlicht ‘sein Volk umbringen’ – der Rest würde folgen.

Wie Worte töten

Vier Haupterzählungen wurden in jedem wichtigen westlichen Medium bis zum Erbrechen wiederholt, angefangen im März 2011. mit Steigerung in den folgenden Monaten.

  • Der Diktator tötet ‘sein eigenes Volk’.
  • Die Proteste sind ‘friedlich’.
  • Die Opposition ist ‘unbewaffnet’.
  • Das ist eine ‘Volksrevolution’.

 

In den vorhergegangenen zwei Monaten waren in schneller Folge zwei pro-westliche Regierungen in Tunesien und Ägypten gestürzt worden – also gab es in der regionalen Psyche den ‘Bezugsrahmen’ eines von unten angetriebenen Regimewechsels im Stile des arabischen Frühlings. Diese vier sorgfältig vorbereiteten ‘Erzählungen’, die in Tunesien und Ägypten an Bedeutung gewonnen hatten, wurden nun vorbereitet und scharf gemacht, um jede Regierung, auf die sie gerichtet wurden, zu delegitimieren und zu untergraben.

Aber um ihr volles Potential in Syrien zu entfalten, mussten Syrer in ausreichender Zahl auf die Straße gehen, und Zivilisten mussten von der Hand brutaler Sicherheitskräfte sterben. Der Rest konnte von dem großen Heer ausländischer und örtlicher Medien, die sich diesem Diskurs des ‘arabischen Frühlings’ widmeten, zu einer ‘Revolution’ umgeschrieben werden.

Die Proteste entwickelten sich in Syrien jedoch nicht so, wie in Tunesien und Ägypten. In diesen wenigen ersten Monaten sahen wir Versammlungen, die einige Hundert umfassten – manchmal Tausende -, die politische Unzufriedenheit unterschiedlichen Ausmaßes ausdrückten. Die meisten dieser Versammlungen folgten einem Muster; angeheizt durch wahabitisch beeinflusste Moscheen beim Freitagsgebet, oder nach örtlichen Todesfällen, die zornige Menschenmengen zu öffentlichen Beerdigungen versammelten.

Ein Mitglied einer prominenten Familie aus Daraa erklärte mir, dort gäbe es einige Verwirrung, wer die Menschen in seiner Stadt töten würde – die Regierung oder ‘verborgene Parteien’. Er erklärte, zu jener Zeit hätte es unter den Bürgern Daraas zwei Ansichten gegeben: „Die eine war, dass das Regime mehr Menschen erschießt, um sie aufzuhalten und zu warnen, damit sie ihre Proteste beenden und sich nicht mehr versammeln. Die andere Meinung war, dass verborgene Milizen wollen, dass das weitergeht, denn wenn es keine Beerdigungen mehr gibt, gibt es keinen Grund mehr, dass sich die Leute versammeln.“

Sehen wir uns diese syrischen Erzählungen nach fünf Jahren Konflikt an, mit dem Vorteil der nachträglichen Einsicht:

Wir wissen jetzt, dass mehrere Tausend Angehörige der syrischen Sicherheitskräfte im ersten Jahr getötet wurden, angefangen mit dem 23. März 2011. Wir wissen daher auch, dass die Opposition schon zu Beginn des Konflikts ‘bewaffnet’ war. Wir haben Videobelege Bewaffneter, die im April und Mai 2011 über die libanesische Grenze nach Syrien kommen. Wir wissen aus den Zeugnissen unparteiischer Beobachter, dass diese Bewaffneten Zivilisten zum Ziel terroristischer Akte machten und dass die ‘Proteste’ nicht alle ‘friedlich’ waren.

Die Mission der arabischen Liga führte Ende 2011 eine monatelange Untersuchung innerhalb Syriens durch und berichtete:

In Homs, Idlib und Hama bezeugte die Beobachtermission Akte der Gewalt, die gegen Regierungskräfte und Zivilisten gerichtet waren und mehrere Tote und Verletzte zur Folge hatten. Unter den Beispielen für solche Handlungen findet sich die Sprengung eines zivilen Busses, bei der acht Menschen starben und andere verletzt wurden, darunter Frauen und Kinder, und die Sprengung eines Zuges mit Dieselöl. Bei einem anderen Zwischenfall in Homs wurde ein Polizeibus gesprengt, wobei zwei Polizeibeamte getötet wurden. Auch eine Treibstoffpipeline und einige kleine Brücken wurden gesprengt.“

Der holländische Priester Frans van der Lugt, der lange in Syrien lebte und 2014 in Homs getötet wurde, schrieb im Januar 2012:

Von Anfang an waren die Protestbewegungen nicht rein friedlich. Schon am Anfang sah ich bewaffnete Demonstranten, die bei den Protesten mitmarschierten und die zuerst anfingen, auf die Polizei zu schießen. Sehr oft war die Gewalt der Sicherheitskräfte eine Reaktion auf die brutale Gewalt der bewaffneten Rebellen.“

Einige Monate zuvor, September 2011, hatte er beobachtet:

Von Anfang an gab es das Problem der bewaffneten Gruppen, die auch Teil der Opposition sind… die Opposition auf der Straße ist weit stärker als irgendeine andere Opposition. Und diese Opposition ist bewaffnet und gebraucht häufig Brutalität und Gewalt, nur um dann die Regierung zu beschuldigen.“

Mehr noch, wir wissen jetzt auch, was immer in Syrien war, es war keine „Volksrevolution“. Die syrische Armee blieb intakt, selbst nachdem die Medien in der Breite von Massendesertionen berichteten. Hunderttausende Syrer demonstrierten weiter in Unterstützung des Präsidenten, ohne dass darüber berichtet wurde. Die Staatsinstitutionen und die Eliten aus Verwaltung und Wirtschaft blieben weitgehend loyal zu Assad. Die Minderheiten – Alawiten, Christen, Kurden, Drusen, Shia, und die Baath-Partei, die mehrheitlich sunnitisch ist – schlossen sich der Opposition gegen die Regierung nicht an. Und die wichtigsten städtischen Regionen und Bevölkerungszentren blieben unter dem Schirm des Staates, mit wenigen Ausnahmen.

Eine wirkliche „Revolution“ hat schließlich keine Kommandozentralen in Jordanien und der Türkei. Noch wird eine „Volksrevolution“ von Katar, Saudi-Arabien, den USA, dem UK und Frankreich finanziert, bewaffnet und unterstützt.

Wie man für geopolitische Vorteile „Erzählungen“ einpflanzt

Das Handbuch der Spezialeinheiten des US-Militärs über unkonventionelle Kriegsführung von 2010 stellt fest:

Die Absicht der unkonventionellen Kriegsführung (UW) der USA ist, die politischen, militärischen, wirtschaftlichen und psychologischen Schwachstellen einer feindlichen Macht auszunutzen, indem Widerstandskräfte entwickelt und erhalten werden, um die strategischen Ziele der USA zu erreichen… in der absehbaren Zukunft werden die Streitkräfte der USA vor allem mit Einsätzen in irregulärer Kriegsführung befasst sein.“

Eine Geheimdepesche des US State Department von 2006 enthüllt, dass die Regierung Assad sich im Inland wie in der Region in stärkerer Position befand als zuletzt, und empfiehlt, sie zu schwächen: „Folgend unsere Zusammenfassung möglicher Schwachstellen und die möglichen Mittel, sie zu nutzen…“ Darauf folgt eine Liste von „Schwachstellen“ – politische, wirtschaftliche, ethnische, religiöse, militärische, psychologische – und die empfohlenen „Aktionen“, um sie zu nutzen.

Das ist wichtig. Die US-Doktrin der unkonventionellen Kriegsführung stellt fest, dass es in der Bevölkerung gegnerischer Staaten üblicherweise aktive Minderheiten gibt, die ihre Regierung entweder unterstützen oder gegen sie opponieren, aber damit eine „Widerstandsbewegung“ erfolgreich ist, muss sie die Wahrnehmung des großen „ungebundenen Mittelteils der Bevölkerung“ gegen ihre Führung richten. Das sagt das Handbuch (und ich zitiere hier großzügig aus einem meiner früheren Artikel):

Um den „ungebundenen Mittelteil der Bevölkerung“ zur Unterstützung eines Aufstands zu bewegen, empfiehlt das Handbuch die „Schaffung einer Atmosphäre breiter Unzufriedenheit durch Propaganda und politische und psychologische Bemühungen, die Regierung zu diskreditieren.“

Wie der Konflikt eskaliert, sollte es auch die „Intensivierung der Propaganda; psychologische Vorbereitung der Bevölkerung auf die Rebellion“.

Zuerst sollte es örtliche und nationale „Agitation“ geben – die Organisation von Boykotten, Streiks, und anderer Bemühungen, die allgemeine Unzufriedenheit nahe legen. Dann folgt das „Eindringen ausländischer Organisatoren und Berater und von ausländischer Propaganda, Material, Geld, Waffen und Ausrüstung.“

Die nächste Ebene des Einsatzes wäre, eine „nationale Frontorganisationen [z.B. den syrischen Nationalrat] und Befreiungsbewegungen [z.B. die Freie Syrische Armee]“ einzurichten, die größere Teile der Bevölkerung dazu brächten, die „zunehmende politische Gewalt und Sabotage“ zu akzeptieren – und die zur Unterstützung von „Individuen oder Gruppen, die Akte von Sabotage in städtischen Gebieten durchführen“ ermutigen.

Ich schrieb ein Jahr nach Beginn der Krise darüber, dass aus dem Ausland gestützte Strategien des irregulären Krieges in Syrien eingesetzt würden – als die überwältigende Mehrheit der Medienerzählungen sich noch um den ‘Diktator’ drehten, der ‘sein Volk tötet’, um ‘friedliche Proteste’, die weitgehend ‘unbewaffnete’ Opposition, die ‘höchst populäre Revolution’ und Tausende von ‘Zivilisten’, die zum Ziel ausschließlich der staatlichen Sicherheitskräfte würden.

Waren all diese Erzählungen gefälscht? Waren all diese Bilder, die wir sahen, inszeniert? Oder war es nur nötig, einen Teil zu fälschen – weil die „Wahrnehmung“ der großen Mitte der Bevölkerung, wenn sie einmal geformt wurde, ihren eigenen natürlichen Schwung hin zu einem Regimewechsel entwickelt?

Und was tun wir, in der Region, mit dieser verblüffenden neuen Information, wie gegen uns Kriege geführt werden – und unsere eigenen Bevölkerungen als Bodentruppen für die Ziele anderer Länder genutzt werden?

Unser eigenes Spiel schaffen

Diese narrativen Spiele können zwei Seiten spielen.

Die erste Lektion, die zu lernen ist, ist, dass Ideen und Ziele geschaffen werden können, in einen Bezug gebracht, verfeinert und mit großer Wirksamkeit eingesetzt.

Das zweite Ergebnis lautet, dass wir mehr unabhängige Medien und Informationsverbreitungskanäle schaffen müssen, um die Werte, die wir vorschlagen, überall zu verbreiten.

Die westlichen Regierungen können sich auf eine bis ins lächerliche kriecherische Armee westlicher und einheimischer Journalisten verlassen, die uns Tag und Nacht mit ihrer Propaganda bombardieren. Wir müssen weder in der Zahl der Journalisten, noch der der Medien gleichziehen – auch wir können Strategien nutzen, um ihre Desinformationskampagnen abzuwenden. Westliche Journalisten, die wiederholt falsche, ungenaue und schädliche Information veröffentlichen, die Leben gefährdet, müssen aus der Region verbannt werden.

Das sind keine Journalisten- ich nenne sie lieber Medienkombattanten – und sie haben die Freiheiten nicht verdient, die wirklichen Medienprofis zustehen. Wenn diese westlichen Journalisten im ersten Jahr des syrischen Konfliktes die Voraussetzungen einer der oben benannten vier Erzählungen in Frage gestellt hätten, wären heute mehr als 250 000 Syrer tot? Wäre Syrien zerstört und 12 Millionen Syrer heimatlos? Gäbe es ISIS überhaupt?

Redefreiheit? Nein, danke – nicht, wenn wir für die Ziele der nationalen Sicherheit von jemand anderem sterben müssen.

Syrien hat die Welt verändert. Es brachte die Russen und die Chinesen (BRICS) mit ins Spiel und änderte die Weltordnung von einer unipolaren zu einer multilateralen – über Nacht. Und es hat eine gemeinsame Sache für eine Gruppe wichtiger Staaten in der Region geschaffen, die nun das Rückgrat eines aufsteigenden ‘Sicherheitsbogens’ von der Levante bis zum persischen Golf darstellen. Wir haben jetzt ungeheure Möglichkeiten, die Welt und den Nahen Osten nach unseren eigenen Vorstellungen zu gestalten. Neue Grenzen? Wir werden sie in der Region selbst ziehen. Terroristen? Wir werden sie selbst besiegen. NGOs? Wir werden unsere eigenen schaffen, mit unseren eigenen Landsleuten und unseren eigenen Agenden. Pipelines? Wir werden entscheiden, wo sie verlaufen.

Aber fangen wir an, diese neuen Erzählungen zu schaffen, ehe das ‘Andere’ kommt und die Lücke füllt.

Eine Warnung. Das Schlimmste, was wir tun können, ist, unsere Zeit damit zu verschwenden, die fremden Erzählungen zurückzuweisen. Das macht uns nur zu den „Zurückweisenden“ in ihrem Spiel. Und das gibt ihrem Spiel Kraft. Was wir brauchen, ist, unser eigenes Spiel schaffen – ein reiches Vokabular einheimischer Erzählungen – die uns selbst definieren, unsere Geschichte und Sehnsüchte, beruhend auf unserer eigenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wirklichkeit. Sollen die ‘Anderen’ unsere Version zurückweisen, sollen sie die ‘Zurückweisenden’ in unserem Spiel werden … und ihm Leben verleihen.

Paraden und mehr

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Die “große” Parade dürftet ihr problemlos selber finden, auf RT oder woanders (die 360-Grad-Aufnahmen sind besonders hübsch); deshalb gibt es hier nur die “kleine” Parade aus Donezk zu sehen.

Wer will, kann sie mit der des vergangenen Jahres vergleichen und sehen, was sich verändert hat.

Hier ist Donezk heute:

Beim auf die Parade folgenden Zug des “Unsterblichen Regiments” wurde in Donezk nicht nur der Toten des zweiten Weltkriegs gedacht. Vergangenheit und Gegenwart haben sich auch hier wieder berührt.

In der Restukraine war es nicht ruhig. In Kharkow, Odessa, selbst in Kiew gingen Menschen auf die Straße, um an den Sieg über den Hitlerfaschismus zu erinnern. Trotz Angriffen durch Ukronazis, und mit Siegesfahnen, obwohl sie in der Ukraine verboten sind. Ein beeindruckendes Zeichen dafür, dass die Bandera-Ideologie das Land noch lange nicht völlig im Griff hat. Diese Aufnahmen stammen aus Saporoschje:

Und zuletzt noch ein längeres Video, das gewissermaßen Hintergrundinformationen zu den Paraden liefert. Die Gruppe von Antimaidan Deutsch hat in einem langen Video Lieder aus dem und über den zweiten Weltkrieg übersetzt und untertitelt; einige davon wird man wiedererkennen, wenn man die Musik zur “großen” wie zur “kleinen” Parade hört. Es lohnt sich, dieses Video einmal anzuschauen.

Wer danach noch mehr Bilder und Videos sehen will, hier sind die Paraden aus Sewastopol, Nowosibirsk und anderen russischen Städten und hier weitere Aufnahmen aus Donezk wie auch aus Lugansk und Altschewsk.


Falsche Freunde

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Am Samstag sollte in Leipzig eine Veranstaltung mit einem Vertreter von Borotba stattfinden, um über die Lage in der Ukraine zu informieren. Inzwischen wurde sie abgesagt; der Vertreter von Borotba, der dort sprechen sollte, fühlt sich mittlerweile nicht mehr sicher dort.

Wir hatten auf dieser Seite bereits einige Texte von und über Borotba (z.B. „Der tödliche Kampf Antimaidan“). Unter den Opfern des Massakers von Odessa finden sich ebenso Vertreter dieser linken ukrainischen Organisation wie unter den Kämpfern im Donbass. Es sollte schwer sein, ihnen abzusprechen, Antifaschisten zu sein. Und dennoch geschieht es.

Alexej Dankwardt, der mittlerweile parteilose Leipziger Stadtrat, der die Linkspartei nach monatelangem Mobbing durch maidanfreundliche ‘Antideutsche’ verlassen hat, hatte die Veranstaltung organisiert. Im Dachgeschoss des Karl-Liebknecht-Hauses in Leipzig, in dem er mit seiner Kanzlei selbst Mieter ist, und in das er eingezogen war, weil die Linkspartei das Haus, in dem Karl Liebknecht geboren wurde, sonst nicht mehr hätte finanzieren können. Als die Veranstaltung bekannt wurde, begannen immer massivere Angriffe aus der Ecke der ‘Antideutschen’, vorgetragen unter anderem von der Landtagsabgeordneten Juliane Nagel, die nicht beim Versuch eines Verbots der Veranstaltung in diesen Räumen endeten (das daran scheiterte, dass die Gemeinschaftsräume des Hauses durch die Miete aller Mieter finanziert werden), sondern sogar in einer Kündigung der Büroräume Dankwardts gipfelten.

Juliane Nagel ist eine typische Exponentin der ‘Antideutschen’. Sie ist der festen Überzeugung, wichtige Arbeit gegen Faschisten zu leisten, und beschäftigt sich in ihrer Arbeit im sächsischen Landtag so gut wie ausschließlich mit dem, was sie für Antifaschismus hält, und mit dem Komplex Migration/Flucht. Die letzte Anfrage aus dem Büro Nagel, die eine soziale Thematik hatte, stammt aus dem Jahr 2014. Diese Dinge sind ihr nicht wichtig.

Man sollte aber meinen, selbst bei jener Schmalspursicht auf Politik müsste es ihr noch möglich sein, die ukrainischen Nazis als solche zu erkennen. Schließlich geben sie sich nicht sonderliche Mühe, ihre Überzeugungen zu verbergen; sie tätowieren sich gerne von Kopf bis Fuss mit Hakenkreuzen, SS-Runen, schwarzen Sonnen und was dergleichen Symbole noch zu finden sind. Man muss nur einer einzigen Aufnahme eines ihrer Aufmärsche lauschen, um das für Nazis typische überschnappende Brüllen von Parolen zu hören. Es gibt, auch aus den Reihen von Borotba, genug Berichte über Folter und Verfolgung, die wie getreue Wiederholungen der Berichte aus dem Nazideutschland der Jahre 1933 und 1934 wirken. Mir reichten im Jahr 2014 wenige Minuten eines aufgenommenen Aufmarsches, um zu erkennen, dass es sich hier um originäre Faschisten handelt, die ihren deutschen Vorbildern in nichts nachstehen.

Wie kann es dann sein, dass Frau Nagel, die vermeintliche Muster-Antifaschistin, sich gegen diese Veranstaltung wendet? Wie kann es sein, dass sie ausgerechnet Menschen, die mitten in Europa tatsächlichem Faschismus widerstehen, die vor ihm geflüchtet sind, gar nicht erst zu Wort kommen lassen will? Nur, weil sie und ihre Freunde sich vor zwei Jahren darauf eingelassen haben, den Maidan hochleben zu lassen, und sie nicht im Stande sind, ihren Fehler zuzugeben? Selbst wenn sie Borotba Nationalismus vorwerfen (und das tun sie und ihresgleichen bei jedem, der nicht in ihre „Deutschland muss sterben“-Rufe einstimmt), sollte doch klar genug sein, dass Borotba eine linke Organisation ist, die massiv verfolgt wird, und mit der man, wenn man Kritik an ihr hat, die Diskussion suchen sollte. Nicht aber eben diese Diskussion verhindern.

Es mag Frau Nagel sauer aufstoßen, dass die ukrainischen Antifaschisten ihren Widerstand mit Liebe zu ihrem Land begründen und nicht mit Hass. Das war übrigens bei den wirklichen deutschen Antifaschisten nicht anders; die Flugblätter der Weißen Rose beispielsweise legen ein deutliches Zeugnis dafür ab. Diejenigen, die tatsächlich ihr Leben gegen den Nazifaschismus riskiert haben, würden sich von Parolen wie „Bomber Harris, do it again“ mit Grausen abwenden. Weil solche Losungen die gleiche Glorifizierung der Gewalt beinhalten wie, nun – die Losungen der Nazis.

Man muss ein wenig den Beritt der Frau Nagel verlassen, um zu sehen, was die ‘Antideutschen’, die in der BRD große Teile dessen dominieren, was sich ‘Antifa’ nennt, in letzter Konsequenz wirklich sind. Anfang Mai entstand in Würzburg folgendes Foto, den Kern des Problems sehr deutlich illustriert:

würzburg 03052016Wir sehen auf diesem Bild eine Kundgebung, die unter dem Motto „Save Aleppo“ stattfand. Das war die letzte Kampagne zur Unterstützung der Kriegspläne in Syrien. Ungeachtet der Tatsache, dass die ‘Rebellen’ in Aleppo vor allem zum syrischen Al-Kaida-Ableger gehören, wurde die Erzählung verbreitet, die syrische arabische Armee griffe Zivilisten an. Auf dieser Kundgebung befand sich, neben den oben sichtbaren Vertretern, der ‘autonomen Antifa’ auch der grüne Politiker und Studentenpfarrer Burkhard Hose. Beide hatten sichtlich keinerlei Bedenken, neben Plakaten zu stehen, die deutlich „NATO-Intervention jetzt“ fordern.

Beide, Frau Nagel von der Leipziger Linkspartei wie Burkhard Hose von den Würzburger Grünen, sind übrigens Träger eines Friedenspreises.

Sie gehören unterschiedlichen Parteien an, sind aber beide Teile eines Kontinuums, das bei vermeintlich ganz radikalen ‘Linken’ beginnt und an der Seite der NATO endet. Dieses Kontinuum ist der Ursprung der ‘Querfront’-Debatte, die erfolgreich seit Beginn der ukrainischen Krise die Entstehung einer starken Friedensbewegung in Deutschland verhindert hat. Gleichzeitig waren die ukrainischen Nazis nie ein Problem; selbst das Leitmedium dieser Strömung, die einstmals linke „taz“, ist sich längst nicht mehr zu schade, sympathiegetränkte Texte über Angehörige faschistischer Bataillone zu verfassen. Wenn Marie-Luise Beck, die grüne Kriegstreiberin mit dem Prinzessin-Diana-Augenaufschlag, das Lied vom bösen Putin singt, stimmen sie alle miteinander gerne ein.

Wie bizarr das Konstrukt dieses ‘Querfront’-Vorwurfs ist, wurde in der Auseinandersetzung um die ‘Studie’ der Otto-Brenner-Stiftung deutlich, die erkennbar als krönender Abschluss dieser Kampagne geplant war, aber wegen nicht haltbarer Behauptungen zurückgezogen werden musste. Denunziation war von Anfang an der Kern dieser Strategie. Borotba wurde bereits im Jahr 2014 unter Berufung auf dubiose Quellen ukrainischer Anarchisten als ‘rechts’ denunziert, und auch wenn diese Behauptungen an den Haaren herbeigezogen und von Maidan-Unterstützern vorgetragen waren, reichten sie aus, um eine breitere Solidarisierung zu verhindern. Seitdem erfolgen immer neue Attacken gegen Unterstützer ukrainischer Antifaschisten, immer nach der selben Masche. Diese Angriffe sorgen nicht nur dafür, dass das erste Mal nach dem zweiten Weltkrieg die bundesdeutsche Politik auf einen Krieg zusteuert, ohne auf sichtbaren, breiten Widerstand zu stoßen; sie sorgen auch dafür, dass die sehr reale Querfront von vermeintlich linken Organisationen hin zu unverkennbar offen faschistischen Organisationen ukrainischer Nazis und andernorts wahabitischen Terroristen im Auftrag der NATO gar nicht zum Gegenstand der Auseinandersetzung wird, weil jene, die sie betreiben könnten, damit beschäftigt sind, die ‘Querfront’-Anschuldigungen abzuwehren.

Interessant ist dabei, dass unsere vermeintlichen ‘Antifaschisten’ ihre Sympathie genau an jene vergeben, die ohne Zweifel als historische Erben der ursprünglichen Nazis gelten können: jenen Hilfstruppen, die ursprünglich von Theodor Oberländer und Gerhard von Mende geleitet und nach der Niederlage des Hitlerfaschismus mit dem US-Nazi-Amalgam CIA geteilt wurden (zur Entstehung dieser Mischung siehe Nazis, NATO und Farbrevolutionen sowie Operation Ohio). An keiner Stelle findet sich eine deutlichere historische Kontinuität als bei jenen zutiefst antikommunistischen Hilfstruppen, gleich, ob sie zu Bandera, den kroatischen Faschisten oder den von der SS angeheuerten Krimtataren gehörten; all diese Hilfstruppen werden uns, unter völliger Verleugnung der historischen Wahrheit, als Freiheitskämpfer verkauft, selbst wenn sie öffentliche Ehrungen für SS-Einheiten abhalten (wie sie nicht nur in der Ukraine, sondern auch im Baltikum stattfinden), aber es ist eben dieser Antikommunismus, der sie für diese ‘Antifaschisten’ unwiderstehlich macht, während ihren Landsleuten, die in der Roten Armee tatsächlich zur Befreiung vom Faschismus beigetragen haben, im selben Atemzug der Antifaschismus aberkannt wird.

Am 6. Mai erschien in der FAZ ein Artikel unter der Überschrift „Ein Himmelfahrtsprotest gegen Gefühlszonis“, der jene ‘Antideutschen’, die in das Dorf Bornhagen gefahren waren, um den AfD-Politiker Höcke heimzusuchen, geradezu zur politischen Avantgarde erklärt. Nun, früher hätte ein solcher Text in einer Zeitung, die auch unter der Bezeichnung „Zentralorgan der deutschen Bourgeoisie“ bekannt war, tiefe Bestürzung und anschließende Selbstbefragung ausgelöst, durch welchen gravierenden Fehler man sich ein Lob ausgerechnet von dieser Seite eingefangen hätte. Selbstkritik ist allerdings nicht die Stärke unserer falschen Freunde.

Was findet die FAZ nun an diesen Protesten so löblich? Der Aufruf für diesen Protest ist ein sehr typisches Produkt dieser Szene. Er vermischt den -völlig unangebrachten – westdeutschen Dünkel gegenüber den Bewohnern der annektierten DDR mit einer tiefen Ablehnung jeder sozialen Erwartung an die Gesellschaft. Denn schon der Wunsch, eine Gesellschaft möge der Auslieferung an die Gesetze der Kapitalverwertung Schranken setzen, gilt ihnen als Sehnsucht nach Volksgemeinschaft, und damit als im Kern faschistisch… „Wie ihre Gesinnungsgenossen im Osten sehnen sich die Zornis des Westens nach dem traditionellen Volksstaat zurück, der vor den Anforderungen des internationalen Marktes beschützt und zumindest teilweise von der Sorge um den Verkauf der Ware Arbeitskraft befreit.“ Und es ist nicht der von wirklichen Nazis aufgebaute Staatsapparat der BRD und ihre von wirklichen Nazis geführten Konzerne, die der Gegner dieser ‘Antifaschisten’ sind, sondern normale, vom Verkauf ihrer Arbeitskraft lebende Menschen, deren soziale Bedürfnisse als ‘faschistisch’ denunziert werden. ‘Antifaschist’ nach ihrer Deutung ist also nur jener, der die grenzenlose Herrschaft des Kapitals über den Menschen als Ausbund höchster Freiheit betrachtet. Diese Variante könnte von McCarthy stammen.

Die Linkspartei habe, so zitiert die FAZ den Aufruf geradezu jubelnd, „mit ihrer Propaganda für einen autoritären Sozialismus und ihrem Betrogen-und-Belogen-Gejammer den Boden für die AfD bereitet“. Denn es ist nicht die Macht der Kriegsverbrecher des zweiten Weltkriegs über die großen Konzerne dieser Republik, und die Macht dieser Konzerne über deren politische Strukturen, von denen die Bedrohung ausgeht; nein, es sind günstige Wohnungen, sichere Arbeitsplätze und ein positives Verhältnis zur DDR, die zur faschistischen Bedrohung stilisiert werden. “Schon hat der Antifa-Demonstrant Stephan Maßdorf in der “Jungle World” nachgelegt. Die Linkspartei und die AfD würde nur sehr wenig unterscheiden. Mit Ramelow und Höcke habe sich eine “Querfront der westdeutschen Ossiversteher” gebildet. Beide Politiker, die aus dem Westen in den Osten gekommen seien, könnten sich mit dem “Gemeinschaftskult, der hier herrscht, ganz gut arrangieren”.

Ramelow kann man gewiss nicht vorwerfen, an Unterwerfungsgesten gegenüber dem florierenden Antikommunismus gespart zu haben. Im Gegenteil, seine ‘Haltung’ diesbezüglich wäre gleich für mehrere Bandscheibenvorfälle gut genug gewesen. Dennoch, solange ein Restchen Verständnis für soziale Bedürfnisse (von Rechten ganz zu schweigen) vorhanden ist, ist es der FAZ wie auch besagten ‘Antifaschisten’ ein Greuel.

Womit wir zum Kern des ganzen ‘Querfront’-Gehabes vorgedrungen wären. Denn was ergibt sich als Summe dieser politischen Positionen: einer grundsätzlichen Ablehnung der sozialen Frage sowie jeder Form von Kollektivität; eine politische Tätigkeit, die sich konkreter Forderungen weitgehend enthält, aber Denunziation als übliche Methode verwendet; gegen jede Position (auch und gerade linke) bereit ist, Gewalt einzusetzen, die von der ihren abweicht; Kriegspolitik nicht bekämpft, sondern unterstützt; gerade mit den aggressivsten Gruppen des deutschen wie des US-Kapitals, die sich in der Politik der CIA wiederfinden, sowie deren Handlangern Bündnisse eingeht?

Die einfachste Formulierung, die ich kenne, um das zu beschreiben, was einmal als links gesehen wurde, stammt von Georg Büchner und lautet „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“. Die Transatlantifa ist nicht links. Sie ist die zutiefst antikommunistische, antisoziale Jugendabteilung der aggressivsten Politik, die das Kapital momentan kennt – der unmittelbaren Vorbereitung auf einen Krieg in Europa. Sie fordert Friede den Palästen, Krieg den Hütten.

Natürlich muss sie allem entgegentreten, was den wirklichen Antifaschismus in Erinnerung ruft. Was die bizarren Verbindungen dieser falschen Freunde sichtbar macht und erkennen lässt, dass ihre wichtigste Eigenschaft ihr aggressiver Antikommunismus ist. Sie sind nicht gegen die Veranstaltung mit Borotba, weil Borotba rechts wäre. Sie sind dagegen, weil es sich bei Borotba um Kommunisten handelt. (So wie schon im letzten Jahr der Vorwurf, den der antideutsch beeinflusste VVN-Geschäftsführer Willms im Rahmen der ‘Querfront’-Debatte gegen Ernst Niekisch erhob, seine Nähe zu Kommunisten war). Nichts ist ihnen verhasster als die Sowjetunion und der Sieg der Roten Armee.

Die Leipziger Veranstaltung wird übrigens stattfinden. Zwar leider ohne den angekündigten Referenten, aber mit Oleg Muzyka, einem der Überlebenden von Odessa, und mit viel aktueller Information zum antifaschistischen Widerstand in der Ukraine. Im Atelier Brückner in der Haferkornstraße 15, um 18 Uhr.

P.S.: Für alle, die nicht in Leipzig sind, ein kleiner Filmtip aus dem Internet, in dem es um die Verbindungen des Herrn Dulles zu den Nazis geht; 12 Folgen einer sowjetischen Spionageserie, die auf den historischen Fakten aufbaut… zum langsamen Genießen. Mit deutschen Untertiteln.

Beliebte Klischees über moderne Kriegsführung zerstören

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vom Saker

Debunking popular clichés about modern warfare

„Wie würde ein Krieg zwischen Russland und den USA aussehen?“

Das muss die Frage sein, die mir am häufigsten gestellt wird. Das ist auch die Frage, auf die ich die fremdartigsten und schlechtinformiertesten Antworten höre. Ich habe mich in der Vergangenheit mit dieser Frage befasst, und wer an diesem Thema interessiert ist, kann folgende Artikel lesen:

Es wäre nutzlos, das alles hier zu wiederholen, also will ich mich dem Thema aus einem etwas anderen Blickwinkel annähern, aber ich würde jenen, die daran interessiert sind, sehr empfehlen, sich die Zeit zu nehmen, diese Artikel zu lesen, die, auch wenn sie überwiegend 2014 und 2015 geschrieben wurden, immer noch weitgehend gültig sind, vor allem, was die Methodologie angeht, mit diesem Thema umzugehen. Alles, was ich heute vorschlage, ist, einige beliebte Klischees über moderne Kriegsführung im Allgemeinen zu zerstören. Ich hoffe, dass ich euch, indem ich sie zerstöre, mit dem Werkzeug versehe, um den Unsinn, den uns die Konzernmedien gerne als „Analyse“ präsentieren, zu durchschneiden.

Klischee Nr. 1: das US-Militär ist Russland gegenüber konventionell enorm im Vorteil

Das alles hängt davon ab, was man mit „Vorteil“ meint. Die US-Streitkräfte sind wesentlich größer als die russischen, das ist wahr. Aber anders als die russischen sind sie über den ganzen Planeten verteilt. Was in der Kriegsführung entscheidet, ist nicht die Größe  eures Militärs, sondern, wie viel davon im Einsatzgebiet (TMO, theater of military operations) tatsächlich zur Verfügung steht. Wenn ihr beispielsweise in jedem gegebenen TMO nur zwei Flugfelder besitzt, die je, sagen wir, Lufteinsätze von hundert Flugzeugen tragen können, nutzt es euch nichts, wenn ihr tausend Flugzeuge zur Verfügung habt. Vielleicht habt ihr den Satz gehört, „Zivilisten schauen auf Feuerkraft, Soldaten auf Logistik“. Das stimmt. Moderne Militärkräfte sind extrem „unterstützungslastig“, was heißt, für einen Panzer, ein Flugzeug oder ein Artilleriegeschütz braucht man eine enorme und hoch entwickelte Nachschublinie, die es dem Panzer, dem Flugzeug oder Artilleriegeschütz erlaubt, normal zu funktionieren. Einfach gesagt – wenn der Panzer keinen Treibstoff oder keine Ersatzteile hat, bleibt er stehen. Daher macht es überhaupt keinen Sinn, zu sagen, die USA hätten, beispielsweise, 13 000 Flugzeuge, und Russland nur 3 000. Das mag stimmen, ist aber außerdem irrelevant. Wichtig ist nur, wie viele Flugzeuge die USA und die NATO zu dem Zeitpunkt, an dem Kampfhandlungen beginnen, einsatzbereit haben, und was ihre Aufgabe sein würde. Die Israelis haben eine lange Geschichte der Zerstörung arabischer Luftwaffe am Boden, nicht in der Luft, durch Überraschungsangriffe, die die beste Methode darstellen, die zahlenmäßige Überlegenheit eines Gegners unwirksam zu machen. In Wirklichkeit würden die USA viele Monate brauchen, um in Westeuropa eine Truppe anzusammeln, die auch nur geringe Aussichten hätte, es mit dem russischen Militär aufzunehmen. Und in Wirklichkeit kann ebenso nichts die Russen zwingen, einfach dazusitzen und zuzuschauen, wie eine solche Truppe zusammengezogen wird (der größte Fehler, den Saddam Hussein begangen hat).

Klischee Nr. 2: ein Angreifer braucht eine Überlegenheit von 3:1 oder gar 4:1 über den Verteidiger

Nun, das „stimmt irgendwie“, vor allem auf taktischer Ebene. Es wird oft als Daumenregel gebraucht, dass man einen Vorteil von 3:1 hat, wenn man verteidigt, was heißt, wenn man ein Bataillon in der Verteidigung hat, sollte man etwa drei Bataillone in der Offensive haben, um auf einen Sieg hoffen zu können. Aber wenn man die operationelle oder, mehr noch, die strategische Ebene betrachtet, ist diese Regel völlig falsch. Warum? Weil die verteidigende Seite einen enormen Nachteil hat: es ist immer der Angreifer, der entscheidet, wann angegriffen wird, wo, und wie. Jenen, die an diesem Thema interessiert sind, empfehle ich das Buch „Surprise Attack: Lessons for Defense Planning“ von Richard Betts, das, obwohl es relativ alt ist (1982) und den Fokus sehr auf den kalten Krieg richtet, eine sehr interessante und gründliche Diskussion der Vorteile und Risiken von Überraschungsangriffen bietet. Das ist ein faszinierendes Thema, das ich hier nicht im Detail erörtern kann, aber sagen wir einmal, dass ein erfolgreich durchgeführter Überraschungsangriff die Vorteile des theoretischen Kräfteverhältnisses für den Verteidiger völlig zunichte macht. Nehmen wir ein einfaches Beispiel: stellt euch eine Frontlinie von 50 km vor, wobei je 5 km auf jeder Seite von einer Division verteidigt werden. Also hat jede Seite 10 Divisionen, deren jede für die Verteidigung von 5 km Front verantwortlich ist, richtig? Gemäß der 3:1-Regel bräuchte Seite A also 30 Divisionen, um die 10 Divisionen in der Verteidigung zu überwinden? Richtig? Falsch! Seite A kann 5 ihrer Divisionen auf einer Front von 10 km bündeln und die anderen 5 zur Verteidigung halten. Auf diesen zehn Frontkilometern hat jetzt die angreifende Seite 5 angreifende Divisionen gegen 2 verteidigende, während auf dem Rest der Front Seite A 5 verteidigende Divisionen gegen 8 (möglicherweise) angreifende hat. Achtet darauf, dass Seite B keinen 3:1-Vorteil hat, um die Verteidigung von A zu überwinden (das aktuelle Verhältnis ist jetzt 8:5). Was B in Wirklichkeit tun wird, ist, mehr Divisionen zu bringen, um den schmalen Abschnitt von 10 km zu verteidigen, aber das bedeutet wiederum, dass B jetzt weniger Divisionen hat, um die gesamte Front zu verteidigen. Von hier aus könnt ihr viele Annahmen treffen: Seite B kann einen Gegenangriff durchführen, statt zu verteidigen, Seite B kann sich in die Tiefe verteidigen (in mehreren Staffeln, 2 oder gar 3), Seite A könnte auch damit beginnen, einen Angriff an einem Abschnitt der Front vorzutäuschen und dann an anderem Ort anzugreifen, oder Seite A kann, sagen wir mal, ein verstärktes Bataillon schicken, das sich wirklich schnell bewegt und Chaos tief in der Verteidigung von B anrichtet. Mein Punkt ist hier schlicht, dass diese 3:1-Regel eine rein taktische Daumenregel ist, und dass in wirklicher Kriegsführung die theoretischen Kräfteverhältnisse (die Normen) weit aufwendigere Berechnungen benötigen, einschließlich der Konsequenzen eines Überraschungsangriffs.

Klischee Nr. 3: Hochtechnologie trägt den Sieg davon

Das ist eine fantastisch falsche Aussage, und dennoch ist dieser Mythos unter Zivilisten, insbesondere in den USA, ein geheiligtes Dogma. In der wirklichen Welt bringen Hochtechnologiewaffen, auch wenn sie wertvoll sind, eine lange Liste von Problemen mit sich, deren erstes schlicht die Kosten sind.

[Randbemerkung: als ich in den späten 1990ern Militärstrategie studierte, präsentierte uns einer unserer Lehrer (von der US Air Force) eine Grafik, die die ansteigenden Kosten für ein einziges US-Kampfflugzeug von den 1950ern bis in die 1990er zeigte. Er verlängerte diese Tendenz dann in die Zukunft und zog scherzend den Schluss, dass etwa 2020 die USA nur noch das Geld hätten, ein einziges und sehr, sehr teures Kampfflugzeug zu kaufen. Das war natürlich ein Witz, aber er enthielt eine sehr ernste Lektion: davon galoppierende Kosten können zu irrwitzig teuren Waffensystemen führen, von denen nur einige wenige Exemplare produziert werden können, die einzusetzen dann sehr riskant wird].

Technologie ist außerdem üblicherweise fragil und braucht ein sehr komplexes Netzwerk für Nachschub, Wartung und Reparatur. Es ist sinnlos, den besten Panzer des Planeten zu haben, wenn er den größten Teil der Zeit größere Reparaturen braucht.

Mehr noch, eines der Probleme hoch entwickelter Hightech-Ausrüstung ist, dass ihre Komplexität es möglich macht, sie auf viele unterschiedliche Arten anzugreifen. Nehmen wir beispielsweise eine bewaffnete Drohne. Sie kann geschlagen werden, indem:

  1.  sie vom Himmel geschossen wird (aktive Verteidigung)
  2.  ihre Sensoren geblendet oder auf andere Art außer Gefecht gesetzt werden (aktive Verteidigung)
  3. ihre Kommunikation mit dem Bediener unterbrochen wird (aktive Verteidigung)
  4. ihr Navigationssystem gestört oder außer Gefecht gesetzt wird (aktive Verteidigung)
  5. Camouflage/Täuschung (passive Verteidigung)
  6. Anbieten falscher Ziele (passive Verteidigung)
  7. Schutz von Zielen, indem man sie z.B. eingräbt (passive Verteidigung)
  8. mobil bleibt und/oder dezentralisiert und/oder redundant (passive Verteidigung)

Es gibt noch weit mehr mögliche Maßnahmen, das alles hängt von der tatsächlichen Bedrohung ab. Der Schlüssel sind hier wieder Kosten und Praktikabilität: wie viel kostet es, ein fortgeschrittenes Waffensystem zu entwickeln, zu bauen und einzusetzen, im Verhältnis zu den Kosten einer (oder mehrerer) Gegenmaßnahmen.

Schließlich hat die Geschichte immer wieder gezeigt, dass die Kampfmoral weit wichtiger ist als die Technologie. Schaut euch nur die absolut demütigende und totale Niederlage der viele Milliarden schweren israelischen Hochtechnologiearmee gegen die Hisbollah 2006 an. Die Israelis haben ihre gesamte Luftwaffe eingesetzt, einen guten Teil ihrer Marine, ihre sehr große Artillerie und ihre neuesten Panzer, und sie wurden von vermutlich weniger als 2 000 Hisbollah-Kämpfern geschlagen, vernichtend geschlagen, und das waren noch nicht einmal die besten, die die Hisbollah hatte (die hielten sie nördlich des Litani). Der Lufteinsatz der NATO gegen das serbische Armeekorps im Kosovo wird ebenfalls als eine der schlimmsten Niederlagen einer enormen, durch Hightechwaffen unterstützen, Militärallianz gegen ein kleines, mit klar veralteten Waffensystemen ausgerüstetes Land in die Geschichte eingehen.

[Randnotiz: was den AngloZionisten in diesen beiden Kriegen tatsächlich „den Sieg brachte“, ist eine Propagandamaschine, die wirklich Weltklasse ist, und das Ausmaß der Niederlage der AngloZionistischen Kräfte erfolgreich verhüllte. Aber die Information ist da draußen, und ihr könnt sie selbst finden.]

Klischee Nr. 4: der große Militäretat trägt den Sieg davon

Das ist ebenfalls ein Mythos, der in den USA besonders beliebt ist. Wie oft habt ihr etwas gehört wie „die Milliarden-Dollar-B2“ oder den „sechs Milliarden Dollar Flugzeugträger der Nimitz-Klasse“? Hier wird die Behauptung aufgestellt, dass die B-2 oder die Nimitz, weil sie so viel Geld kosten, wirklich beeindruckend sein müssen. Aber sind sie das?

Nehmt einmal den mehr als dreihundert Millionen Dollar teuren F-22A „Raptor“ und schaut dann die Unterabteilung „Einsätze“ im Wikipedia-Artikel über den F-22A an. Was haben wir da? Ein paar Mal einige russische T-95 (Einführungsjahr 1956) Bomber abgefangen und eine iranische F-4 Phantom (Einführungsjahr 1960). Das, ein paar Bombenflüge in Syrien und eine wilde Mischung von Verlagerungen nach Übersee aus PR-Gründen. Das war’s! Auf dem Papier ist die F-22A ein beeindruckendes Flugzeug, und auf vielfache Weise ist sie das wirklich, aber die Wirklichkeit im echten Leben ist, dass die F-22A bisher nur auf Einsätzen gebraucht wurde, die eine F-16, F-15 oder F-18 billiger und oft auch besser erledigt hätten (die F-22A ist ein beschissener Bomber, wenn auch nur, weil sie nie dafür entworfen wurde).

Ich höre schon das Gegenargument: die F-22A wurde für einen Krieg gegen die UdSSR entworfen, und hätte dieser Krieg stattgefunden, hätte sie Hervorragendes geleistet. Ja, vielleicht, abgesehen davon, dass weniger als 200 davon je gebaut wurden. Abgesehen davon, dass die F-22, damit sie ein flaches Radarprofil hat, einen sehr kleinen Waffenschacht besitzt. Abgesehen davon, dass die Sowjets auf all ihren MiG-29 (wirklich kein Hightech-Kampfflugzeug) und ihren SU-27 Infrarot-Such- und Verfolgungssysteme eingesetzt hatten. Abgesehen davon, dass die Sowjets bereits angefangen hatten, „Anti-Stealth“-Radare zu entwickeln und dass die F-22A heute gegen modernes russisches Radar völlig nutzlos ist. Nichts davon stellt in Frage, dass die F-22A technologisch gesehen eine große Errungenschaft und ein sehr eindrucksvoller Luftüberlegenheitskämpfer ist. Aber einer, der in einem wirklichen Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion nicht viel Unterschied gemacht hätte.

Klischee Nr. 5: große Militärallianzen helfen, Kriege zu gewinnen

Noch ein weiterer Mythos, der im Westen geliebt wird: Allianzen gewinnen Kriege. Das typische Beispiel ist natürlich der zweite Weltkrieg: theoretisch bildeten Deutschland, Italien und Japan die „Achsenmächte“, während 24 Nationen (einschließlich der Mongolei und Mexikos) die „Alliierten“ bildeten. Wie wir alle wissen, besiegten die Alliierten die Achse. Das ist völliger Blödsinn. Die Wirklichkeit ist ganz anders. Hitlers Truppen umschlossen etwa zwei Millionen Europäer aus 15 verschiedenen Ländern, die die deutschen Truppen um 59 Divisionen, 23 Brigaden, eine Reihe separater Regimenter, Bataillone und Legionen verstärkten. Mehr noch, die Rote Armee sorgte für über 80% der deutschen Verluste (an Soldaten wie an Material) während des Krieges. Alle anderen, einschließlich der USA und des Vereinigten Königreichs, teilten sich die schäbigen 20% oder weniger und schlossen sich dem Krieg an, als Hitler bereits sichtbar geschlagen war. Einige werden verschiedene Widerstandsbewegungen erwähnen, die den Nazis widerstanden, oft heldenhaft. Ich will ihre Tapferkeit und ihren Beitrag nicht abstreiten, aber es ist wichtig, wahrzunehmen, dass keine Widerstandsbewegung in Europa auch nur eine einzige Wehrmachts- oder SS-Division besiegt hat (10 bis 15 000 Mann). Im Vergleich dazu haben in Stalingrad allein die Deutschen 400 000 Soldaten verloren, die Rumänen 200 000, die Italiener 130 000 und die Ungarn 120 000, ein Gesamtverlust an 850 000 Soldaten. In der Schlacht am Kursker Bogen schlugen die Sowjets 50 deutsche Divisionen, die etwa 900 000 Soldaten zählten.

[Randnotiz: Während Widerstandsbewegungen üblicherweise mit Sabotage, Diversion oder Angriffen auf hochwertige Ziele befasst waren, waren sie nie dazu geschaffen, reguläre miltärische Einheiten anzugreifen, nicht einmal in Kompaniestärke (etwa 120 Mann). Die deutschen Truppen in der UdSSR wurden in mehrere Heeresgruppen unterteilt, deren jede 4-5 Armeen umfasste (jede mit etwa 150 000 Soldaten). Was ich mit diesen Zahlen zu illustrieren versuche, ist die Größenordnung der Kampfhandlungen an der Ostfront, die sich nicht nur von all dem unterschieden, womit irgendeine Widerstandsbewegung umgehen kann, sondern sich auch von jedem anderen Kampffeld des zweiten Weltkriegs unterschieden, zumindest was den Landkrieg betrifft – der Seekrieg im Pazifik war ebenfalls ein Kampf von enormer Größe).

Historische Aufzeichnungen belegen, dass eine einheitliche militärische Kraft unter einem Kommando üblicherweise besser abschneidet als große Allianzen. Oder, um es anders auszudrücken, wenn sich große Allianzen bilden, dann gibt es meist den „einen großen Kerl“, der wirklich wichtig ist, und alles Andere ist mehr oder weniger Begleitmusik (natürlich sieht sich der einzelne Kombattant, der angegriffen, verstümmelt und getötet wird, nicht als „Begleitmusik“, aber das ändert nichts am Gesamtbild).

Wenn man von der NATO spricht, so gibt es in Wirklichkeit keine NATO außerhalb der USA. Die USA sind das einzige Land der NATO, das wirklich wichtig ist. Nicht nur in Hinsicht auf Zahlen und Feuerkraft, sondern auch in Hinsicht auf Aufklärung, Machtprojektion, Mobilität, Logistik etc. Jeder einzelne US-Kommandeur weiß das und versteht es völlig, und während er seinen nicht-US-Kollegen in Mons und auf Cocktailpartys in Brüssel gegenüber makellos höflich bleibt, werden die Amerikaner doch, wenn das sprichwörtliche Rinderexkrement den Ventilator trifft und jemand gehen muss und gegen die Russen kämpfen, sich nur auf sich selbst verlassen und froh sein, wenn der Rest der NATO-Mitglieder ohne Verzögerung aus dem Weg geht.

Klischee Nr. 6: Verlagerung nach vorne verschafft große Vorteile

Tag für Tag hören wir, wie die Russen sich beschweren, dass die NATO sich an ihre Grenzen bewegt, dass jetzt Tausende US-Truppen ins Baltikum oder nach Polen verlegt werden, dass die USA anti-ballistische Raketen nach Rumänien verlegt hat und dass die Schiffe der US-Navy im baltischen wie im schwarzen Meer ständig mit der russischen Küste schmusen. Und es stimmt alles und ist sehr beklagenswert. Aber die Russen sind ein bisschen unaufrichtig, wenn sie das alles als eine militärische Bedrohung Russlands darzustellen versuchen.

Die Wahrheit ist, dass die Verlagerung von US-Truppen in die baltischen Staaten oder die Entsendung von Schiffen der US-Navy ins Schwarze Meer ziemlich dumme Ideen sind , zum einen, weil die drei baltischen Staaten ohnehin nicht zu verteidigen sind, und zum anderen, weil das Schwarze Meer in jeder praktischen Hinsicht ein russischer See ist, auf dem das russische Militär jedes Schiff binnen einer halben Stunde oder weniger entdecken und zerstören kann. Die Amerikaner sind sich dessen ziemlich bewusst, und wenn sie vorhätten, gegen Russland loszuschlagen, würden sie es nicht von einem nach vorne verlagerten Schiff aus tun, sondern mit weitreichenden Luft-Boden-Waffen wie ballistischen oder gelenkten Raketen.

[Randnotiz: die Vorstellung, dass Russland jemals irgendeinen der baltischen Staaten angreifen wollte oder ein Schiff der US-Navy versenken, ist lächerlich und ich will keinesfalls nahelegen, dass das passieren könnte. Aber wenn man rein militärische Fragen betrachtet, sieht man sich Möglichkeiten an, nicht Absichten].

Die Reichweite moderner Waffen ist so groß, dass es im Falle eines Krieges in Europa vermutlich keine wirkliche „Front“ und kein „Hinterland“ geben wird, aber dem Feind näher zu sein bedeutet immer noch, leichter entdeckt zu werden und einer größeren Auswahl möglicher Waffen ausgesetzt zu sein. Einfach gesagt, je näher man der russischen Feuerkraft ist, den elektronischen Waffensystemen, den Aufklärungsnetzwerken und dem Personal, desto größer die Zahl der möglichen Bedrohungen, um die man sich Sorgen machen muss.

Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, dass eine Verlagerung nach vorn keinerlei Vorteile verschafft, das tut sie: die Waffensysteme reichen weiter, die Flugzeit eurer Raketen (ballistischer wie gelenkter) ist kürzer, eure Flugzeuge brauchen weniger Treibstoff, um in ihr Einsatzgebiet zu gelangen etc. Aber diese Vorteile haben einen sehr wirklichen Preis. Die augenblicklich nach vorne verlagerten US-Truppen sind im besten Falle eine Art Stolperdrahttruppen, deren Ziel politisch ist: Entschlossenheit zu zeigen. Aber sie sind keine wirkliche Bedrohung für Russland.

Klischee Nr. 7: Die USA und die NATO beschützen osteuropäische Länder

Auf dem Papier und in der offiziellen NATO-Propaganda sind ganz Europa und die USA bereit, nötigenfalls den dritten Weltkrieg zu beginnen, um Estland vor den revanchistischen russischen Horden zu bewahren. Wenn man betrachtet, wie die winzigen baltischen Staaten und Polen Russland kontinuierlich ankläffen und sich mit einem scheinbar endlosen Strom infantiler, aber dennoch arroganter Provokationen befassen, scheinen die Leute in Osteuropa das wirklich zu glauben. Sie denken, sie sind Teil der NATO, Teil der EU, Teil des „zivilisierten Westens“, und ihre AngloZionistischen Herren werden sie vor diesen schrecklichen Russkies beschützen. Dieser Glaube zeigt, wie dumm sie sind.

Ich habe oben geschrieben, dass die USA die einzige wirkliche militärische Macht in der NATO sind, und dass die militärische und politische Führung der USA das weiß. Und sie haben recht. Die Fähigkeiten des nicht-US-Teils der NATO sind ein Witz. Was glaubt ihr, sind, sagen wir, die belgischen oder polnischen Streitkräfte in Wirklichkeit? Richtig – sowohl ein Witz als auch ein Ziel. Und was ist mit den glorreichen und unbesiegbaren Portugiesen und Slowenen? Das Gleiche. In Wirklichkeit sind die nicht-US NATO-Truppen nur Feigenblätter, die die Tatsache verhüllen, dass Europa eine US-Kolonie ist – einige Feigenblätter sind größer, andere kleiner. Aber selbst die größten Feigenblätter (Deutschland und Frankreich) sind nicht mehr als das – ein Wegwerfgerät im Dienst der wirklichen Herren des Empire. Sollte je ein wirklicher Krieg in Europa ausbrechen, wird man all diesen großkotzigen europäischen Kleinstaaten erklären, verfickt nochmal aus dem Weg zu gehen und die großen Jungs ihren Job machen zu lassen. Sowohl die Amerikaner als auch die Russen wissen das, aber aus politischen Gründen werden sie das nie öffentlich zugeben.

Hier muss ich gestehen, dass ich das nicht beweisen kann. Ich kann nur mein persönliches Zeugnis anbieten. Als ich in Washington DC an meinem Master in Strategischen Studien arbeitete, hatte ich die Gelegenheit, eine Menge US-Militärpersonal zu treffen und mit ihnen Zeit zu verbringen, von Offizieren der Armored Cavalry, die im Fulda Gap stationiert waren, bis zum Stabschef der US-Navy. Das erste, das ich über sie sagen möchte, ist, dass sie alle Patrioten waren, und, denke ich, ausgezeichnete Offiziere. Sie alle waren absolut im Stande, den politischen Unsinn (wie die Einbildung, vorverlagerte US-Flugzeugträger sollten die Halbinsel Kola angreifen) davon zu unterscheiden, wie die USA wirklich kämpfen würden. Ein führender Offizier des Pentagon, der zum ONA gehörte (office of net assessment, eine Art Pentagon-interner Denkfabrik, AdÜ.), war da sehr offen und erklärte in unserem Klassenzimmer, „kein US-Präsident wird je Chicago opfern, um München zu schützen“. Anders gesagt, ja, die USA würden gegen die Sowjets kämpfen, um Europa zu schützen, aber sie würden den Kampf nie bis zu einem Punkt eskalieren, an dem das Territorium der USA durch sowjetische Atomraketen bedroht würde.

Der offensichtliche Fehler hier ist die Annahme, dass Eskalation geplant und kontrolliert werden könne. Nun, in den unterschiedlichsten Büros, Diensten und Abteilungen wird Eskalation geplant, aber all diese Modelle zeigen normalerweise, dass sie sehr schwer zu kontrollieren ist. Und was Deeskalation angeht, so kenne ich überhaupt keine guten Modelle, die sie beschreiben (aber meine persönliche Erfahrung mit diesen Dingen ist inzwischen recht alt, vielleicht haben sich die Dinge seit den späten 1990ern geändert?). Bedenkt, dass beide, die USA wie Russland, in ihren Militärdoktrinen den Einsatz von Atomwaffen vorsehen, um eine Niederlage in konventioneller Kriegsführung zu verhindern. Wenn wir also glauben, wie ich es tue, dass die USA nicht bereit sind, um, sagen wir, Polen zu retten, zu Atomwaffen zu greifen, dann heißt das im Grunde, dass die USA ebenfalls nicht bereit sind, Polen konventionell zu verteidigen, oder zumindest, es nur ein wenig zu verteidigen bereit sind.

Noch einmal, die Vorstellung, Russland würde irgend jemanden in Europa angreifen, ist mehr als lächerlich, kein russischer Staatsmann würde jemals einen derart dummen, nutzlosen, kontraproduktiven und selbstzerstörerischen Plan in Erwägung ziehen, schon allein, weil Russland gar kein Gebiet braucht. Wenn Putin Poroschenko sagt, dass er den Donbass nicht übernehmen will, wie wahrscheinlich ist es dann, dass die Russen davon träumen, Litauen oder Rumänien zu besetzen? Ich fordere jeden dazu auf, mir irgendeinen rationalen Grund zu liefern, warum die Russen irgendein Land im Westen (oder irgendwo anders) angreifen wollen sollten, selbst wenn dieses Land kein Militär hat und nie Mitglied einer Militärallianz war. Tatsächlich hätte Russland im Krieg des 08.08.08 leicht in Georgien einmarschieren können, hat es aber nicht getan. Und wann habt ihr das letzte Mal gehört, dass die Mongolei oder Kasachstan einen russischen (oder chinesischen) Einmarsch fürchten?

Die schlichte Wahrheit ist also, dass trotz all dieser großen Gesten und der stimmgewaltigen Behauptungen, Europa gegen die „russische Bedrohung“ verteidigen zu wollen, es keine russische Bedrohung gibt, so wie die USA nie absichtlich einen nuklearen Schlagabtausch mit Russland beginnen würden, um Chisinau oder gar Stockholm zu verteidigen.

Schlussfolgerung

Wenn all das Obige nur Klischees sind, die keinen Bezug zur Wirklichkeit haben, warum sind die westlichen Konzernmedien so voll mit diesem Unsinn? Vor allem aus zwei Gründen: Journalisten sind meist „Hans Dampf in allen Gassen“, aber Meister in gar nichts, und sie ziehen es bei weitem vor, die vorgefertigte Propaganda weiterzureichen, statt den Aufwand zu treiben, etwas wirklich zu verstehen. Die sprechenden Köpfe im Fernsehen, die verschiedenen Generäle, die auf CNN und dem Rest als „Experten“ reden, die sind ebenfalls schlichte Propagandisten. Die wirklichen Profis sind damit beschäftigt, für die unterschiedlichen Regierungsagenturen zu arbeiten, und sie setzen sich nicht live ins Fernsehen, um von der „russischen Bedrohung“ zu reden. Aber der wichtigste Grund für diese unsinnige Propaganda ist, dass durch die ständige Vortäuschung, ein militärisches Thema zu diskutieren, die anglozionistischen Propagandisten den wahren Charakter des sehr wirklichen Konflikts zwischen Russland und den USA um Europa verbergen: ein politischer Kampf um die Zukunft Europas: so wenig Russland die Absicht hat, irgendwo einzumarschieren, hat es doch ein enormes Interesse daran, Europa aus seinem gegenwärtigen Zustand als US-Kolonie/Protektorat zu lösen. Die Russen haben völlig begriffen, dass zwar die gegenwärtigen europäischen Eliten unter einem manischen Russenhaß leiden, die meisten Europäer aber nicht (mit der möglichen Ausnahme der baltischen Staaten und Polens). In diesem Sinne ist die Entscheidung beim Eurovisions-Wettbewerb, bei dem die Publikumsentscheidung von den sogenannten „Experten“ gekippt wurde, höchst symbolisch.

Der erste Generalsekretär der NATO hat ihren Zweck sehr offen ausgesprochen: „die Russen draußen halten, die Amerikaner drinnen, und die Deutschen unten“. Die Russen wollen es genau anders herum: die Russen drinnen (ökonomisch, nicht militärisch, natürlich), die Amerikaner draußen und die Deutschen oben (ökonomisch, wieder). Das ist der wirkliche Grund für all die Spannungen in Europa: die USA wollen verzweifelt einen zweiten Kalten Krieg, während Russland ebenso bemüht ist, ihn zu verhindern.

Wie würde also ein Krieg zwischen Russland und den USA aussehen? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Das hängt alles von so vielen verschiedenen Faktoren ab, dass es fast unmöglich vorherzusagen ist. Das heißt nicht, dass es nicht passieren kann oder wird. Es gibt eine Reihe sehr schlechter Anzeichen, dass das Empire auf unverantwortliche Weise handelt. Eines der schlimmsten ist, dass der NATO-Russland-Rat fast völlig außer Funktion ist.

Der Hauptgrund für die Schaffung des NATO-Russland-Rats war, sicherzustellen, dass sichere Kommunikationswege offen sind, insbesondere in einer Krise oder einer Spannungssituation. Um ihr Missfallen an Russland wegen der Ukraine zu signalisieren, hat die NATO den NATO-Russland-Rat fast völlig abgeschaltet, obwohl er für genau diesen Zweck geschaffen wurde.

Mehr noch, auch wenn die Verlagerung nach vorne militärisch oft nutzlos ist, ist sie dennoch möglicherweise gefährlich, weil ein örtlicher Zwischenfall zwischen den beiden Seiten schnell zu etwas sehr Ernstem eskalieren kann. Insbesondere, wenn wichtige Kommunikationslinien zuvor schon beseitigt wurden. Die Gute Nachricht, relativ gesehen, besteht darin, dass die Notfallkommunikation zwischen dem Kreml und dem Weißen Haus noch besteht, und dass es zwischen den russischen und den US-amerikanischen Streitkräften ebenfalls direkte Notfallkanäle gibt. Aber am Ende des Tages ist das Problem kein technologisches, sondern ein psychologisches: die Amerikaner sind offenbar unfähig oder unwillens, über überhaupt irgendetwas zu verhandeln. Irgendwie haben die Neocons ihre Weltsicht dem tiefen Staat der USA eingeprägt, und diese Weltsicht besteht darin, dass sich in der Dynamik zwischen Russland und den USA nichts bewegen darf, dass es nichts zu verhandeln gibt, und dass die einzig denkbare Herangehensweise darin besteht, Russland mit Mitteln der Isolation und Einhegung zu zwingen, sich zu fügen und dem Empire zu unterwerfen. Das wird natürlich nicht funktionieren. Die Frage ist, ob die Neocons die intellektuellen Fähigkeiten besitzen, das zu verstehen, oder ob, alternativ, die „alten“ Anglo-US-Patrioten die „Irren aus dem Keller“ (wie Bush Senior die Neocons zu nennen pflegte) aus dem Weißen Haus kicken können.

Aber wenn Hillary es im November ins Weiße Haus schafft, dann werden die Dinge wirklich beängstigend. Erinnert ihr euch, dass ich sagte, kein US-Präsident würde je eine Stadt der USA zur Verteidigung einer Stadt in Europa opfern? Nun, das setzt einen patriotischen Präsidenten voraus, einen, der sein Land liebt. Ich glaube nicht, dass die Neocons einen Pfifferling auf Amerika geben oder auf das amerikanische Volk, und diese Irren könnten durchaus denken, dass es den Preis wert ist, eine (oder viele) US-Städte zu opfern, wenn man dafür Atomraketen auf Moskau werfen darf.

Jede Theorie der Abschreckung setzt einen „rationalen Akteur“ voraus, keine psychopathische, hasserfüllte Kabale von „Irren aus dem Keller“.

Während der letzten Jahre des Kalten Krieges hatte ich weit mehr Angst vor den Gerontokraten im Kreml als vor den Anglo-Offizieren und den Offiziellen des Weißen Hauses oder des Pentagon. Jetzt fürchte ich die (relativ) junge Generation des „arschleckenden kleinen Hühnermists“ von Offizieren à la Petraeus, oder Wahnsinnigen wie General Breedlove, die an die Stelle der Kalten Krieger „alten Stils“ getreten sind (wie den Admirälen Elmo Zumwalt, William Crowe oder Mike Mullen), die zumindest wussten, dass ein Krieg gegen Russland um jeden Preis vermieden werden muss. Es macht mir regelrecht Angst, festzustellen, dass das Empire jetzt von unprofessionellen, inkompetenten, unpatriotischen und ehrlosen Männern geführt wird, die entweder von hasserfüllten Ideologien angetrieben werden oder deren einziges Lebensziel darin besteht, ihren politischen Vorgesetzten zu gefallen.

Die Beispiele von Ehud Olmer, Amir Peretz und Dan Halutz, die 2006 gegen die Hisbollah in den Krieg zogen, oder Saakaschwilis Versuch einer ethnischen Säuberung Südossetiens 2008 haben der Welt gezeigt, dass Führer, die von Ideologie getrieben werden, absolut nicht zu gewinnende Kriege anfangen können, insbesondere, wenn sie ihrer eigenen Propaganda über ihre Unbesiegbarkeit glauben. Hoffen und beten wir, dass diese Art Irrsinn nicht die jetzige US-Führung ergreift. Das beste, was für die Zukunft der Menschheit geschehen könnte, wäre, wenn wieder wirkliche Patrioten in den Vereinigten Staaten an die Macht kämen. Dann könnte die Menschheit endlich einen großen Seufzer der Erleichterung von sich geben.

Der Saker

Für Vertrauen muss man in die Augen sehen (I)

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Interview mit Lothar Häupl von WIBP e.V.

Dieses Interview kommt mit einem Tag Verspätung, weil es so lang ist. Eigentlich sollte es noch gestern auch an den Jahrestag der Ermordung von Alexej Mosgowoj erinnern, der mit Sicherheit eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten des Donbass war. Ich bitte, die Verzögerung nachzusehen. D.H.

Lothar, wir machen dieses Interview, weil Du mit anderen schon seit einiger Zeit recht aktiv in der humanitären Hilfe für den Donbass engagiert bist. Vielleicht magst Du ja erst etwas zu Dir persönlich sagen.

Lothar Häupl: Ich bin 66 Jahre alt, und ich habe mich mit dem Thema proletarischer Internationalismus und Solidarität beschäftigt, solange ich in der Politik bin, und das ist seit 1971. Und wenn man dazu eine klare Position hat, ist damit schon gegeben, um wessen Interessen es hier geht. So hat das sich ergeben, verschärft seit 1999. 1999 war ich mit einer großen Delegation in Belgrad, als der Krieg losging. Seitdem habe ich nicht nur geredet, sondern mit anderen hier in Dresden, auch aus Deutschland, immer etwas dafür getan, für Solidarität, Internationalismus und jetzt auch humanitäre Hilfe. Übrigens haben wir damals auch nach Belgrad Sachen hingebracht, als der Krieg losging.
Es muss eine Einheit geben aus dem, was uns im Kopf beschäftigt und was die Hände dann tun, sonst sind wir nicht mehr glaubwürdig. Das ist eigentlich der Grundsatz, warum wir hier in Berlin, in Dresden und anderswo auch dafür gewirkt haben, wir sammeln, wir sammeln, wir sammeln, und schaffen das dann auch nach Donezk, nach Altschewsk, nach Lugansk, über Umwege, in den Donbass. Das hat bis heute angehalten und hat auch dazu geführt, dass sich viele angeboten haben, mit uns zusammen zu arbeiten und das weiter zu verwirklichen. Darum haben wir, auch ich persönlich, 2014 zweimal gesagt, wir reisen dorthin.

Wie oft warst Du eigentlich jetzt schon im Donbass?

Ich war dort zwei Wochen im Februar 2015, da bin ich überwiegend mit gespendetem Geld über Moskau und Belgorod nach Donezk gereist. Das heißt, ich bin bis Belgorod geflogen, in Belgorod habe ich Medikamente gekauft, Essen und anderes mehr, da kam insgesamt eine Tonne zusammen an Hilfsgütern, die wir dann über die Strecke nach Rostow am Don und dann nach Donezk gebracht haben. In Donezk, in Altschewsk und Lugansk haben wir das unter der Bevölkerung, in Kindereinrichtungen und in Debalzewo verteilt. Das zweite Mal waren wir im Mai dort. Llosgefahren sind wir am 2.Mai 2015 in Dresden, sind am 08. Mai in Donezk angekommen und waren dort anderthalb Wochen und haben die Hilfsgüter, die wir diesmal direkt aus Deutschland mitgenommen haben, dort übergeben, im Kinderkrankenhaus, bei Waisenkindern, bei der ärmsten Dorfbevölkerung und dergleichen mehr.
Es ist nun natürlich einiges weiter in Vorbereitung, aber ich bin auch der Meinung, wir müssen für die Zukunft weiter eine solide Arbeit organisieren, in Zusammenarbeit mit anderen, damit wir noch weiter konkrete Hilfe leisten. Aber humanitäre Hilfe ist die eine Seite, es gibt noch andere Dinge, die zu organisieren sind.

Ich habe ja auch Kontakt zu den Leuten von „Friedensbrücke – Kriegsopferhilfe“, über die Spendenaktion für Schulkinder in Donezk hatten wir auf der Seite berichtet; sie hatten damals große Schwierigkeiten, die Hilfsgüter, die sie gesammelt hatten, tatsächlich nach Donezk zu kriegen, weil inzwischen eine Registrierung für Hilfsorganisation erforderlich ist, was man verstehen kann, alles aber sehr kompliziert machte. Hattet ihr ähnliche Schwierigkeiten, und falls ja, wie habt ihr sie gelöst?

Mit Friedensbrücke – Kriegsopferhilfe e.V. werden wir in den nächsten Tagen weitere Vereinbarungen treffen, wie wir weiter zusammenarbeiten werden. Da wird es eine Kooperation geben. Wir sprechen noch darüber, wie wir das realisieren.

Die andere Seite, was die Schwierigkeiten betrifft, da möchte ich ein paar Dinge differenzierter betrachten. Das erste, wenn man da Hilfe leistet, muss man wissen, dass man das in einem Gebiet tut, in dem Krieg herrscht. Auch wenn dort Volksentscheide stattgefunden haben, es ist dort Krieg, und darüber wird hier leider nie gesprochen. Und unter diesen Bedingungen kommst du nicht in jedes Gebiet ganz alleine rein. Das zweite, das damit verbunden ist, machen wir uns nichts vor, über den offiziellen Weg, den man gehen könnte, Kiew, Donezk usw., kommt man nicht durch. Das heißt, dass Deutschland alle Hilfe für den Donbass sperrt bzw. keine Hilfe leistet. Auch wenn ab und zu mal so eine kurze Information kommt, da sei das Rote Kreuz unten und so, aber offiziell ist der Donbass international nicht anerkannt und damit wird alles blockiert, was die Wege der humanitären Hilfe angeht. Man versteckt sich hinter Minsk II, obwohl das teilweise schon gescheitert ist. Weil das auch nur ein Aushängeschild ist, um die Leute hier zu beruhigen. Es hat eigentlich keine Linderung gebracht.

Drittens, wenn man nicht über Kiew, also das offizielle Terrain der Ukraine dahin kommt, gibt es auch noch das Problem, dass über Polen zu tun, wie wir im Mai gefahren mit den Autos fahren mussten, also Belorussland oder Litauen, dann durch Russland, irgendwo nach Lugansk bzw. Donezk: das ist zusammen eine Strecke von rund 3 000 Kilometern, obwohl eigentlich ein kürzerer Weg möglich wäre. Aber über die faschistoiden Verhältnisse in der Ukraine / Kiew brauchen wir uns nichts vormachen, da haben wir keine Chance.

Ein viertes Problem, das damit verbunden ist, ist auch noch – aber das ist im Klärungsprozess, wohlwollend im Klärungsprozess.. – im Mai sind wir von Polen über den Grenzübergang Brest nach Belorussland gefahren. Wir wollten unbedingt die südliche Strecke durch Belorussland fahren. Um zu zeigen, wir wollen die kürzeste Strecke fahren und uns nicht in die Fänge von irgendwelchen Leuten in Litauen oder so begeben, die am Ende die Hilfe noch blockieren. Dieser Weg über Weißrussland war erst mal sehr, sehr schwierig. Aber es war trotzdem gut, dass wir das gemacht haben. Wir haben jetzt ganz gute Verbindungen zur weißrussischen Botschaft, und damit auch zu den politischen Kräften in Weißrussland, und wir haben auch sehr gute Unterstützung und Hilfe aus Russlands über MCS (das ist das Katastrophenschutzministerium), in Russland, Weißrussland und Donbass erhalten. Deshalb habe ich gesagt, lasst uns auch mit Friedensbrücke die Gespräche aufgreifen, die sind jetzt in Vorbereitung, damit in der Zukunft den Weg in das Kriegsgebiet, ich sage immer wieder, das Kriegsgebiet, auch nach Gorlowka, wo die Kinder in Bunkern leben, oder nach Donezk, so geebnet wird, dass auch etwas erreicht wird.

Das sind ja schon einmal ganz gute Nachrichten.

Aber die Mühlen mahlen für unsere Verhältnisse, wie wir uns das manchmal vorstellen, oder die Menschen das in den Medien hören, langsam. Man muss sagen, es gilt auch in dieser Richtung, bei den offiziellen Leuten wie bei den Organisationen, als auch bei den Menschen, Vertrauen zu schaffen. Da kommen irgendwelche Leute aus Deutschland, es sind früher ja auch welche nach Russland oder in die Sowjetunion gereist, für die nicht in jedem Fall ohne weiteres das Vertrauen dagewesen ist. Deshalb ist es so wichtig, dass man persönlich da vor Ort ist, mit den Menschen spricht, und da haben wir ja auch die positive Resonanz wiederbekommen, von der lebe ich, von der leben wir heute natürlich auch.

Sprichst du russisch?

Na ja, ich spreche so viel Russisch, dass ich mich, wenn es langsam geht, verständigen kann, dass ich bei dem einen oder anderen Interview einen russischen Satz von mir geben kann. Das ist natürlich ein Vorteil. Mein Russisch stammt noch aus der Schulzeit, bei uns wurde ja Russisch gelehrt. Ich war zwar nicht der Beste, aber die Jahre, wo ich ab 94 in der Ukraine gewesen bin, und alleine zurecht kommen musste, haben mir geholfen. Also, ich bin kein Dolmetscher, aber sie verstehen mich.

Ihr wart in Altschewsk bei Mosgowoj, welchen Eindruck hast Du persönlich von ihm gehabt?

Wir waren in Donzek, wir waren in Lugansk. Im Februar, als ich alleine war, war ich in Altschewsk, bei der Brigade, der kommunistischen Brigade dort, und habe mit ihnen über bestimmte Dinge gesprochen, auch was ihr Anteil am Sieg in Debalzewo war, und was die notwendige Solidarität betrifft. Da habe ich mit Kommandeuren gesprochen, aber auch mit ganz normalen Leuten, aus Donezk, Russsland, einzelnen Internationalisten, die da sind. Und auch im Mai sind wir mehrfach in Altschewsk gewesen. Wir haben in Altschewsk mit der Kommandantur und auch mit Alexej Mosgowoj persönlich gesprochen. Das war 14.,15. Mai; da waren wir bei der Brigade, haben über Hilfsleistungen humanitärer Art, Hilfsleistungen für die Brigade wie für die Menschen, geredet; besprochen, was alles möglich sein könnte und was es wie zu organisieren gilt. Ich bin ganz froh, dass wir, nachdem wir in Donezk, im Umland von Donezk und in Lugansk Hilfsgüter abgeliefert hatten, in Altschewsk für das Lager der Brigade, die ja dort auch humanitäre Hilfe für die Bevölkerung organisiert, noch Hilfsgüter übergeben konnten und sehen konnten, wie kompliziert die Arbeit ist, die sie dort zu leisten haben. Kompliziert, weil sie auf Hilfgüter angewiesen sind, die aus Russland kommen, aber teilweise auch von uns gekommen sind; man muss dort Kindern und alten Leuten Unterstützung geben. Das Lager war, als wir da waren, ich möchte mal sagen etwas dürftig gefüllt.

Aber eins muss ich dazu sagen: ich hatte wirklich herzliche und wohltuende Gespräche, sowohl mit Alex Mosgowoj als auch seinen Kommandeuren, die ja jetzt die Brigade weiter führen. Die Arbeit, die die Kommunisten dort leisten – wenn irgendjemand von Spanien gehört hat, und wie sie damals dort gekämpft haben – so kompliziert sind auch deren Arbeitsverhältnisse, und so leisten und organisieren sie dort heute Solidarität. Es ist dringend nötig, politisch, organisatorisch, wirtschaftlich und finanziell, denen in Altschewsk, all denen, die vor Ort konkret etwas tun, Hilfe und Unterstützung zu geben. Das ist auch der Grund, warum wir mit Friedensbrücke das Thema “Kalinka braucht Hilfe!”gemeinsam fortführen werden. Unser Verein heißt zwar “Workshops, Idenenbörsen, Bildung und Projekte”e.V. und ist gemeinnützig tätig. Für den Donbass haben wir aber speziell ein Projekt definiert, welches unter den symbolischen und historischen Slogan “Kalinka braucht Hilfe!” Solidarität leistet und gleichzeitig auch an das Ende des 2. Weltkriegs erinnert, als auch besiegte Deutsche vor allem aus der Sowjetunion / Russland Hilfe bekamen und die Hungersnöte gelindert wurden.

Die wichtigste derzeitige Aufgabe ist aber: wir müssen in Zukunft noch stärker mit den offiziellen Kräften in Donezk, Lugansk, Altschewsk zusammenarbeiten, die die humanitäre und politische Hilfe vor Ort organisieren. Leider gibt es in den Gebieten des Donbass auch Leute, die einen leicht zweifelhaften Ruf haben. Das muss man der Ehrlichkeit halber auch dazu sagen. Und deshalb ist es so wichtig, dass ein Verfahren aufgebaut wird, dass man die Organisation der Hilfe, Koordinierung und Unterstützung dort nicht irgendwelchen X-beliebigen Leuten überlässt. Für Vertrauen muss man den Menschen in die Augen sehen, und merken, dass eine Resonanz rüberkommt.

Was war Dein persönlicher Eindruck von Mosgowoj?

Ich werde mal das ganze große, was Kommandeursarbeit angeht, weglassen. Jener Teil von Mosgowoj, den wir erlebt haben, und das ist auch im Video zu sehen, das war ein sehr prinzipieller Kommunist im wahrsten Sinne des Wortes. Bescheiden, auf der einen Seite, konsequent, auch, was seine Arbeit und vor allen Dingen die Anforderungen an das Kollektiv anging. Er hat alles dafür getan, in die Bevölkerung positiv auszustrahlen. Dort, wo die Armee mit der Bevölkerung verbunden war, hat er seinerseits alles getan, dass dieses Vertrauen gerechtfertigt ist. Weil er so prinzipiell, mit seinen Partnern an seiner Seite, seine solidarische, humanitäre, kommunistische Politik verfolgt hat, hatte er dort in jener Zeit auch sehr viele Anhänger. Es gibt in solchen Situationen immer welche, die auch gegen jemand sprechen; aber das war ein Mensch, der hat alles für die Interessen der Menschen in seinem Verantwortungsbereich und die Bevölkerung getan.
Als wir dann am 25. Mai wieder hier waren, hat es uns schon sehr getroffen; wenn man wenige Tage zuvor einen solch ehrlichen Kommunisten, einen solch engagierten Mann kennengelernt hat, der noch mehr gegeben hätte als das Leben, welches ihm auf hinterhältige Weise genommen wurde bzw. er dann, von wem auch immer, umgebracht worden ist… Es wird für mich ein unvergessliches Erlebnis bleiben, mit diesem Mann mehrfach in Altschewsk geredet zu haben.

Hier das Video, mit dem der Verein seine Hilfslieferung dokumentiert hat:

Aus einer bestimmten Ecke gab es hier von Anfang an ja Behauptungen, das seien im Donbass alles Nationalisten, oder überwiegend Faschisten; in einem Text, der kürzlich auf Indymedia erschien, wurde das nicht nur Gubarew vorgeworfen, sondern selbst Mosgowoj. Du warst dort, du hast mit den Menschen geredet – hattest du irgendwie jemals den Eindruck, an diesen Behauptungen wäre etwas dran?

Ich will versuchen, dir das zu beantworten. Ich bleibe bei dem, was ich gerade gesagt habe, zu der ganzen Brigade, zu der Arbeit, dem Kampf, den sie dort haben, und dass sie versuchen, das Beste draus zu machen. Das sehe ich überhaupt nicht, Mosgowoj da in irgendeine solche Ecke zu rücken. Es gibt irgendwelche, die machen eigene Spielchen, da werden schnell irgendwelche Gerüchte verbreitet. Ich habe verstanden, was dort gesagt wurde, und wir hatten auch noch Dolmetscher dabei; wenn ich eine Nachfrage hatte, wurde es erklärt. An dieser Diskussion werde ich mich nicht beteiligen und ich kann sie nicht bestätigen. Das als erstes.

Die Situation jetzt, zwei Jahre nach den Referenden in Donezk und Lugansk, die nicht ganz einfach ist, da dürfen wir natürlich gewisse Schwierigkeiten nicht übersehen. Deshalb habe ich vorhin gesagt, ich möchte in Zukunft mit möglichst offiziellen Leuten zusammenarbeiten, wo ich Vertrauen habe und weiß, da werden keine krummen Geschäfte gemacht. Politisch, humanitär, wirtschaftlich usw. In der Form befürworte ich das und arbeite daran.

Da muss man aber der Ehrlichkeit halber Folgendes mit berücksichtigen: das hat nichts mit Mosgowoj zu tun und ist auch kein massenhaftes Phänomen. Es steht fest, im ganzen Donbass – in Donezk sagt man, ein Drittel der Industrie, der Wirtschaft gehört dem Staat, und wird von ihm geleitet. Zwei Drittel der Wirtschaft befinden sich noch in der Hand von Oligarchen, die teilweise in Kiew sitzen, teilweise woanders, und dafür sorgen, dass die eigene Produktion, die eigene Wirtschaft im Donbass behindert wird. Das ist etwas ganz anderes. Daraus ergibt es sich, dass diese Kräfte, ob es die Regierungsverantwortlichen in Donezk sind, ob das die Brigade in Altschewsk ist, gegen solche Machenschaften ständig ankämpfen müssen und nicht gerade besonders unterstützt werden. Wenn man das außer Acht lässt, kommt es ganz schnell zu irgendwelchen Gerüchten, das irgendwer irgendetwas macht. Und es gibt natürlich auch einige. Und deshalb möchte ich mit den offiziellen Kräften zusammenarbeiten, weil es einzelne Grüppchen gibt, dazu gehört die Brigade Prisrak nicht, die irgendwelche Machenschaften verfolgen, wo man nicht sicher sein kann, welche politischen Gruppen sie unterstützen oder geht es nur um Korruption und ähnliches. Ich konnte das nachvollziehen, weil ich mit den Verantwortlichen gesprochen habe, mit den Menschen gesprochen und mich vor Ort von dieser Situation überzeugt habe.

Ein letztes Beispiel dazu, wo es ganz deutlich wird: in der Nähe von Altschewsk befindet sich das ehemals größte Stahlwerk Europas, kilometerlang. Da sind zur Zeit ein oder zwei Tage in der Woche Menschen drin, die dafür sorgen, dass die Maschinen und das, was notwendig ist, funktionsfähig bleiben. Aber es wird kein Stahl mehr produziert. Weil dieses Stahlwerk in den Händen irgendeines Oligarchen oder ausländischen Kräften ist, die nicht derzeit keine Produktion organisieren, was schließlich für die Bevölkerung Riesenschwierigkeiten bedeutet (keine Arbeit, kein Stahl, kein Export und damit kein Lohn). Sie kriegen keine Renten, keinen Lohn usw.. Daraus ergibt sich eine ganz schwierige Situation, die die Grundlage dafür bildet, dass Gerüchte entstehen. Es mag sicher noch den einen oder anderen geben, der noch zur Verantwortung gezogen werden muss, aber bei den Leuten, mit denen ich geredet habe, bin ich der Überzeugung, die sind auf dem richtigen Weg.

Für Vertrauen muss man in die Augen sehen (II)

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Die wirkliche humanitäre und soziale Situation im Donbass kommt hier als wahrheitsgemäße offizielle Information überhaupt nicht an. Dabei gab es die erste Nachricht, die zeigte, dass von Kiew aus die Situation absichtlich verschlechtert wird, schon sehr früh, Mitte April 2014. Damals hieß es, es gäbe kein Insulin mehr im Donbass, weil Kiew die ukrainischen Hersteller angewiesen hätte, nicht mehr in den Donbass zu liefern. Im Prinzip wurde seither aus Kiew nur immer weiter eskaliert; die Verpflichtungen, die Kiew nach Minks II hatte, die Renten wieder zu zahlen, humanitäre Versorgung nicht länger blockieren, werden nicht erfüllt.

Welche Möglichkeiten siehst Du eigentlich, die humanitäre Situation im Donbass hier bekannter zu machen?

Erst mal zu den Fakten, von denen Du gesprochen hast. Nicht nur was Insulin angeht; das ist noch viel schlimmer. Seit den Referenden am 11.5.2014 hat Kiew nicht nur alles, was Medikamente und dergleichen betrifft, blockiert; es hat auch den Geldfluss, für den es eigentlich verantwortlich ist, gekappt; alles, was Geld betrifft, ist eingestellt worden. Selbst die einfachen Rentner, die alten Mütterchen, mit denen ich geredet habe, die haben alle schlicht keine Rente mehr bekommen. Wenn sie Rente haben wollten, mussten sie nach Kiew fahren, um sie dort zu erbetteln. Das kann sich jeder vorstellen, wenn er keine Rente mehr hat – wovon soll er dann leben?

Als ich letzten April in Donezk war, standen gerade große Schlangen vor den Banken für die ersten Rentenauszahlungen durch die Donezker Regierung; nachdem Kiew schon monatelang gar nichts gezahlt hatte.

Das ganze Bankensystem, da geht es nicht nur um Rente oder Lohn, sondern um die ganze Wirtschaft, das ganze Bankensystem ist seit dieser Zeit zusammengebrochen. Es funktioniert nur noch das Notwendigste. Weil die Oligarchen, denen die privaten Banken gehören, woanders sitzen. Dadurch konnte Kiew das Banksystem abschalten. Das hat Auswirkungen auf Medikamente, auf die Wirtschaft, auf die humanitäre Situation im Allgemeinen wie im Besonderen. Es gibt teilweise wenig zu essen, manchmal gibt es einige Dinge zu kaufen, aber wenn die Leute wenig Geld haben, nur das Mindeste, können sie sich auch nicht viel leisten. Die Situation ist schlimmer, als man sich das in hiesigen Verhältnissen vorstellen kann.

Die andere Seite ist natürlich die Frage, wie man das den Menschen hier ins Bewusstsein bringen kann. Als wir zum ersten Jahrestag des Referendums drüben waren, hat das ZDF länger über uns berichtet und wir konnten das sagen, was wir sagen wollten. Die sind auch mit ins Krankenhaus und haben auch darüber berichtet, was da wirklich los ist. Seit dieser Zeit habe ich in den offiziellen Medien selten Berichte gesehen, die das tun, und es wäre nötiger denn je.

Die nächste Seite ist, es gibt ein technisches, politisches und menschliches Problem. Dagmar, Du hast gesagt, du bist selber im Donbass gewesen. Es gibt immer wieder Menschen, die drüben sind, es wird auch auf youtube an ein paar Stellen berichtet, was in Gorlowka passiert, am Flughafen Donezk, welche Gefechte es gibt und wieviele Tote es sind. Wir haben eigentlich die dringende Aufgabe hier, dass all die Organisationen, die es wirklich ehrlich meinen mit Solidarität und Internationalismus, sich an einen Tisch setzen und miteinander reden, um an einem Strang zu ziehen, um hier die Bevölkerung aufzuklären, was da eigentlich los ist. Es ist ja nicht nur Donbass, das ist ja mit Syrien genauso schlimm in der Frage.

Solange hier mit unterschiedlichen Sprachen oder Sprachrohren gesprochen wird und manche selbst unserer eigenen politischen Organisationen sich gar nicht so richtig trauen, weil sie den offiziellen Medien auf den Leim gehen, darüber zu berichten, ist das schwer. Wir haben die dringende Notwendigkeit, alles zu tun, dass das an die Öffentlichkeit kommt.

Das dritte Problem, damit verbunden, wo wir im Mai, am 11.Mai in Donezk mit dabei waren, da fuhr natürlich auch die OSZE, die Beobachtergruppe, da rum, die ja im Zusammenhang mit Minsk II beschlossen worden ist. Deren Arbeit – da muss man sich eigentlich an die Regierung hier wenden, speziell an den Außenminister, der ja im Moment für die Berichterstattung der OSZE verantwortlich ist – damit über die OSZE die Öffentlichkeit und die Medien richtig informiert werden, was dort wirklich los ist. Die Berichte der OSZE sind, so habe ich das erlebt, zum großen Teil über die Interessen der Ukraine und nicht über die Interessen und die Lebenssituation der Menschen.

Um das alles zusammenzufassen: wir haben bei uns selbst dafür zu sorgen, den Leuten, die da drüben sind, eine Möglichkeit zu geben, das zu vermitteln, damit auch hier in Deutschland darüber berichtet wird, was dort wirklich los ist, weil die offiziellen Medien das nicht tun. Und das zweite ist, ich will das in dem Zusammenhang sagen: man muss alles tun. Wir haben deshalb auch mit Unterstützung von Roman Manekin, Berater der Regierung in Donezk – den ich im Februar und Mai kennen lernte und zu schätzen weiss – mit anderen, insbesondere gemeinsam mit Friedensbrücke-Kriegsopferhilfe e.V. einen Brief, an die deutsche Bundesregierung / Bundeskanzlerin, an den den deutschen Bundespräsidenten verfasst und abgesendet und haben sie aufgefordert, eine andere Politik einzuschlagen.

Ich weiß auch, was die Realität ist. Aber wir haben sie zumindest aufgefordert, Maßnahmen einzuleiten. Die ganze Bevölkerung müsste eigentlich, wenn sie aufgeklärt ist, auf die Straße gehen und fordern, dass Minks II endlich durchgesetzt wird. Obwohl dieses Abkommen schon fast gescheitert ist. Es ist fast zu spät.

Und deshalb sind die Informationen so wichtig, und ist es so wichtig, dass die politischen Organisationen, auch die antifaschistischen, die humanitären, die kommunistischen, die linken, auf die Straße gehen, an einen Tisch kommen, damit es hier zu einer gemeinsamen Informationspolitik kommt. Das ist dringend nötig. Sonst wird das dort noch eine schlimme Situation.

Kannst Du uns noch ein konkretes Projekt von Euch beschreiben, damit es fassbarer wird, wo ihr geholfen habt?

Bei den zwei Reisen, die wir hier angesprochen haben, ging es ums Kinderkrankenhaus in Donezk, in dem wir waren, mit Medikamenten und Desinfektionsmitteln und so; es ist ohnehin ziemlich schwierig gewesen, das alles hinzubringen. Das haben wir in einer Situation gemacht, als die Lage in den Krankenhäusern dort sehr, sehr schwierig war. Hilfe wird immer gebraucht, aber es gibt mittlerweile auch die Information, dass es durch russische Hilfe, was das Problem der Medikamente angeht, viel besser geworden ist. Wir haben dazu beigetragen, auch, dass das ins Gespräch gekommen ist, denn das ist damals auch durch die russischen Medien gegangen. Aber im Moment schätzen die Offiziellen das so ein, dass das Problem der Medikamente zum großen Teil gelöst ist. Das heißt natürlich nicht, dass es keine Schwierigkeiten gibt; wenn Krankenhäuser von ukrainischer Seite etwa bombardiert werden, dann gibt es natürlich Probleme.

Insofern sage ich, die Hilfe bei Mosgowoj, die Hilfe bei den Waisenhäusern, die ja mitten im Kriegsgebiet waren, wo die Schäden direkt an den Häusern zu sehen waren, die Hilfe war und ist schon immer wieder wichtig. Insofern ist es auch sehr wichtig, was Friedensbrücke – Kriegsopferhilfe gemacht haben und machen, wenn sie die Kinder, die in Gorlowka teilweise unter den Beschuss der ukrainischen Armee geraten waren, dort zeitweise herausgeholt haben, in Absprache mit den Eltern und den Schulen, und sie in Sicherheit nach Rostow gebracht haben, in ein Objekt, das sie finanziert haben. Und wo man eigentlich sagen muss: Riesendank all jenen, auch in Deutschland, die dazu beigetragen haben, dass die Mittel zusammengekommen sind, dass die Kinder versorgt wurden, dass sie dorthin gebracht worden sind, dass sie dort gepflegt werden. Und dass sie dann vielleicht, wenn dort alles wieder in Ordnung ist, zu ihren Eltern nach Gorlowka oder woanders hin wieder zurückkommen. Das sind Projekte, die sind ganz hervorragend. Es gibt auch Kunstausstellungen mit Bildern, die die Kinder gemalt haben, die sie finanziert haben. Es sind die unterschiedlichsten Projekte.

Wir sind damals mit ein paar Leuten im Bunker gewesen, da waren Mütter mit Kleinkindern, die versorgt werden mussten, das sind viele, viele Einzelprojekte.

Aber das große Problem, vor dem wir jetzt stehen, denn man muss ja nach vorne gucken – neben der humanitären Hilfe, die Geld kostet, wenn sie aus Deutschland nach Donezk gebracht wird, das kann man ja nicht einfach durch die Luft schmeißen – das gilt es fortzusetzen, wobei die Tendenz von den Verantwortlichen in dem Gebiet, Donezk, Lugansk, Altschewsk, dahin geht, dass die Menschen durch Hilfe zur Selbsthilfe wieder in die Lage versetzt werden, ihr eigenes Dasein wie im Sozialismus, Bildung und Arbeit und dergleichen, wieder in Gang zu setzen. Das ist schwierig, weil es ja keine offiziellen Beziehungen zu den Regierungen im Donbass gibt. Damit ist auch die Unterstützung für Projekte, wie bei wissenschaftlicher Zusammenarbeit, organisierte Kultur, Austausch von Menschen, Freundschaft, das wird ja alles im Moment hier in Deutschland nicht unterstützt. Und trotzdem müssen wir dran arbeiten, denn darin liegt für die Zukunft die Lösung. Die Lösung kann nicht darin bestehen, dass wir ständig Reis oder irgendwas darüber bringen. Was aus Deutschland kommt, ist sowieso ein Tropfen auf den heißen Stein. Wenn Russland Donezk nicht helfen würde, hat mir Igor Martynow, der Bürgermeister von Donezk, gesagt, wenn Russland nicht die Hilfe leisten würde, die es geleistet hat, wäre Donezk schon lange verhungert.

Deshalb ist es jetzt notwendig, dass wir an Projekten gemeinsam mit Hochschulen, in Wohngebieten, arbeiten, wo hier in Deutschland Menschen bereit sind, trotz der Schwierigkeiten in der Ukraine, mit Partnern im Donbass zusammenzuarbeiten, dass dort der Arbeitsprozess wieder in Gang gesetzt wird. Dass die Verwaltung, dass der Aufbau der teilweise verkümmerten wirtschaftlichen Situation, wieder in Gang gesetzt wird; das ist ohnehin schon viel. Und wenn wir daran denken, dass wir humanitäre Hilfe, freiwillige Hilfe von hier aus in den Donbass transportieren, da kostet eine Fahrt schon 3 700 Euro, damit man dort irgend etwas hinbringt.

Wir müssen diese Projekte weiter fortzuführen,teilweise in enger Abstimmung, aber wir müssen ihnen helfen, dass sie ihre Wirtschaft wieder in Gang bringen können, auch gegen den Widerstand, bitteschön, der NATO, Kiews und Dergleichen. Das ist das dringendste Problem, und das müsste eigentlich in unserem Falle besprochen werden, damit wir da in eine enge Kooperation kommen, damit wir da vorankommen, das wäre das Allerbeste.

Sich aus der Ferne, vom Schreibtisch, wo auch immer, ernsthaft zu unterhalten, wenn sie nicht selber die persönlichen Erfahrungen nutzen oder machen – wie die Hilfe zu organisieren ist, was da alles zu berücksichtigen und zu machen ist – eigentlich müsste das ein ganzer Katalog werden, wo man nachschaut, wie das geht und was zu tun ist. Und das geht von der humanitären bis zur wirtschaftlich-strategischen oder organisatorischen Hilfe. Deswegen sage ich das auch immer wieder, wenn diese Organisationen sich nicht an einen Tisch setzen, und nicht eine gemeinsame große Checkliste machen – wer kann den was tun? – da ist politisch viel zu tun, die Solidarität mit den Organisationen, aber da ist auch ganz richtig Hand anzulegen.

Du hast mich am Anfang gefragt nach der Situation im Donbass, wie ist es nun wirklich. Wir müssen wissen, dass wir es mit einem Kriegsgebiet zu tun haben. Da geht es darum, wer übernimmt welche Aufgabe, und nicht bloß blablabla. Da findet jeder am Ende seinen Platz, aber das muss organisiert werden. Wir dürfen nichts dem Zufall überlassen.

Das ist das Hauptproblem, und das funktioniert derzeit, bei allen guten Leistungen – und ich sage nochmal, ich bedanke mich für die Solidaritätsgelder, die wir bekommen haben, für die Mittel von einfachen Menschen, bei denen wir uns ganz herzlich bedanken – aber wir haben die Hilfe zu organisieren.

Am 9. Mai in Berlin habe ich nochmal mit Wolfgang Gehrke gesprochen, ihn im Treptower Park angesprochen, er war ja damals mit Andrej Hunko unten, und ihn gefragt, bist du bereit, dass wir uns alle an einen Tisch setzen, um die Koordinierung der humanitären Hilfe besser in den Griff zu kriegen. Da sagte der Wolfgang Gehrke ja, ich hab bei mir auch einen runden Tisch, setzen wir uns da hin und reden darüber. Dann ist das konkrete Arbeit. Ich bin auch froh, wenn die russische Botschaft mir versichert hat, die russische, die weißrussische, teilweise auch die syrische Botschaft, da gibt es ja noch ein anderes Gebiet, dass wir bei solchen Hilfmaßnahmen zusammenarbeiten, dass alles Unnötige (was wir auch erlebt haben, als wir damals nur schwer über die weißrussische Grenze gekommen sind) aus dem Wege geschafft wird. Dass unsere Hilfe und Solidarität auch bei den Menschen dort so ankommt, dass wir Vertrauen erzeugen. Aber mit Losungen allein erzeugen wir kein Vertrauen.

Jeder, der dazu bereit ist, kann sich an dich wenden, kann sich an uns wenden, der kann auch seine Organisation auffordern, hören wir auf mit dem Stillschweigen, oder damit, zaghaft heranzugehen. Menschen, die in Bunkern leben, oder die kein Dach über dem Kopf haben, die kein Geld haben, die denken anders darüber als mancher, der hier in Deutschland noch, bei allen Kritikwürdigkeiten mit Hartz IV usw. noch irgendwo sein Leben gestalten kann; aber den Menschen muss dringend geholfen werden. Und da haben die politischen und humanitären oder gemeinnützigen Organisationen eine große Verantwortung, dass sie sich da engagieren. Ich sehe das auch als Appell: Leute, versteckt euch nicht hinter den Problemen, wir müssen die Probleme gemeinsam anpacken.

Wir von “Workshops, Ideenbörsen, Bildung & Projekte” e.V. (WIBP) sowie Friedensbrücke – Krigsoperhilfe e.V. sind für konkrete helfende Hinweise und Zusammenarbeit immer dankbar. Proletarischer Internationalismus und Solidarität sowie der FRIEDEN ist kein Geschenk des Himmels!!! Verändern müssen wir selber tun!

Kontakt: WIBP e.V., Aktionseinheit@t-online.de
Spendenkonto WIBP – “Kalinka braucht Hilfe!” – FRIEDEN
Ostsächsische Sparkasse Dresden; Kontonummer: 0221075160 ; BLZ 85050300, IBAN DE 20850503000221075160

Kleiner Nachtrag (D.H.): am 23. Mai fanden in Altschewsk Gedenkfeierlichkeiten für Mosgowoj statt; das Video habe ich unten angehängt. Verwirrend ist die Tatsache, dass Lugansk gegen die Errichtung des Denkmals in Altschewsk vorgeht, bis dahin, dass Kommandeure abgesetzt werden… Bei der Alternativen Presseschau gibt es eine Petition für die Erhaltung des Denkmals, die sich an die Lugansker Regierung richtet. Wer noch nicht auf der Seite war, sollte diese Gelegenheit nutzen.

Nachtrag 2: Inzwischen hat die Lugansker Regierung erklärt, das Denkmal stehen zu lassen, hat nur aufgefordert, die Umgebung des Denkmals zu verbessern…

Was jetzt noch fehlt, wäre die Wiedereinsetzung von Juri Schewtschenko als Kommandeur von Prisrak…

Wie Russland sich auf den dritten Weltkrieg vorbereitet

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vom Saker

How Russia is preparing for WWIII

Ich habe vor kurzem einen Artikel gepostet, in dem ich versuchte, einige beliebte Mythen über moderne Kriegsführung zu zerstören. Wenn ich nach den Kommentaren gehe, die ich in Erwiderung auf diesen Text erhalten habe, muss ich sagen, dass die besagten Mythen immer noch bei bester Gesundheit sind und dass es mir offenbar nicht gelungen ist, viele Leser zu überzeugen. Was ich heute vorschlagen will, ist, zu betrachten, was Russland wirklich als Antwort auf die wachsende Bedrohung aus dem Westen tut. Aber zuerst muss ich den Kontext dazu aufbauen, oder, genauer, den Kontext, in dem Russland agiert, wieder aufbauen. Fangen wir damit an, die anglozionistische Politik Russland gegenüber in den Blick zu nehmen.

Die Handlungen des Westens

Das erste auf dieser Liste ist unverkennbar die Eroberung ganz Osteuropas durch die NATO. Ich rede von Eroberung, weil es sich genau darum handelt, aber eine Eroberung, die nach den Regeln der Kriegsführung des 21. Jahrhunderts erreicht wurde, die ich als „80% auf dem Feld der Information, 15% auf dem der Wirtschaft und 5% auf dem des Militärs“ beschrieben habe. Ja, ich weiß, die guten Leute in Osteuropa haben nur davon geträumt, von USA/NATO/EU etc. unterworfen zu werden – und wenn? Jeder, der Sun Tsu gelesen hat, erkennt sofort, dass dieser tiefe Wunsch, von den anglozionistischen „Borg“ assimiliert zu werden, nichts anderes ist als das Ergebnis einer zerstörten eigenen Identität eines tief sitzenden Minderwertigkeitskomplexes und daher eine Kapitulation, die nicht einmal mit militärischen Mitteln herbeigeführt werden musste. Letztlich macht es keinen Unterschied, was die Ortsansässigen zu erreichen glaubten – jetzt sind sie Untertanen des Empire und ihre Länder sind mehr oder weniger irrelevante Kolonien am Rande des anglozionistischen Empire. Wie üblich schäumt die örtliche Kompradorenelite über vor Stolz, jetzt von ihren neuen Herren als gleichrangig akzeptiert zu werden, wie sie denken (stellt euch dabei Poroschenko, Tusk oder Grybauskaite vor), und das gibt ihnen den Mut, Moskau hinter dem NATO-Zaun heraus anzukläffen. Gut für sie.

Das zweite ist die jetzt vollständige Kolonisation Westeuropas durch das Empire. Während sich die NATO nach Osten bewegte, haben die USA auch eine weit tiefere Kontrolle über Westeuropa ergriffen, das jetzt für das Empire durch jene verwaltet wird, die der ehemalige Londoner Bürgermeister einmal „großes formloses rückgratloses protoplasmisches Gelee“ nannte – gesichtslose Bürokraten wie Françoise Hollande oder Angela Merkel.

Drittens, das Empire hat halb-dämonischen Kreaturen von al-Khattab bis Nadeschda Sawtschenko seine völlige Unterstützung gegeben. Die Politik des Westens ist kristallklar und extrem simpel: wenn es antirussisch ist, stehen wir dahinter. Diese Politik zeigt sich am deutlichsten an der Kampagne, Putin und Russland zu dämonisieren, die meiner Meinung nach weit schlimmer und hysterischer ist als alles während des Kalten Krieges.

Viertens, der Westen hat eine Reihe recht beunruhigender militärischer Bewegungen durchgeführt, einschließlich der Installation der ersten Elemente eines Anti-Raketen-Systems in Osteuropa, der Verlegung verschiedener Formen schneller Reaktionskräfte, des Einsatzes einiger gepanzerter Truppen etc. Die NATO hat jetzt nach vorn verlagerte Kommandoposten, die genutzt werden können, um den Einsatz einer schnellen Reaktionstruppe zu unterstützen.

Was ist die Summe aus all dem?

Bis jetzt nicht wirklich viel. Ja, die NATO-Bewegung bis direkt an die russische Grenze ist höchst provokativ, aber primär im politischen Sinne. Rein militärisch gesehen ist das nicht nur eine sehr blöde Idee (siehe Klischee Nr. 6 hier), auch die Größe der tatsächlich verlagerten Truppen ist wirklich winzig, das Anti-Raketen-System, das gegenwärtig eingesetzt wird, kann im besten Falle hoffen, einige wenige Raketen abzufangen (10-20 je nach Berechnung), und die konventionellen Kräfte haben Bataillonsgröße (mehr oder weniger 600 Soldaten plus Unterstützung). Also gibt es gegenwärtig wirklich keine echte militärische Bedrohung Russlands.

Also warum sind die Russen dann so sichtlich empört?

Weil die gegenwärtigen Schritte der USA/der NATO durchaus nur die ersten Schritte einer weit größeren Anstrengung sein können, die nach ausreichend Zeit durchaus eine sehr reale Bedrohung für Russland werden kann.

Mehr noch, die Art der Rhetorik, die jetzt aus dem Westen dringt, ist nicht nur militaristisch und russophob, sie ist oft geradewegs messianisch. Das letzte Mal, als der Westen einen Anfall seines tausend Jahre alten chronischen „messianischen Syndroms“ hatte, verlor Russland 20 (bis 30) Millionen Menschen. Man kann es den Russen also nachsehen, wenn sie sehr gut zuhören, was die anglozionistische Propaganda gerade über sie sagt.

Was die Russen am meisten anwidert, ist die Rekolonisierung Westeuropas. Die Tage, als Leute wie Charles de Gaulle, Helmut Schmidt oder François Mitterand für Europas Zukunft verantwortlich waren, sind lange her. Auch wenn sie sehr reale Fehler hatten, diese Männer waren zumindest wirkliche Patrioten und nicht nur Kolonialverwalter der USA. Der „Verlust“ Westeuropas bereitet den Russen weit mehr Sorgen als die Tatsache, dass die ehemaligen sowjetischen Kolonien in Osteuropa jetzt unter US-Kolonialverwaltung stehen. Warum?

Man muss sich das vom russischen Standpunkt ansehen.

Die Russen sehen alle, dass die Macht der USA im Abstieg ist und dass der Dollar früher oder später, schrittweise oder plötzlich, seine Rolle als Weltleitwährung des Planeten verlieren wird (der Prozess hat bereits begonnen). Einfach gesagt – wenn die USA keinen Weg finden, die jetzige internationale Dynamik entscheidend zu ändern, dann wird das anglozionistische Empire zusammenbrechen. Die Russen glauben, dass die Amerikaner im günstigsten Falle die Spannungen mit Russland nutzen, um eine zweite Version des kalten Krieges zu beginnen, im ungünstigsten aber, um tatsächlich einen militärischen Krieg in Europa zu starten.

Der Hintergrund der zunehmenden Truppenverlagerungen an die russische Grenze besteht also aus einem absteigenden Empire mit einem drängenden Bedürfnis nach einer größeren Krise, einem rückgratlosen Westeuropa, das unfähig ist, sich für seine eigenen Interessen einzusetzen, einem unterwürfigen Osteuropa, das geradezu darum bettelt, zum gewaltigen Schlachtfeld zwischen Ost und West zu werden, und einer messianischen, tollwütig russophoben Rhetorik. Überrascht es wirklich jemanden, dass die Russen all das sehr ernst nehmen, selbst wenn die militärische Bedrohung im Grunde nicht existiert?

Die russische Reaktion

Untersuchen wir jetzt die russische Reaktion auf die Haltung des Empire.

Zuerst, die Russen wollen absolut sicher stellen , dass die Amerikaner sich nicht der Illusion hingeben können, ein ausgewachsener Krieg in Europa wäre wie der zweite Weltkrieg, in dem die USA daheim nur einige kleine, fast symbolische Angriffe des Gegners erlebten. Da ein großer Krieg in Europa die schiere Existenz des russischen Staates und der russischen Nation bedrohen würde, unternehmen die Russen nun Maßnahmen, um absolut sicherzustellen, dass die USA, würde es dazu kommen, einen enormen Preis für einen solchen Angriff zahlen würden.

Zweitens gehen die Russen offenbar davon aus, dass sich in absehbarer Zukunft eine konventionelle Bedrohung durch den Westen verkörpern könnte. Daher ergreifen sie die erforderlichen Maßnahmen, eine solche konventionelle Bedrohung zu kontern.

Drittens, da die Vereinigten Staaten fest entschlossen scheinen, ein System gegen ballistische Raketen nicht nur in Europa, sondern auch in Fernost einzusetzen, ergreifen die Russen die Maßnahmen, dieses System sowohl zu schlagen als auch zu umgehen.

Die russischen Bemühungen sind enorm und komplex, und umfassen beinahe jeden Aspekt der russischen Truppenplanung, aber es gibt vier Beispiele, die meiner Meinung nach am besten die russische Entschlossenheit illustrieren, keinen zweiten 22.Juni 1941 geschehen zu lassen:

  • Die Schaffung der 1. Garde-Panzerarmee (in Arbeit)
  • Die Stationierung des Iskander-M operationell-taktischen Raketensystems (erledigt)
  • Die Stationierung der Sarmat Interkontinentalraketen (in Arbeit)
  • Die Stationierung der Status-6 strategischen Torpedos (in Arbeit)
Die Wiedererschaffung der 1. Garde-Panzerarmee

Es ist schwer zu glauben, aber zwischen 1991 und 2016 hatte Russland in seinem westlichen Militärdistrikt keine einzige größere Formation (Divisionsgröße und darüber). Einige Brigaden, Regimenter und Bataillone, die nominell „Armee“ genannt wurden. Schlicht gesagt – Russland war offenbar nicht der Überzeugung, es gebe eine konventionelle militärische Bedrohung aus dem Westen und verschwendete daher keine Energie darauf, eine irgend bedeutende militärische Truppe zu stationieren, um vor einer solch nicht-existenten Bedrohung zu schützen. Nebenbei, diese Tatsache sollte euch alles sagen, was ihr über russische Pläne, in die Ukraine, Polen oder das Baltikum einzumarschieren, wissen müsst: das ist völliger Blödsinn. Jetzt hat sich das dramatisch geändert.

Russland hat offiziell verkündet dass die 1. Garde-Panzerarmee (eine Einheit mit einer angesehenen und sehr symbolischen Geschichte) wieder erschaffen wird. Diese Garde-Panzerarmee wird jetzt die 4. Gardepanzerdivision „Kantemirow“, die 2. Garde-Motorschützendivision „Taman“, die 6. Panzerbrigade, die 27. Garde-Motorschützendivision Sewastopol und viele unterstützende Einheiten umfassen. Das Hauptquartier dieser Armee wird im Moskauer Vorort Odinstowo angesiedelt. Gegenwärtig ist die Armee mit t-73B3 und T-80 Kampfpanzern ausgerüstet, aber diese werden durch die brandneuen und revolutionären T-14 Armata Kampfpanzer ersetzt werden, und auch die jetzigen Schützenpanzer und gepanzerten Truppentransporter werden durch neue Modelle (hier und hier)ersetzt. Aus der Luft werden diese gepanzerten Einheiten durch Mi-28 und Ka-52 Angriffshubschrauber geschützt und unterstützt. Täuscht euch nicht, das wird eine sehr große Truppe, genau die Art von Truppe, die es braucht, um angreifende gegnerische Truppen zu durchbrechen (nebenbei, die 1GPA nahm an der Schlacht von Kursk teil). Ich bin mir ziemlich sicher, wenn die 1. Garde-Panzerarmee fertig organisiert ist, wird sie die mächtigste gepanzerte Einheit auf der Strecke zwischen dem Atlantik und dem Ural (insbesondere qualitativ). Wenn die gegenwärtigen Spannungen anhalten oder sich gar verschlimmern, könnten die Russen die 1. Garde-Panzerarmee sogar zu einer Art „Schock-Armee“ des 21. Jahrhunderts erweitern, mit erhöhter Mobilität, die sich darauf spezialisiert, tief in die feindliche Verteidigung einzudringen.

Die Stationierung des operationell-taktischen Raketensystems Iskander-M

Das neue operationell-taktische Raketensystem Iskander-M ist nach jedem Maßstab eine beeindruckende Waffe. Obwohl es sich technisch um Kurzstreckenraketen handelt (unter 1000 km Reichweite; offiziell hat Iskander-M eine Reichweite von 500km), kann es auch R-500 Raketen abfeuern, und hat damit die Fähigkeit, auf mittlere/operationelle Reichweite zu treffen (über 1000 km; die Reichweite der R-500 beträgt 2 000 km). Diese ist extrem treffgenau, hat hochentwickelte Fähigkeiten zur Abwehr ballistischer Raketen, fliegt mit Überschallgeschwindigkeit und ist am Boden praktisch nicht zu entdecken. Das wird die Rakete sein, deren Aufgabe es ist, alle Einheiten und die gesamte Ausrüstung zu zerstören, die die USA und die NATO in Osteuropa nach vorne verlegt haben, und, falls nötig, den Weg für die 1. Garde-Panzerarmee freizumachen.

Die Stationierung der Sarmat Interkontinentalraketen

Weder die 1. Garde-Panzerarmee noch die Iskander-M Raketen werden die USA selbst in irgendeiner Weise bedrohen. Russland brauchte daher einen Typ Waffe, die das Pentagon und das Weiße Haus in Angst versetzten könnte, ähnlich wie es die berühmten RS-36 Wojwoda (oder SS-18 „Satan“ in der US-Klassifikation) im Kalten Krieg tat. Die SS-18, die mächtigste je entwickelte Interkontinentalrakete, war erschreckend genug. Die RS-28 Sarmat (oder SS-X-30 nach NATO-Klassifikation) hebt den Schrecken auf ein völlig neues Niveau.

Die Sarmat ist nichts weniger als faszinierend. Sie wird fähig sein, 10-15 MIRV Sprengköpfe zu tragen, die in einer sogenannten „deprimierten“ (suborbitalen) Flugbahn abgesetzt werden und die bei Überschallgeschwindigkeit manövrierfähig bleiben. Die Rakete muss nicht die typische Flugbahn über den Nordpol nutzen, sondern kann jedes Ziel irgendwo auf dem Planeten auf jeder denkbaren Flugbahn erreichen. All diese Elemente miteinander werden es unmöglich machen, die Sarmat selbst und ihre Sprengköpfe abzufangen.

Die Sarmat wird ebenfalls fähig sein, konventionelle Iu-71 Überschall-Gefechtsköpfe abzusetzen, die einen „kinetischen Schlag“ ausführen können, der genutzt werden kann, um ein befestigtes feindliches Ziel in einem nicht-nuklearen Konflikt zu treffen. Das wird durch die erstaunliche Genauigkeit der Gefechtsköpfe der Sarmat möglich, die, wie wir jetzt dank einer neueren russischen Leckage wissen, eine Treffgenauigkeit von 10 Metern besitzen (siehe Screenshot).

Sarmat-MIRV-CEP-300x99Die Silos der Sarmats werden durch einzigartige „aktive Schutzmaßnahmen“ geschützt, die unter anderem hundert Geschütze umfassen, die im Stande sind, eine „metallische Wolke“ von vierzigtausend 30mm- „Kugeln“ bis in eine Höhe von 6 km zu schießen. Die Russen planen ebenfalls, die Sarmat mit ihrem neuen S-500 Luftabwehrsystem zu schützen. Schließlich beträgt die Startvorlaufzeit der Sarmat dank eines hoch automatisierten Startsystems weniger als 60 Sekunden. Das alles bedeutet, dass die Sarmat-Rakete in ihrem Silo unverwundbar sein wird, aber auch während des Fluges und beim Wiedereintritt in die tieferen Schichten der Atmosphäre.

Es ist eine interessante Beobachtung, dass die Russen, während die USA ein enormes Geschrei um ihr geplantes „Prompt Global Strike“-System erhoben haben, bereits angefangen haben, ihre eigene Version dieses Konzeptes zu stationieren.

Die Stationierung des strategischen Torpedos Status 6

Erinnert ihr euch an die sorgfältig inszenierte „Leckage“ letzten November, als die Russen ‘versehentlich’ ein super-geheimes strategisches Torpedo in den Hauptnachrichten zeigten? Hier ist das berühmt-berüchtigte Bild:

Status6-2015Was hier gezeigt wird, ist ein „autonomes Unterwasser-Fahrzeug“, das fortgeschrittene Navigationsfähigkeiten besitzt, aber ebenfalls durch ein spezialisiertes Kommandomodul ferngesteuert werden kann. Dieses Fahrzeug kann tausend Meter tief tauchen, bei einer Geschwindigkeit von bis zu 185 km/h, und hat eine Reichweite von bis zu 10 000 km. Es wird durch speziell konfigurierte U-Boote abgesetzt.

Das Status-6-System kann gebraucht werden, um Flugzeugträgergruppen anzugreifen, US-Marinebasen (insbesondere Stützpunkte für U-Boote mit Nuklearraketen), und es kann, in seiner beängstigendsten Konfiguration, gebraucht werden, um hoch-radioaktive Kobaltbomben abzusetzen, die große Landstriche verwüsten können. Das Trägersystem Status-6 wäre eine neue Version des Torpedos T-15, 24 Meter lang, 1,5 Meter breit, 40 Tonnen schwer und fähig, einen Sprengkopf von 100 Megatonnen abzusetzen, was es zweimal so mächtig machen würde wie den mächtigsten Sprengkopf, der je detoniert ist, die sowjetische Zar-Bombe (57 Megatonnen). Die Bombe von Hiroshima hatte nur 15 Kilotonnen.

Denkt daran, dass die meisten Städte und Industriezentren der USA entlang der Küste liegen, was sie extrem verwundbar für Angriffe durch Torpedos macht (sei es die von Sacharow vorgeschlagene ‘Tsunami’-Bombe oder das Status 6-System). Und, wie im Fall der Iskander-M oder der Sarmat-Raketen, würde die Tiefe und die Geschwindigkeit des Status 6-Torpedos es jeder Abfangmöglichkeit gegenüber unverwundbar machen.

Bewertung:

In all dem Obigen ist nichts Neues, und die Militärkommandeure der USA haben das immer gewusst. All die Abwehrsysteme gegen ballistische Raketen der USA waren immer vor allem ein finanzieller Betrug, von Reagans „Krieg der Sterne“ bis zu Obamas „Abwehrschirm gegen iranische Raketen“. So ist etwa jedes Raketenabwehrsystem durch „örtliche Sättigung“ zu überwinden. Wenn man X Raketen hat, die einen langen Raum Y gegen X Raketen abschirmen, dann muss man nur einen Abschnitt des Raums Y mit einer hohen Zahl echter und falscher Raketen sättigen, indem sie alle miteinander durch einen kleinen Abschnitt des Raums Y gefeuert werden, die das ABM-System schützen soll. Und es gibt noch viele weitere Maßnahmen, die die Russen ergreifen könnten. Sie könnten schlicht ein einziges U-Boot, das ballistische Raketen abschießen kann, im Baikalsee stationieren und damit im Grunde unverwundbar machen. Diese Idee wird in Russland bereits diskutiert. Eine andere sehr gute Möglichkeit wäre eine Reaktivierung der sowjetischen BzhRK eisenbahngestützten Interkontinentalraketen. Viel Glück damit, sie im riesigen russischen Eisenbahnnetz zu finden. Tatsächlich haben die Russen viele billige und wirksame Maßnahmen. Soll ich noch einige mehr aufführen?

Sicher!

Nehmen wir die Kalibr Lenkraketen, die vor kurzem im Krieg in Syrien zu sehen waren. Wisst ihr, dass sie aus einem typischen kommerziellen Container abgefeuert werden können, genau solchen, wie ihr sie auf Lastwägen, Zügen oder Schiffen seht? Schaut euch dieses exzellente Video an, das das erklärt:

Erinnert euch, dass die Kalibr eine Reichweite irgendwo zwischen 50 und 4000 km hat und dass sie einen Nuklearsprengkopf tragen kann. Wie schwer wäre es für Russland, diese Lenkraketen direkt vor der Küste der USA auf regulären Containerschiffen zu stationieren? Das ist ein System, das so unentdeckbar ist, dass die Russen es vor der Küste Australiens stationieren könnten, um die NSA-Station in Alice Springs zu treffen, wenn ihnen danach wäre, und niemand könnte es auch nur ahnen.

In Wirklichkeit ist die Vorstellung, die USA könnten einen Krieg gegen Russland (oder auch gegen China) entfachen und keine Konsequenzen in den USA selbst spüren müssen, absolut lächerlich. Und doch, wenn ich das ganze verrückte Gerede westlicher Politiker und Generäle höre, bleibt bei mir der Eindruck, sie hätten diese nicht zu leugnende Tatsache vergessen. Offen gesagt, selbst die jetzigen Drohungen gegen Russland fühlen sich „halbherzig“ an: ein Bataillon hier, ein anderes dort, ein paar Raketen hier, ein paar weitere dort. Als würden die Herrscher des Empire nicht realisieren, dass es ein sehr, sehr dummer Einfall ist, ständig einen Bären zu reizen, wenn man nur ein Taschenmesser dabei hat. Manchmal erinnert mich die Reaktion der westlichen Politiker an jene Räuber, die versuchen, eine Tankstelle mit einer Spielzeugpistole oder einer ungeladenen Waffe zu überfallen, und dann völlig verblüfft sind, wenn sie vom Tankstellenbesitzer oder der Polizei niedergeschossen werden. Diese Art Räuberei ist nichts anderes als eine Variante von „Selbstmord durch Polizei“, die nie gut für jene endet, die versuchen, damit durchzukommen.

Manchmal müssen Dinge direkt und unzweideutig ausgesprochen werden: westliche Politiker sollten lieber nicht an ihre eigene imperiale Überheblichkeit glauben. Bis jetzt haben all ihre Drohungen nur erreicht, dass die Russen mit vielen, aber nutzlosen verbalen Protesten antworteten, und mit einem ausgewachsenen Programm, um Russland auf den dritten Weltkrieg vorzubereiten.

Wie ich es schon oft geschrieben habe, die Russen fürchten den Krieg sehr und sind bereit, fast alles zu tun, um ihn zu vermeiden. Aber sie sind auch zum Krieg bereit. Das ist ein einzigartiger kultureller Zug Russlands, den der Westen in den letzten tausend Jahren unzählige Male missverstanden hat. Immer wieder haben die Europäer Russland angegriffen, nur um sich in einem Kampf wiederzufinden, den sie sich nicht hätten vorstellen können, nicht in ihren übelsten Alpträumen. Darum sagen die Russen gerne, „Russland fängt nie Kriege an, es beendet sie nur.“

Es gibt eine tiefe kulturelle Kluft dazwischen, wie der Westen Kriegsführung sieht, und wie die Russen sie sehen. Im Westen ist der Krieg tatsächlich „die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“. Für Russen ist er ein schonungsloser Kampf ums Überleben. Schaut euch nur die Generäle im Westen an: sie sind glatt geschliffene Manager mit guten Manieren, die viel mehr an Konzernführungen erinnern als an, sagen wir, Mafiabosse. Schaut euch russische Generäle an (beispielsweise auf der Parade zum Tag des Sieges in Moskau). Im Vergleich mit ihren westlichen Kollegen wirken sie geradezu brutal, weil sie vor allem anderem schonungslose und berechnende Killer sind. Ich meine das nicht negativ – sie sind oft persönlich sehr ehrenwerte und sogar freundliche Männer, und wie jeder gute Kommandeur, sorgen sie für ihre Männer und lieben ihr Land. Aber ihr Geschäft ist nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, ihr Geschäft ist das Überleben. Um jeden Preis.

Man kann ein Militär, oder, was das betrifft, eine Nation, nicht danach bewerten, wie es sich benimmt, wenn es triumphiert, wenn es in der Offensive ist und einen geschlagenen Feind verfolgt. Alle Armeen sehen gut aus, wenn sie siegen. Die Natur eines Militärs oder eine Nation kann man nur in ihrer dunkelsten Stunde beurteilen, wenn die Dinge schrecklich sind und die Lage schlimmer als katastrophal. Das war 1995 der Fall, als das Jelzin-Regime einem völlig unvorbereiteten, demoralisierten, schlecht ausgebildeten, schlecht ernährten, schlecht ausgerüsteten und völlig desorganisierten russischen Militär (nun, einigen hastig zusammengestellten Einheiten) befahl, Grosny von den Tschetschenen einzunehmen. Es war die Hölle auf Erden. Hier einige Aufnahmen von General Lew Rochlin in einer hastig organisierten Kommandostellung in einem Keller in Grosny. Er ist ebenso erschöpft, schmutzig und ausgesetzt wie jeder seiner Soldaten. Schaut in sein Gesicht und in die Gesichter der Männer um ihn herum. So sieht die russische Armee aus, wenn sie in der Tiefe der Hölle ist, von den Verrätern, die im Kreml sitzen, verraten wurde und vom größten Teil des russischen Volkes im Stich gelassen (das 1995, ich erinnere hier ungern daran, vor allem von McDonalds und Michael Jackson träumte).

Könnt ihr euch vorstellen, wie General Wesley Clark oder David Petraeus kämpfen wie diese Männer ?

Schaut euch dieses Video an, in dem General Schamanow einem örtlichen tschetschenischen Politiker das Aufstandsgesetz vorliest (das bedarf keiner Übersetzung):

Vladimir_Shamanov._Cabinet_photo-200x300Schamanow ist heute der oberste Kommandierende der Luftlandetruppen, deren Größe Putin still auf 72 000 verdoppelte, etwas, das ich früher schon als sehr bedeutend erwähnt hatte, vor allem im Vergleich zu den eher lauwarmen Truppenverstärkungen, die die NATO verkündet hat (siehe „Selbstmord der EU durch Wirklichkeitsverleugnung“). Ein Gefühl für die modernen russischen Luftlandetruppen erhaltet ihr hier.

Es ist hier nicht meine Absicht, einen Atomkrieg oder die russischen Streitkräfte zu glorifizieren. Der Grund für diesen Artikel, und viele andere, ist, über das, was ich heute sehe, Alarm zu schlagen. Die westlichen Führer sind von ihrer eigenen imperialen Überheblichkeit besoffen, Nationen, die man früher für kleinere Flecken auf der Karte hielt, fühlen sich jetzt ermuntert, beständig eine nukleare Supermacht zu provozieren, die Amerikaner werden angelogen und man verspricht ihnen, irgendeine magische High-Tech-Waffe würde sie vor Krieg schützen,.während die Russen sich ernstlich auf den dritten Weltkrieg vorbereiten, weil sie zu dem Schluss gekommen sind, der einzige Weg, diesen Krieg zu verhindern, bestünde darin, es den Anglozionisten unmissverständlich und absolut klar zu machen, dass sie einen Krieg gegen Russland nicht überleben werden, selbst wenn jeder einzelne Russe umkommt.

Ich erinnere mich gut an den kalten Krieg. Ich war ein Teil davon. Und ich erinnere mich, dass die überwiegende Mehrheit von uns, auf beiden Seiten, begriffen hatte, dass ein Krieg zwischen Russland und dem Westen um jeden Preis vermieden werden muss. Ich bin entsetzt, wenn ich jetzt Artikel lese, in denen höhere Funktionäre ernsthaft eine solche Möglichkeit diskutieren.

Lest nur diesen Artikel, bitte: Wie würde ein Krieg zwischen der EU und Russland aussehen?
Das ist es, was dieser Kerl schreibt:

Für die dichterisch Veranlagten ähnelt das russische Militär eher einer gigantischen Piratenmannschaft als einer regulären Armee. Es herrschen die mit dem schärfsten Säbel und dem größten Mundwerk, typischerweise irgend ein skorbutzerfressener Maat, der sich auf die Unterstützung seiner Spießgesellen verlassen kann, um jeden unbeliebten „Offizier“ über die Planke gehen zu lassen… oder, das passt besser, sie erinnern an die Mitglieder der Kosakenhorden, geführt von den dreistesten Kriegern… Auch wenn diese Truppen sehr tapfer sein können, manchmal, sie sind auf dem Feld nicht wirkungsvoll gegen eine gut geregelte und ausgebildete moderne Militärmaschine. Aus diesem Grund ist es unwahrscheinlich, nein, unmöglich für gewöhnliche russische Truppen, Einsätze von größerer Konsequenz auf einer höheren Ebene als der eines Zugs durchzuführen gegen disziplinierte Armeen, insbesondere die US-amerikanische, die britische, deutsche oder französische.

The dream of the West

Solches Geschreibe macht mir wirklich Angst. Nicht, weil es schwachsinnig und dumm rassistisch ist, sondern weil so etwas in den Mainstream-Medien nicht in Frage gestellt wird. Nicht nur das, es gibt viele solcher Artikel, die andernorts geschrieben werden. Natürlich verdienen die Autoren dieser Art von „Analysen“ ihr Geld mit genau diesem manischen Bejubeln der westlichen Truppen, aber das ist genau die Denkweise, die Napoleon und Hitler in Schwierigkeiten brachte und damit endete, dass russische Truppen in Paris und in Berlin stationiert waren. Man vergleiche diesen chauvinistischen und, offen, unverantwortlichen Unsinn mit dem, was ein echter Militärkommandeur, Montgomery, zu dem Thema zu sagen hatte:

Der nächste Landkrieg wird sich vom letzten sehr unterscheiden, denn wir werden in ihm auf andere Art kämpfen müssen. Um in dieser Frage eine Entscheidung zu erreichen, müssen wir uns über bestimme Regeln des Krieges klar sein. Regel 1 auf Seite 1 des Kriegsbuchs ist „Marschiere nicht auf Moskau“. Verschiedene Leute haben das versucht, Napoleon und Hitler, und es von Übel. Das ist die erste Regel.

Also wem traut ihr? Professionellen Jubelpersern oder professionellen Soldaten? Glaubt ihr wirklich, dass Obama (oder Hillary), Merkel und Hollande es besser machen als Napoleon oder Hitler?

Wenn der anglozionistische ‘tiefe Staat’ wirklich verblendet genug ist, einen Krieg mit Russland auszulösen, in Europa oder irgendwo anders, dann wird der narzisstische und hedonistische Westen, der von seiner eigenen Propaganda und Hybris trunken ist, ein Niveau von Gewalt und Krieg entdecken, das er sich nicht einmal vorstellen kann, und es wäre großartig, wenn das nur jene betreffen würde, die für diese rücksichtslose und selbstmörderische Politik verantwortlich sind. Aber das Problem ist, dass natürlich viele Millionen von uns, einfache, normale Leute, darunter leiden und daran sterben werden, als Konsequenz unseres kollektiven Versagens, dieses Ergebnis zu verhindern. Ich hoffe darauf und bete darum, dass meine wiederholten Warnungen zumindest zu der hoffentlich wachsenden Erkenntnis beitragen, dass dieser Wahnsinn sofort aufgehalten werden, und dass die geistige Gesundheit in die Politik zurückkehren muss.

Der Saker

Eine russische Warnung

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A Russian Warning

Vorbemerkung: Eigentlich bräuchte es eine deutsche Version eines solchen Textes. Es gab schon Ähnliches, den Aufruf der ehemaligen NVA-Offiziere… aber Saker hat Recht, es ist nötig, im Grunde überfällig, gezielt das Militär anzusprechen. Auch die Bundeswehr. D.H.

Wir, die Unterzeichnenden, sind Russen, die in den USA leben und arbeiten. Wir haben mit zunehmender Sorge beobachtet, wie die gegenwärtige Politik der USA und der NATO uns auf einen extrem gefährlichen Kollisionskurs mit der Russischen Föderation gebracht hat, wie auch mit China. Viele angesehene, patriotische Amerikaner, wie Paul Craig Roberts, Stephen Cohen, Philip Giraldi, Ray McGovern und viele andere haben vor einem drohenden Dritten Weltkrieg gewarnt. Aber ihre Stimmen sind im Geschrei der Massenmedien untergegangen, die angefüllt sind mit täuschenden und fehlerhaften Berichten, die die russische Wirtschaft als im Chaos versunken und das russische Militär als schwach beschreiben – ohne dass es dafür Beweise gäbe. Aber wir, die wir sowohl die russische Geschichte als auch den heutigen Zustand der russischen Gesellschaft und des russischen Militärs kennen, können diese Lügen nicht schlucken. Wir empfinden es jetzt als unser Pflicht, als in den USA lebende Russen, das amerikanische Volk zu warnen, dass es belogen wird, und ihm die Wahrheit zu sagen. Und die Wahrheit ist schlicht dies:

Wenn es zu einem Krieg mit Russland kommt, dann werden die Vereinigten Staaten mit hoher Sicherheit zerstört, und viele von uns wird das das Leben kosten.

Treten wir einen Schritt zurück und stellen das, was geschieht, in einen historischen Kontext. Russland hat viel unter ausländischen Invasoren gelitten und 22 Millionen Menschen im zweiten Weltkrieg verloren. Die meisten der Toten waren Zivilisten, denn es wurde in das Land eingefallen, und die Russen haben geschworen, ein solches Unglück nie wieder geschehen zu lassen. Jedes mal, wenn Russland überfallen wurde, war es am Ende siegreich. 1812 marschierte Napoleon in Russland ein; 1814 ritt die russische Kavallerie in Paris ein. Am 22. Juli 1941 bombardierte Hitlers Luftwaffe Kiew; am 8. Mai 1945 rollten sowjetische Truppen durch Berlin.

Aber seitdem haben sich die Zeiten geändert. Würde Hitler Russland heute angreifen, wäre er 20 bis 30 Minuten später tot und sein Bunker durch einen Schlag einer Kalibr Überschalllenkrakete in einen Haufen glühenden Schutts verwandelt, die von einem kleinen Schiff der russischen Marine irgendwo in der baltischen See abgefeuert wurde. Die operationellen Fähigkeiten der neuen russischen Armee wurden während der jüngsten Einsätze gegen ISIS, Al Nusra und andere aus dem Ausland finanzierte Terrorgruppen, die in Syrien operieren, sehr überzeugend demonstriert. Vor langer Zeit musste Russland auf Provokationen reagieren, indem es auf seinem eigenen Gebiet Landgefechte führte und dann zur Gegeninvasion überging; aber das ist nicht länger nötig. Russlands neue Waffen sorgen für sofortige, nicht zu entdeckende, unaufhaltsame und perfekt tödliche Erwiderung.

Daher ist es sichergestellt, dass die USA, falls morgen ein Krieg zwischen ihnen und Russland ausbräche, vernichtet würden. Zum Mindesten gäbe es kein Stromnetz mehr, kein Internet, keine Öl- und Gaspipelines, keine Autobahnen, keinen Luftransport und keine GPS-Navigation. Die Finanzzentren lägen in Trümmern. Regierung würde auf jeder Ebene aufhören, zu funktionieren. Die US-Streitkräfte, die rund um den Globus stationiert sind, würden nicht länger mit Nachschub versorgt. Im schlimmsten Fall würde die gesamte Landmasse der USA von einer Lage radioaktiver Asche bedeckt. Wir erzählen euch das nicht, um Panik zu machen, sondern, weil wir selbst, auf Grundlage dessen, was wir wissen, besorgt sind. Wenn Russland angegriffen wird, wird es nicht nachgeben, es wird zurückschlagen, und es wird die Vereinigten Staaten völlig auslöschen.

Die Führung der USA hat alles in ihren Mächten stehende getan, um die Situation an den Rand der Katastrophe zu führen. Zuerst hat ihre anti-russische Politik die russische Führung davon überzeugt, dass es nutzlos ist, dem Westen Konzessionen zu machen oder mit ihm zu verhandeln. Es wurde offensichtlich, dass der Westen immer jedes Individuum, jede Bewegung oder Regierung unterstützen wird, die anti-russisch ist; seien es Steuern hinterziehende russische Oligarchen, verurteilte ukrainische Kriegsverbrecher, von den Saudis unterstützte wahabitische Terroristen in Tschetschenien oder Punks, die in Moskau eine Kathedrale entweihen. Nun, da die NATO sich unter Bruch ihrer früheren Versprechen bis an die russische Grenze ausgedehnt hat, und US-Truppen ins Baltikum entsandt sind, in Artilleriereichweite von St. Petersburg, Russlands zweitgrößter Stadt, gibt es nichts, wohin die Russen zurückweichen könnten. Sie werden nicht angreifen, aber sie werden auch nicht nachgeben oder sich ergeben. Die russische Führung genießt die Unterstützung von über 80% der Bevölkerung, und die verbliebenen 20% sind der Überzeugung, sie sei den westlichen Übergriffen gegenüber zu zaghaft. Aber Russland wird Vergeltung üben, und eine Provokation oder ein simpler Fehler könnten eine Kette von Ereignissen auslösen, die mit Millionen toter Amerikaner und den USA als Trümmerhaufen endet.

Anders als viele Amerikaner, die Krieg als aufregendes, siegreiches Abenteuer im Ausland sehen, hassen und fürchten die Russen den Krieg. Aber sie sind ebenso bereit dazu, und sie haben sich schon seit einigen Jahren darauf vorbereitet. Ihre Vorbereitungen waren sehr effektiv. Anders als die USA, die ungezählte Milliarden für zweifelhafte, überteuerte Waffenprogramme wie den F-35 Mehrzweckkampfflieger verschleudern, gehen die Russen mit den Rubeln ihres Verteidigungsetats sehr sparsam um und erhalten dafür im Vergleich zur aufgeblasenen US-amerikanischen Rüstungsindustrie etwa zehn Mal soviel ‘Knall für die Kohle’. Auch wenn es stimmt, dass die russische Wirtschaft unter den niedrigen Energiepreisen gelitten hat, ist sie weit davon entfernt, ins Chaos zu stürzen, und eine Rückkehr zu Wachstum wird bereits nächstes Jahr erwartet. Senator John McCain nannte Russland einmal „eine Tankstelle, die vorgibt, ein Land zu sein.“ Nun, er hat gelogen. Ja, Russland ist der weltgrößte Ölproduzent und der zweitgrößte Ölexporteur; aber es ist auch der weltgrößte Exporteur von Getreide und von Nukleartechnik. Russland ist ebenso fortgeschritten und hoch entwickelt wie die Vereinigten Staaten. Die russischen Streitkräfte, die konventionellen wie die nuklearen, sind jetzt zum Kampf bereit, und sie sind denen der USA und der NATO mehr als ebenbürtig, insbesondere, wenn ein Krieg irgendwo in der Nähe der russischen Grenze ausbrechen sollte.

Aber ein solcher Kampf wäre für alle Seiten selbstmörderisch. Wir sind davon überzeugt, dass ein konventioneller Krieg in Europa mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr schnell nuklear wird, und dass jeder Nuklearschlag der USA oder der NATO gegen russische Truppen oder russisches Gebiet automatisch einen atomaren russischen Vergeltungsschlag gegen die USA selbst auslösen wird. Entgegen der verantwortungslosen Behauptungen einiger amerikanischer Propagandisten können die amerikanischen Raketenschilde gegen ballistische Raketen das amerikanische Volk nicht vor einem russischen Nuklearschlag schützen. Russland hat die Mittel, Ziele in den USA zu treffen, mit nuklearen wie auch mit konventionellen Langstreckenwaffen.

Der einzige Grund, warum die USA und Russland sich auf Kollisionskurs wiederfinden, statt die Spannungen abzubauen und auf einem weiten Feld internationaler Probleme zusammen zu arbeiten, ist die starrköpfige Weigerung der US-Führung, Russland als gleichwertigen Partner zu akzeptieren: Washington ist fest entschlossen, der „Führer der Welt“ zu sein, und die „unverzichtbare Nation“, auch wenn sein Einfluss im Gefolge einer Reihe außenpolitischer und militärischer Desaster wie im Irak, in Afghanistan, in Libyen, Syrien, im Jemen und der Ukraine, ständig schrumpft. Eine weitere Führung der Welt durch die USA werden weder Russland noch China noch die meisten anderen Länder bereitwillig hinnehmen. Dieser schrittweise, aber offensichtliche Verlust an Macht und Einfluss hat die Führung der USA hysterisch werden lassen, und es ist nur ein kleiner Schritt von hysterisch zu selbstmörderisch. Die politische Führung der USA sollte wegen Selbstmordgefahr unter Beobachtung gestellt werden.

Vor allen anderen fordern wir die Kommandeure der US-Streitkräfte dazu auf, dem Beispiel von Admiral William Fallon zu folgen, der auf die Frage nach einem Krieg gegen den Iran, so wird berichtet, erwiderte: „nicht während meiner Wache“. Wir wissen, dass Sie nicht selbstmörderisch sind, und dass Sie nicht für eine trügerische imperiale Hybris sterben wollen. Wenn es Ihnen möglich ist, sagen Sie ihrem Stab, ihren Kollegen, und, vor allem, ihren zivilen Vorgesetzten, dass ein Krieg mit Russland während Ihrer Wache nicht geschehen wird. Zumindest fassen Sie selbst diesen Entschluss, und sollte je der Tag kommen, an dem der selbstmörderische Befehl erteilt wird, verweigern Sie seine Ausführung, weil er verbrecherisch ist. Erinnern Sie sich, dass nach dem Nürnberger Tribunal „Einen Angriffskrieg zu beginnen.. ist nicht nur ein Völkerrechtsverbrechen; es ist das schwerste Verbrechen des Völkerrechts, das sich von anderen Kriegsverbrechen darin unterscheidet, dass es in sich selbst das gesammelte Übel des ganzen umfasst.“ Seit Nürnberg ist „ich habe nur Befehle ausgeführt“ keine gültige Verteidigung mehr; bitte werden Sie nicht zu Kriegsverbrechern.

Wir fordern auch das amerikanische Volk auf, mit friedlichen, aber mächtigen Aktionen jedem Politiker und jeder Partei entgegenzutreten, die sich mit unverantwortlicher, provokativer Russland-Hetze befasst und die eine Politik unnötiger Konfrontation mit einer nuklearen Supermacht billigen und unterstützen, die im Stande ist, die USA binnen einer Stunde zu zerstören. Verschafft euch Gehör, durchbrecht die Barriere der Propaganda der Massenmedien, und macht es euren amerikanischen Landsleuten bewusst, wie ungeheuer die Gefahr einer Konfrontation zwischen Russland und den USA ist.

Es gibt keinen objektiven Grund, warum die USA und Russland einander als Gegner sehen sollten. Die jetzige Konfrontation ist einzig das Ergebnis der extremistischen Ansichten der neokonservativen Bewegung, deren Mitglieder die US-Bundesregierung infiltriert haben und die jedes Land, das sich weigert, ihren Diktaten zu gehorchen, als Feind sehen, der zerschmettert werden muss. Dank ihrer pausenlosen Bemühungen sind bereits über eine Million unschuldiger Menschen gestorben, im ehemaligen Jugoslawien, in Afghanistan, im Irak, in Libyen, in Syrien, in Pakistan, der Ukraine, im Jemen, in Somalia und in vielen anderen Ländern – alle für ihr manisches Beharren, die USA müssten ein Weltreich sein, nicht einfach ein normales Land, und dass jeder Führer jeder Nation sich vor ihnen beugen muss oder fallen. In Russland ist die unaufhaltsame Macht, die die Neocon-Bewegung darstellt, endlich auf das unbewegliche Objekt getroffen. Sie müssen gezwungen werden, nachzugeben, ehe sie uns alle zerstören.

Wir sind uns absolut und kategorisch sicher, dass Russland die USA nie angreifen wird, noch irgendeinen Mitgliedsstaat der EU; dass Russland kein Interesse daran hat, die UdSSR wieder zu erschaffen, und dass es keine „russische Bedrohung“ oder „russische Aggression“ gibt. Viel von Russlands wirtschaftlichem Erfolg in letzter Zeit hat mit der Ablösung von früheren sowjetischen Abhängigkeiten zu tun, die es ihm erlaubt, einer Politik des „Russland zuerst“ zu folgen. Aber wir sind uns ebenso sicher, wenn Russland angegriffen oder auch nur mit einem Angriff gedroht wird, wird es nicht nachgeben, und die russische Führung wird nicht „blinzeln“. Mit großer Betrübnis und schweren Herzens werden sie die Pflicht erfüllen, auf die sie einen Eid abgelegt haben, und einen nuklearen Schwall auslösen, von dem sich die Vereinigten Staaten nie erholen werden. Selbst wenn die ganze russische Führung in einem Erstschlag umkäme, würde das sogenannte „System der Toten Hand“ (das „Perimetr“-System) automatisch genug Atomraketen starten, um die USA von der politischen Landkarte zu radieren. Wir sehen es als unsere Pflicht, alles in unseren Kräften stehende zu tun, um eine solche Katastrophe zu verhindern.

Eugenia W. Gurewitsch PhD
thesaker.ru

Dmitri Orlov
ClubOrlov

The Saker (A. Raevsky)
thesaker.is

“Das wird sich alles sortieren” (I)

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Interview des russischen Außenministers Sergej Lawrow mit Zeitung und Radio ‘Komsomolskaja Prawda’, Moskau 31.05.2015

Foreign Minister Sergey Lavrov’s interview to Komsomolskaya Pravda, Moscow, May 31, 2016

Foreign Minister Sergey Lavrov’s interview to Komsomolskaya Pravda, Moscow, May 31, 2016

Komsomolskaja Prawda (KP): Packen wir den Stier bei den Hörnern. Wir haben hunderte unterschiedlicher Botschaften und Fragen erhalten. Viele davon zeigen massive Sorgen in Verbindung mit einer sehr schwierigen Lage, was dieses Land betrifft. Sie haben versucht, uns mit Sanktionen zu zerschmettern, die NATO bewegt sich näher an unsere Grenzen, und es wird ein Raketenabwehrsystem entwickelt. Unser Land erlebt eine nie dagewesene Dämonisierung durch die internationalen Medien. Sie wollen uns nicht hören. Die Vereinigten Staaten führen in diesem Prozess. Der US-Präsident Barack Obama sagte, dass die amerikanische Nation außergewöhnlich sei, und andere Länder nach den Regeln spielen müssten, die die Vereinigten Staaten setzen. Die Rolle eines Vasallen passt eindeutig nicht für uns. Sind wir zu ewiger Rivalität und ewigem Konflikt mit dem unter Führung der Vereinigten Staaten vereinten Westen verdammt, die jederzeit zu einer Konfrontation werden können, um nicht ein noch finstereres Szenario zu erwähnen? Die Leute sagen immer öfter, dass es Krieg geben wird. Wie begründet sind diese Sorgen?

Sergej Lawrow (S.L.): Es wird keinen „Weltkrieg“ geben. Präsident Putin sagte das in Wladimir Solowjows Film Weltordnung. Ich bin überzeugt, dass auch verantwortliche Politiker im Westen das nicht geschehen lassen werden, denn sie erinnern sich gut an die Schrecken des ersten und zweiten Weltkriegs. Russland hat im Krieg in Europa die größten Verluste erlitten, China die größten im Pazifik, im Kampf gegen den japanischen Militarismus. Noch einmal, die Politiker können das nicht geschehen lassen.

Natürlich können wir uns auf andere verlassen, aber vor allem müssen wir daran denken, dass wir vorbereitet sind, einen weiteren Krieg zu verhindern. Solche Versuche werden gemacht, in Hinsicht auf den exzessiven Aufbau militärischer Kapazitäten und in Verletzung internationaler Verträge.

Sie haben das Raketenabwehrsystem erwähnt. 2001 haben sich die Vereinigten Staaten aus dem ABM-Vertrag zurückgezogen. Damals sagte US-Präsident George W. Bush in Erwiderung auf die Besorgnis, die Präsident Wladimir Putin ausgedrückt hatte, Moskau müsse sich keine Sorgen machen, da es nicht gegen Russland gerichtet sei, und die Vereinigten Staaten verstünden, dass Russland gezwungen wäre, zu antworten. Er sagte ebenfalls, Moskau könne jeden Schritt tun und machen, was es wolle. Unsere friedlichen Nachbarn aus Osteuropa sollten auch daran denken. Wir senden ruhig warnende Mitteilungen, dass wir Vergeltungsschritte unternehmen, wenn die militärische Infrastruktur der NATO näher an unsere Grenze rückt. Sie neigen dazu, das zu vergessen und Russland zu beschuldigen.

Wir werden natürlich wegen der Ukraine-Krise beschuldigt, und wegen der Syrien-Krise. Sie erzählen immer weiter, was wir tun sollen und müssen. Jetzt wollen sie, dass wir in Hinsicht auf die Libyen-Krise Unterstützung gewähren. Bald wird uns vielleicht schon vorgeworfen werden, was im Jemen passiert. Das ist eine geplante Politik, daran zweifle ich nicht.Offen gesagt, seit Anfang des 20. Jahrhunderts, wenn nicht früher, seit der Zeit Iwans des Schrecklichen, wollte niemand ein starkes und zuversichtliches Russland sehen. Während des ganzen vergangenen Jahrhunderts haben die Briten und die Amerikaner ihr Bestes getan, um zu verhindern, dass Eurasien seine Integrität bewahrt, damit meine ich das russische Reich, die Sowjetunion und das, was jetzt geschieht in Hinsicht auf Bemühungen, den Integrationsprozess des nach-sowjetischen Raums voranzutreiben. All das passt in das Konzept, dass der amerikanische Politikwissenschaftler Zbigniew Brzezinski in seinem Buch „Das große Schachspiel“ dargestellt hat, Das große Schachbrett, in dem er direkt die Aufgabe festschreibt, die Barbaren sich nicht vereinen zu lassen. So hat er das formuliert. Das ist natürlich eine Redewendung, aber sie zeigt deutlich genug die Denkweise, die dahinter steckt.

Nun zu dem, was wir tun müssen. Klar, Russland wird dämonisiert, und das ist okay, denn wir haben uns daran schon gewöhnt: mit wenigen Ausnahmen waren unsere Partner uns gegenüber in der Geschichte nicht offen. Erinnern Sie sich an die Fulton-Rede, die einige Monate nach dem Ende des zweiten Weltkriegs gehalten wurde, nach dem großen Sieg der Alliierten? Während des Krieges hat Winston Churchill öffentlich Stalin bewundert, sagte, die Sowjetunion sei ein solider Partner und Verbündeter, und dann machte er Bemerkungen, die den Kalten Krieg begannen. Ich rede noch nicht einmal von Informationen, wegen derer ich beschuldigt würde, paranoid zu sein. Im Vorlauf des G7-Treffens in Hiroshima und als Teil von Präsident Obamas Besuch in Japan, gab es in unseren Medien größere Debatten über die Gründe hinter der Entscheidung, auf Hiroshima und Nagasaki Atombomben abzuwerfen. Es ist bekannt, dass Präsident Truman ernsthaft darüber nach dachte, etwa zwanzig sowjetische Städte das gleiche Schicksal erleiden zu lassen.

Ihre Frage war sehr umfassend – sie berührte viele Dinge. Was die Sanktionen betrifft, im Kontext dessen, was ich gesagt habe, war die Ukraine nur ein Vorwand, um Sanktionen zu verhängen. Die Politik, Russland in Schach zu halten, begann schon viel früher. Sobald sie verstanden, dass der Amtsantritt von Präsident Putin im Jahr 2000 bedeutete, dass Russland in Außen-, Innen- und Wirtschaftspolitik unabhängig sein wollte, fingen sie an, nach Wegen zu suchen, um uns in Schach zu halten. Schließlich wurde der Magnitsky-Akt lange vor den Ereignissen in der Ukraine angenommen. Eine Menge Fakten sind enthüllt worden, auch in Dokumentarfilmen, die in Europa aus irgendeinem Grund verboten sind. Diese Filme und die in ihnen enthaltenen Tatsachen zeigen, dass der Tod von Sergej Magnitzky das Ergebnis eines enormen Betrugs durch William Browder ist, der nichts Anderes ist als ein schmieriger Ganove, was, da bin ich mir sicher, viele Leute wissen, die mit ihm zu tun hatten. Es wurden Sanktionen verhängt. Später hat Präsident Obama seinen Besuch in Moskau abgesagt, am Vorabend des G20-Gipfels in St. Petersburg im September 2013, weil er wegen Edward Snowden beleidigt war, der aus der National Security Agency geflohen war und in Russland um Asyl fragte. Wir mussten es ihm aus humanitären Erwägungen geben – er hatte keine Dokumente, die ihm erlaubt hätten, Russland zu verlassen. Da waren sie ebenfalls beleidigt, fingen an, uns einzuschüchtern und zu bedrohen, wenn auch nicht so stark wie im Falle der Ukraine.

Wir sehen in den jetzigen wirtschaftlichen Einschränkungen eine Möglichkeit, aus der wir das Beste machen sollten – um unsere technologische und Nahrungssicherheit zu stärken, die Wirtschaft und die Außenwirtschaftskontakte weiter zu diversifizieren und wirksame alternative Finanzmechanismen und Zahlungssysteme zu schaffen.

Ich würde sagen, es ist für uns nicht so wichtig, wann die anti-russischen Sanktionen aufgehoben werden – wir haben sie nicht verhängt und werden keine Kriterien oder Bedingungen für ihre Rücknahme diskutieren, sondern nur, wie wir unsere jetzige Position im Interesse unserer eigenen Wirtschaft und Entwicklung optimieren können.

K.P.: Warum würde ein Land, das den Krieg gewonnen hat, darum betteln, einen Friedensvertrag zu unterzeichnen? Wir sollten Japan die Hälfte des russischen Gebiets geben, damit es einen Friedensvertrag mit uns unterschreibt? Warum müssen wir die Kurilen übergeben und Japan anbetteln, einen Friedensvertrag mit uns zu unterschreiben?

S.L.: Das müssen wir nicht tun, wir tun das nicht und werden es in Zukunft nicht tun. Weder übergeben wir die Kurilen, noch betteln wir bei Japan um einen Friedensvertrag. Als eine verlässliche und verantwortliche Macht und Nachfolger der Sowjetunion hat Russland zu einem bestimmten Zeitpunkt bestätigt, dass wir alle Verpflichtungen, die die Sowjetunion eingegangen ist, annehmen. Diese Verpflichtungen umschließen auch die sowjetisch-japanische Erklärung von 1956, die unterzeichnet und von den Parlamenten der Sowjetunion und Japans ratifiziert wurde. Die Erklärung stellt fest, dass die Parteien sich vornehmen, einen Friedensvertrag abzuschließen, und erst danach kann die Sowjetunion, so hat sie sich damals verpflichtet, als Geste des guten Willens, und beruhend auf den Erwartungen des japanischen Volkes, die japanischen Inseln Shikotan und Habomai an Japan übergeben. Voraussetzung dieses Schrittes ist, vor allem, dass unsere japanischen Nachbarn die Ergebnisse des zweiten Weltkriegs bedingungslos anerkennen. Unglücklicherweise wollen unsere japanischen Partner das nicht, nicht nur in Verbindung mit den Inseln, sondern vielmehr wahrscheinlicher trotz ihrer. Japan bleibt tatsächlich das einzige Mitgliedsland der UN, dass die Bestimmungen der UN-Charta, die besagt, dass alles, was die Siegermächte getan haben, unveränderlich ist, nicht bestätigt hat.

Wir sind bereit, nach Wegen zur Zusammenarbeit mit unseren japanischen Nachbarn zu suchen. Japan ist ein großes Land, eine große Nation, die eine komplizierte Geschichte hat, darunter eine Geschichte von, milde gesagt, schlechten Beziehungen mit seinen Nachbarn. Dennoch sind wir daran interessiert, dass das japanische und das russische Volk, wie auch die Völker aller anderen Länder, in Harmonie leben und aus der Kooperation Nutzen ziehen. Es ist unmöglich, über eine beidseitig akzeptable Lösung des Territorialdisputs zu reden, ohne das Ergebnis des zweiten Weltkriegs anzuerkennen. Das erzählen wir unseren japanischen Partnern jedes Mal, wenn wir mit ihnen reden. Wir sagen ebenso, dass es viele Gelegenheiten gibt, diese Lage zu verbessern. Insbesondere haben wir, während der letzten Runde der Konsultationen, vorgeschlagen, den historischen Aspekt dieses Themas zu berücksichtigen, damit jedermann klar ist, dass der zweite Weltkrieg der Geschichte, dass diese Inseln die Hände wechseln, ein Ende gesetzt hat.

Wir realisieren, dass die Gräber von Verwandten von Japanern auf diesen Inseln sind. Einige Leute, die auf diesen Inseln lebten, sind noch am Leben. Wir haben besondere visafreie Reiseprogramme für Japaner, die die Südkurilen besuchen wollen. Die Einwohner der Region Sachalin können übrigens auch als Teil von visafreien Gruppen nach Japan reisen. Wir haben unsere japanischen Nachbarn schon seit langer Zeit eingeladen, zusammen mit uns auf diesen Inseln wirtschaftlich tätig zu werden. Sie können investieren und Sonderwirtschaftszonen schaffen. All das können sie tun. Ich hoffe, dass sich unsere japanischen Kollegen auf genau diese Tätigkeiten konzentrieren werden. Zumindest haben wir ihnen die Einladung dazu gemacht. Ich denke, das wird viele Themen von der Tagesordnung nehmen. Wenn das Entscheidende ist, dass diese Inseln für japanische Besucher und Geschäftsleute offen sind, für humanitäres Handeln von Japan aus, dann ist alles andere vermutlich nicht so grundlegend.

K.P.: Was ist der Kern der neuen Herangehensweise an die Frage der sogenannten „nördlichen Gebiete“, von der der japanische Premier Shinzo Abe vor kurzem in Sotschi gesprochen hat?

S.L.: Da ist nichts dran, was nicht zuvor diskutiert wurde. Es bedeutet tatsächlich, dass unser Dialog auf die Linie zurückkehrt, die 2003 auf einem russisch-japanischen Gipfel formuliert und 2013 bestätigt wurde, als der japanische Premierminister Shinzo Abe Russland offiziell besucht hat.

Die Idee ist, dass wir, um irgendein Problem zu behandeln, das auftaucht, oder ein altes Problem, wir unsere Partnerschaft in alle Richtungen ausweiten müssen, sie auswachsen und strategisch werden lassen. Das betrifft Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, insbesondere auf dem Gebiet der Investitionen (wechselseitiger Investitionen) und den humanitären Austausch, der von unseren Völkern sehr gewünscht wird. Und das bezieht sich zu nicht geringem Anteil auf unsere Kooperation in Fragen der Sicherheit und der strategischen Stabilität. Es würde uns sehr gefallen, wenn unsere japanischen Kollegen selbst ihren außenpolitischen Kurs setzen würden.

K.P.: Mit wem ist schwieriger umzugehen, westlichen oder östlichen Diplomaten?

S.L. Was das angeht, wie es ist, mit westlichen und östlichen Diplomaten umzugehen, wenn Sie mit östlich Asien und Afrika meinen, würde ich sagen, alles hängt von der Person ab. Es gibt westliche Kollegen, die tun, als wüssten sie nichts, wenn sie nichts zu sagen haben, oder die sehr geradeheraus handeln, und dann gibt es unsere chinesischen oder japanischen Partner, die versierter sind und besser vorbereitet. Das hängt alles von der Person ab.

Der Stil der Diplomatie in Asien unterscheidet sich natürlich etwas von der im Westen. Er ist delikater, subtiler, verfeinerter und weniger grob. Früher diktierten nur die Vereinigten Staaten jedermann ihren Willen, und das tun sie noch. Kürzlich sagte US-Präsident Barack Obama, dass die Vereinigten Staaten alle globalen Regeln selbst bestimmen sollten, während der Rest, einschließlich Chinas, das er besonders hervorhob (aber Russland offensichtlich auch), diesen Regeln gehorchen solle. Unglücklicherweise wird diese langanhaltende Krankheit schwer zu heilen sein, aber sie wird vorübergehen. Bedauerlicherweise tritt Europa in diese Fußstapfen, greift zu ähnlichen Methoden und nimmt ähnliche Gewohnheiten an, greift beim ersten Anzeichen von Problemen direkt zu Sanktionen. Früher war das nur für die USA charakteristisch. Das wird sich im Laufe der Zeit alles zurecht sortieren.

K.P.: Ein Fünftel der über tausend Fragen, die wir von unseren Hörern erhalten haben, betrifft die Ukraine. Der Minsker Prozess wurde vor über einem Jahr begonnen. Viele glauben, dass er stockt und keine positiven Ergebnisse bringen wird. Gibt es irgendeine Hoffnung auf Umsetzung des Minsker Pakets?

S.L.: Natürlich, es gibt noch Hoffnung. Mehr noch, wir müssen seine Umsetzung fordern, wie wir es getan haben. Die Minsker Vereinbarungen wurden durch sehr schwierige Gespräche auf oberster Ebene koordiniert und in der Folge von Kiew, Donezk, Lugansk, Russland, Frankreich und Deutschland unterzeichnet. Es sind die einzigen Dokumente, die die Verpflichtungen der Konfliktseiten benennen, und die Garantien durch die Europäer und Russland. Wir dürfen es nicht erlauben, dass diese Vereinbarungen den Weg der Vereinbarungen nehmen, die in der Nacht des 21.Februar 2014 von Viktor Janukowitsch, Arseni Jatsenjuk, Vitali Klitschko und Oleg Tyagnibok unterschrieben wurden, in Anwesenheit von und bezeugt durch Vertreter von Frankreich, Deutschland und Polen, nur um gleich am nächsten Morgen verletzt zu werden. Unsere französischen, deutschen und polnischen Kollegen haben zu ihrer Schande dazu geschwiegen. Wenn wir es jenen erlauben, die den Staatsstreich in der Ukraine inszenierten und gegenwärtig die wichtigste politische Kraft in der Ukraine sind, mit den Minsker Vereinbarungen genauso zu verfahren, dann verlieren wir alle das Gesicht, auch der UN-Sicherheitsrat, der den in Minsk unterzeichneten Vereinbarungen in ihrer jetzigen Form zugestimmt hat, ohne irgendwelche Ergänzungen zu empfehlen.

Der Präsident der Ukraine Petr Poroschenko und der Außenminister Pawel Klimkin geben einander widersprechende Erklärungen ab, was ihr Bekenntnis zum Minsker Paket betrifft; sagen ihrem Volk das eine, und versuchen, sich bei Treffen mit ihren ausländischen Partnern kooperativer zu verhalten. Wir hoffen, das zumindest nach einem Teil dieser Erklärungen auch gehandelt wird. Die Lage ist sehr einfach. Sie debattieren wieder, was zuerst kam, die Henne oder das Ei, und welche Schritte als nächste genommen werden müssten. Für Präsident Poroschenko ist unerwarteterweise die Sicherheit das Hauptthema geworden. Er redet jetzt nicht nur über die Waffenruhe, sondern auch von irgendwelchen internationalen Kräften, die die Sicherheit im Donbass sicherstellen sollen. Das letztere ist in den Minsker Vereinbarungen nicht festgelegt. Der Donbass wird nie zustimmen, und nach den Minsker Vereinbarungen müssen absolut alle Schritte hin auf eine Beilegung mit dem Donbass koordiniert werden.

Was die Sicherheit an der Trennungslinie betrifft, stehen wir fest dafür, die Rolle und die Verantwortung der OSZE-Mission zu stärken, die Zahl ihrer Beobachter zu erhöhen, damit sie die Schaffung einer sicheren Distanz zwischen den Konfliktparteien überwachen, wie es vereinbart wurde, und auch die dauerhaften Lagerstätten für die schweren Waffen beider Seiten überwachen. Letztlich kann man den Prozess unbegrenzt verlängern, indem man endlos über unzureichende Sicherheit redet. Kiew besteht darauf, dass politische Reformen erst beginnen werden, wenn die Sicherheit über mehrere Wochen oder Monate zu hundert Prozent erhalten ist. Das ist unrealistisch. Nichts derartiges wurde je in irgendeinem anderen Konflikt erreicht, ohne erst alle politischen Aspekte zu klären. Und was die politischen Aspekte betrifft, liegen alle sprichwörtlichen Bälle in der ukrainischen Hälfte. Ich beziehe mich hier vor allem auf den besonderen Status des Donbass, der in den Minsker Vereinbarungen auf den Weg gebracht wurde, und der jetzt in Gesetzesform gebracht und durch die Verfassung geschützt werden muss. Da ist auch das Thema der Amnestie, denn die Amnestie muss ein Teil der Beilegung sein, jetzt, da die Gezeiten in dem Konflikt gewechselt haben. Ein Gesetz über die Amnestie wurde von der Werchowna Rada eingebracht und verabschiedet, aber Präsident Poroschenko hat es nicht unterzeichnet. Ich weiß nicht, warum. Es wird uns gesagt, dass einer Amnestie nur auf Grundlage des Gesetzes von 1996 zugestimmt werden könne, nach dem alle Verdächtigen individuell um Amnestie nachsuchen müssen und ihre Anträge individuell von ukrainischen Gerichten verhandelt werden. Das ist nicht das, was wir vereinbart hatten, und das wird sicher die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen verhindern. Und zuletzt, Wahlen sollen im Donbass abgehalten werden, nachdem der spezielle Status in der Verfassung formalisiert wurde, zusammen mit dem Gesetz zur Amnestie. All diese Themen – die Wahlen, das Gesetz über den besonderen Status, und die Ergänzungen zur Verfassung in Einhaltung der Minsker Vereinbarungen, die das klar verlangen – müssen mit den vom Konflikt betroffenen Gebieten in den Regionen Donezk und Lugansk abgesprochen werden.

Nichts von dem Oben erwähnten ist passiert, trotz der Bemühungen innerhalb der Kontaktgruppe, dem einzigen Ort, wo der direkte Dialog zwischen Kiew, Donezk und Lugansk möglich ist, und innerhalb des Normandie-Formats, das die Kontaktgruppe nicht ersetzen kann, so sehr Kiew, oder gar Berlin und Paris, das auch wünschen mögen. Wir sind uns über ihre Stimmung im Klaren, und haben Vorschläge gehört, dass die vier Parteien – Frankreich, Deutschland, Russland und die Ukraine – eine Beilegung verhandeln sollen, nach der von Russland erwartet wird, den Donbass zu überzeugen, sich den Verhandlungen anzuschließen. Als wir erklärten, das, was es braucht, ist ein direkter Dialog zwischen dem Donbass und Kiew, fragte ein deutscher Vertreter zynisch und eher unverschämt, warum wir auf einem direkten Dialog bestünden, wenn es Russland 15 Minuten kosten würde, den Donbass seinem Willen zu beugen. Das ist präzise, was er sagte.

K.P.: Es wäre besser, wenn sie Kiew beugen würden.

S.L.: Das ist genau, was ich zum Abschluss meiner Antwort auf Ihre Frage sagen wollte. Ich glaube, nicht nur die Deutschen, Franzosen, viele andere in Europa und den Vereinigten Staaten sehen, dass Kiew den Verpflichtungen aus dem Weg geht, die der Präsident der Ukraine eingegangen ist.

Zum zweiten Teil


“Das wird sich alles sortieren” (II)

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Foreign Minister Sergey Lavrov’s interview to Komsomolskaya Pravda, Moscow, May 31, 2016

Zum ersten Teil

K.P.: Ich habe von Anfang an im Donbass gearbeitet und das Referendum am 11. Mai miterlebt. Es ist schwer, den Leuten zu erklären, warum das Referendum auf der Krim anerkannt wurde, und die Referenden in Donezk und Lugansk nicht, die genauso fair und ernsthaft waren wie das auf der Krim, und in Gegenwart von Journalisten stattfanden.

Wir haben zu diesem Thema Anrufe gehabt:

Warum hat Russland dem Südosten der Ukraine weniger Aufmerksamkeit geschenkt? Ist der verwüstete Donbass nicht so gut wie die blühende Krim?

Ich rufe aus Donezk an. Gebt Donezk nicht auf. Das ist russisches Land, auf dem russische Leute leben. Wir erleben Not, und warten auf Eure Hilfe. Wir werden ohne sie nicht überleben. Bitte gebt uns nicht auf.

Warum gibt Russland keine Erklärung ab in dem Sinne, dass es, wenn die Ukraine weiterhin die Minsker Abkommen sabotiert, die Volksrepubliken Donezk und Lugansk öffentlich anerkennt und mit ihnen Verträge schließt, wie mit Abchasien und Südossetien?

S.L.: Zuerst, wir haben den Südosten der Ukraine nicht aufgegeben, und erinnern uns immer daran. Wir unterstützen ihn proaktiv, und nicht nur politisch. Diese Bemühungen umfassen humanitäre Hilfe, Initiativen, um wirtschaftliche Fragen zu lösen und um angemessene Lebensbedingungen sicher zu stellen, einschließlich solcher Themen, um die sich zu kümmern Frankreich und Deutschland versprochen hatten. Sie hatten angeboten, das Banksystem wieder herzustellen, konnten es aber nicht, und gaben das zu. Das zeigt nur, dass man Partnern vertrauen sollte, sich aber auf sich selbst verlassen. Russland ist beteiligt, dieses und andere Themen, die die Lebensbedingungen im Donbass betreffen, zu lösen, und wird dies weiterhin sein.

Unter den Bestimmungen der Minsker Vereinbarungen zum besonderen Status des Donbass ist das Recht auf direkte und unbeschränkte wirtschaftliche und andere Beziehungen mit der russischen Föderation. Das ist eine Schlüsselkomponente, die es Russland wie auch Donezk ermöglichte, die Minsker Vereinbarungen zu unterstützen.

Was die Referenden betrifft, Sie sind sich der Bedingungen bewusst, unter denen das Referendum auf der Krim gehalten wurde, und wie es in den Regionen Donezk und Lugansk stattfand. Nach dem Referendum im Donbass haben sich die Führer dieser selbsternannten Republiken nicht geweigert, einen Dialog mit Kiew zu führen. Es war dieser Dialog, der zum Minsker Paket führte.

K.P.: Sie (die Menschen im Donbass, A.d.Ü) haben von Unabhängigkeit geredet.

S.L.: Lassen Sie es mich wiederholen, sie haben sich nie geweigert, mit Kiew zu reden. Es stimmt, dass sie ihre Unabhängigkeit erklärten, während sie sagten, sie seien für Verhandlungen offen. Russland, Deutschland und Frankreich haben dieses Gespräch unterstützt, das den Weg zu den Minsker Vereinbarungen ebnete. Sie können die Tür zuschlagen und dem Beispiel jener folgen, die mit Anerkennung, Sanktionen und Ähnlichem drohen und unfähig sind, diplomatische und politische Werkzeuge zu gebrauchen. Das würde dem Westen den Vorwand liefern, den Druck auf Kiew zu beenden, selbst den sehr moderaten. Kiew ist unter Druck. Sie sind nicht scharf darauf, das öffentlich zu sagen, aber wenn sie mit den Ukrainern hinter verschlossenen Türen reden (das wissen wir sicher), dann fordern sie recht hart, dass alle Vereinbarungen, die in Minsk erreicht wurden, auch befolgt werden.

Ich denke, es ist sehr wichtig, sicher zu stellen, dass die Dokumente, die vom Sicherheitsrat unterzeichnet und gebilligt wurden, umgesetzt werden, selbst wenn das keinem anderen Zweck dient als dem der Disziplin. Wir sind in einer einzigartigen Situation. Es gibt im Moment keinen Weg, dieses Dokument durch irgend etwas in Frage zu stellen, und niemand versucht, ihm ein anderes Dokument entgegen zu setzen. Es kann nicht angefochten werden. Wenn wir jetzt sagen, unsere Geduld ist aufgebraucht, gehen wir einen anderen Weg, dann sagen sie nur: Gut, macht nur. In diesem Fall würde der Westen aufhören, Druck auf die ukrainischen Machthaber auszuüben.

Der Donbass ist nicht der einzige Grund, Druck auf die Ukraine auszuüben. Das Mandat der OSZE-Mission umfasst die gesamte Ukraine. Russland besteht regelmäßig darauf, dass die Mission nicht nur Berichte über den Donbass und die Demarkationslinie schreibt, sondern auch über andere ukrainische Regionen. Dort passieren schreckliche Dinge. Selbst wenn unsere OSZE-Kollegen die Dinge besser aussehen lassen, als sie sind, erkennen sie doch die Verletzung von Minderheitenrechten an, darunter der Ungarn, und die Durchdringung von Regionen wie Transkarpatien durch die Mafia. In vielen Fällen stehen Abgeordnete der Werchowna Rada hinter dem organisierten Verbrechen, wenn die Berichte das auch nicht erwähnen.

Aus diesem Grund müssen wir diesen rechtlichen und internationalen Rahmen erhalten und ihn auf jede denkbare Weise davor schützen, untergraben zu werden, von innen wie von außen.

K.P.: Ich würde gerne mit dem Maidan weitermachen. Ich habe acht Jahre in der Ukraine gearbeitet und habe mit eigenen Augen gesehen, wie sich die Ereignisse des Maidan entfalteten. Ich denke, was die russische Diplomatie betrifft, war es ein blankes Versagen. Schon im April 2013 haben wir in der Komsomolskaja Prawda geschrieben, dass die allgemeine Stimmung in Galizien war, in einen Krieg gegen Russland zu ziehen. Sie haben ihre Pläne nicht verheimlicht. Wir haben darüber geschrieben, aber niemand hat aufgepasst. Alle pro-russischen Beobachter, die damals in der Ukraine arbeiteten, sagten, es ist ihnen nicht gelungen, den russischen Botschafter in der Ukraine, Michail Surabow, in irgendeiner Weise zu beeinflussen oder sich nur mit ihm zu treffen. Treffen mit dem Botschafter wurden einmal im Jahr abgehalten, am 12. Juni, den Feiern zum Tag Russlands, üblicherweise begleitet von Wodka und Bier. Es gab keine anderen Gelegenheiten. Russland war nicht bereit, als der Maidan ausbrach, und hat in dieser Situation schlicht verloren. Wir haben viele Fragen erhalten, warum der russische Botschafter in der Ukraine, Michail Surabow, noch im Amt ist.

S.L.: Ich denke, das ist kein Thema, das öffentlich diskutiert werden sollte.

K.P.: Warum nicht? Es betrifft Russlands internationale Diplomatie.

S.L.: Botschafter Michail Surabow kann und wird dem russischen Außenministerium und der Staatsduma des russischen Bundesparlaments Bericht erstatten. Ich bin nicht sicher, ob ich den Kern Ihrer Frage verstehe.

K.P.: Was ich sagen will, ist, dass wir auf den Maidan nicht vorbereitet waren.

S.L.: Das ist es, wovon ich rede. Sie sagen, wir haben auf dem Maidan verloren. Wenn Sie sich dessen so sicher sind, und wenn oft gesagt wird, dass die russische Diplomatie versagt hat, welche Alternativen deuten Sie an? Was hätten wir tun sollen, wenn sich die Leute so sicher sind, dass das unser Versagen war?

K.P.: Die US-Botschaft war nicht knickrig bei der Propaganda gegen uns und hat Websites gezahlt, von denen jede ein paar Tausend Dollar kostet (Kleingeld für ein großes Land wie das unsere). Diese Sites haben unseren Ruf ein Jahrzehnt lang in die Tonne getreten. Die Amerikaner haben es nicht verborgen, dass sie 5 Milliarden Dollar für Propaganda gegen Russland und vermeintlich für die Redefreiheit ausgegeben haben. Unseren Botschaften fehlt allgemein die Initiative. Die Stimme eines amerikanischen Botschafters wird immer gehört, und die Stimme der Unsrigen ist immer stumm – mit einigen wenigen Ausnahmen. Ich kann Libanon als Beispiel anführen, wo der russische Botschafter Alexander Sasipkin großartige Arbeit leistet. Die Lage im Libanon hat sich dramatisch verändert, als er dort war, weil die Leute immer wieder seine Interviews hörten. Unsere Botschafter und unsere Botschaften sind wie Bunker; sie leben in ihrer eigenen kleinen Welt und kommen nicht heraus.

Oder ein anderes Beispiel. Der jetzige ukrainische Botschafter in Kroatien hat die dortigen Medien regelrecht „vergewaltigt“. Er bekam sogar eine Kolumne in einer Zeitung, in der er Russland täglich mit Dreck bewirft.

Unsere Leute melden sich nicht zu Wort. Wo sind sie? Warum verstecken sie sich? Warum bieten sie sich nicht für Interviews an? Das ist ein großes Problem. Ich arbeite in vielen verschiedenen Ländern und überall, wo ich hingehe, erzählt man mir von Versammlungen, die Alexander Puschkin und Pjotr Tschaikowskij gewidmet sind. Wer interessiert sich jetzt für die?

S.L.: Ich kann dem nicht zustimmen, denn Russlands Botschafter in den Vereinigten Staaten, im Libanon, dem Irak und Syrien, und Russlands Sondergesandte bei der UN in New York und beim UN-Büro in Genf sind nicht nur als Leute bekannt, die regelmäßig im Fernsehen auftauchen, sondern arbeiten extrem hart.

Sie sollten eines verstehen: auf den Titelseiten der Zeitungen, im Fernsehen und im Radio aufzutauchen ist bei weitem nicht Alles, was sie tun, und in den meisten Fällen ist es nicht der Hauptteil ihrer Arbeit. Sie haben erwähnt, für unterschiedliche Sites zu zahlen. Nun die US-Botschaft in Kiew hat nicht nur gezahlt, ein ganzes Stockwerk des Sicherheitsdienstes war mit Beschäftigten des FBI oder der CIA oder beider plus NSA besetzt und ist es noch.

Was war die Alternative? Sollten wir genauso Politikwissenschaftler bezahlen, um auf bestimmten Sites zu arbeiten? Als die Banditen auf dem Maidan auftauchten, forderten wir, sie sollten die ukrainische Verfassung beachten. Das wollten sie nicht, und das Ergebnis war eine Vereinbarung von Viktor Janukowitsch mit Oppositionsfiguren. Diese Vereinbarung wurde am 21. Februar unterzeichnet und beinhaltete tatsächlich, dass Janukowitsch seine präsidentiellen Rechte, Gewalt zu gebrauchen, aufgibt, und sein Gewaltmonopol, und frühen Wahlen zustimmt. Anders gesagt, wäre diese Vereinbarung umgesetzt worden, wäre er schon vor langer Zeit demokratisch entfernt worden (überflüssig zu erwähnen, dass er, wie jeder annimmt, nicht wiedergewählt worden wäre), und es wären ähnliche Leute an der Macht jetzt, aber ohne so viele Opfer und so viel Zerstörung. Was schlagen Sie vor? Als diese Banditen begannen, auf dem Maidan Exzesse zu begehen, hätten wir da Truppen schicken sollen oder was? Erklären Sie das bitte.

K.P.: Wir hielten alle Karten in den Händen.

S.L.: Was meinen Sie damit?

K.P.: Ein rechtmäßig gewählter Präsident ist nach Russland geflohen. In einem Land, das uns nahe steht, das unser Freund ist, fand ein Militärputsch statt. Der Präsident hat uns um Hilfe gebeten. Wir hatten jedes Recht, die Dinge unter Kontrolle zu bringen. Ein Haufen Banditen ergriff die Macht – das ist ein bewaffneter Putsch. Warum haben wir das nicht gemacht?

Ich sage Ihnen, warum – weil wir uns an eine Theorie staatlicher Souveränität klammern, die uns die Hände bindet. Die Amerikaner haben eine Theorie der humanitären Intervention entwickelt, die eine Verpflichtung, einzugreifen, nahe legt. Währenddessen reden wir weiter über Souveränität und haben uns damit schon in die Falle manövriert. Wir produzieren keine Ideologien. Wir haben genauso das Recht, zu intervenieren.

S.L.: Lassen wir doch den Jargon beiseite. Sagen Sie mir direkt, denken Sie, wir hätten Truppen schicken sollen?

K.P.: Ja, das hätten wir. Es war unsere Pflicht, uns einzumischen, durch humanitäre Intervention.

S.L.: Dem stimme ich nicht zu. Sie wollen Krieg zwischen den Russen und den Ukrainern?

K.P.: Das wäre kein Krieg.

S.L.: Krieg gegen die eigenen Leute betreiben die Leute, die der Putsch an die Spitze gebracht hat. Ich denke, dass Russen und Ukrainer ein Volk sind. Wenn Sie denken, wir sollten gegen unsere eigenen Leute Krieg führen, dann bin ich kategorisch anderer Meinung.

K.P.: Das wäre nicht Krieg führen, das wäre sich um eine Bande kümmern, die die Macht ergriffen hat.

S.L.: Nun, diese Bande hat die Unterstützung einer großen Zahl von Leuten, einige davon tragen Militäruniformen, andere nicht; es reicht, die Nationalbataillone zu erwähnen, was immer Sie von ihnen denken mögen. Das sind zehntausende solcher Leute. Also schlagen Sie vor, dass wir uns um Zehntausende Ukrainer ‘kümmern’?

K.P.: Sie haben erst Zehntausende, seit wir die Sache aufgegeben haben und die Dinge laufen ließen.

S.L.: Die Armee hat dem neuen Regime Treue geschworen, und das neue Regime hätte dieser Armee befehlen können, gegen die russische Armee zu kämpfen? Das ist eine scheußliche Idee, ich mag es mir nicht einmal vorstellen.

K.P.: Letzte Woche gab es Nachrichten, die viele unserer Leser und Zuhörer alarmiert haben, Nadeschda Sawtschenko betreffend. Leser fragten, was Sie von der Freilassung einer Kriminellen halten, die unsere Journalisten umgebracht hat. Sie denken, sie wird jede Möglichkeit wahrnehmen, Russland zu provozieren. Haben wir da richtig gehandelt?

S.L. Ich glaube, ja. Wir mussten unsere Bürger zurückbringen, und das haben wir. Es ist unsere prinzipielle Position, alle gegen alle zu tauschen, nicht nur in solchen Fällen wie dem von Sawtschenko und unseren Bürgern, sondern auch, das ist wichtiger, bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen. Ich denke, es sollte der Ukraine Kopfschmerzen bereiten, wenn Sawtschenko mit uns schmutzige Spielchen spielt (aber wer in der Ukraine spielt keine schmutzigen Spielchen mit uns? Es gibt praktisch keinen ukrainischen Politiker mehr, der normal mit uns redet).

K.P.: Das ist wahr.

S.L.: Sie ist eine sehr eigenartige Frau. Sie sieht wohlgenährt aus, was das angeht.Ich denke, jeder kann jetzt sehen, was ihre hysterischen Hungerstreiks wert waren. Sie will Präsidentin werden, gegen uns Krieg führen, und sie will noch etwas anderes.

K.P.: Währenddessen läuft sie überall barfuß herum.

K.P.: Alle Länder im Nahen Osten schauen genau auf die Konfrontation zwischen Russland und der Türkei. Örtliche politische Experten erinnern sich gut an Präsident Putins Warnung, sie kämen nicht „mit Tomaten davon“. Jetzt haben die Dinge eine unerwartete Wendung genommen. Vor einigen Tagen waren wir die ersten, die sagten, wir würden gerne Kontakte wieder aufnehmen. Das mag ja sehr christlich sein, aber was ist mit dem Prinzip „ein Auge für ein Auge und ein Zahn für einen Zahn“? Meine östlichen Freunde und Politikexperten fragen das Folgende. Sie waren nicht diejenigen, die den Krieg mit der Türkei angefangen haben, und Ihnen kann er nicht vorgeworfen werden. Die Sowjetunion hätte niemand ungestraft gelassen, der eines ihrer Flugzeuge abgeschossen hat. Warum sind die Russen jetzt die ersten, die den Olivenzweig anbieten? Orientalische Politikwissenschaftler sehen das als Demütigung Russlands durch den Islam.

S.L.: Setzten wir das nicht weiter fort. Das ist, wie ein Eigentor schießen. Sie oder Ihre Korrespondenten treffen Einschätzungen, die grundlegend unwahr sind, und ziehen dann, von ihrem eigenen Fehler ausgehend, Schlussfolgerungen, wie unsere Handlungen zu bewerten sind.

Wir haben nie gesagt, dass wir der Türkei einen Olivenzweig oder irgend etwas anderes anbieten. Warum sollten wir? Wir haben gesagt, dass die Türkei sich entschuldigen sollte, und die Verluste, die als Folge dieses kriminellen Akts, dieses Kriegsverbrechens entstanden sind, entschädigen. Als Präsident Putin gefragt wurde, ob die Türkei irgendwelche Schritte unternähme, sagte er, dass sie auf unterschiedlichen Kanälen Fortschritte machen.

K.P.: Sind wir bereit, die Beziehungen wieder herzustellen?

S.L.: Nein, Präsident Wladimir Putin hat gesagt, wir sind bereit, die Möglichkeit zu prüfen. Aber zuerst sollte die Türkei das tun, was sie tun muss. Aber warum reißen Sie das aus dem Zusammenhang?

Wenn sie nur eine Stimmung von Defätismus und Panik unter der russischen Führung sehen wollen, dann wird das eine schwierige Unterhaltung. Sehen Sie, man muss nicht beleidigend werden, um zu zeigen, dass man die Handlungen seines Partners missbilligt, und das ist es, was getan wurde. Und natürlich sind sie nicht mit einem Tomatenbann davon gekommen; da ist viel mehr. Also versuchen sie jetzt, über verschiedene sichere Kanäle mit uns Kontakt aufzunehmen und schlagen vor, dass bestimmte Komitees eingerichtet werden. Im Dezember, als mir der türkische Außenminister im Vorbeigehen bei der OSZE begegnete, schlug er vor, dass wir ein Komitee oder eine Gruppe einrichten, mit Diplomaten, Militärs, Experten und Geheimdienstoffizieren, und ich weiß nicht wer noch alles.

K.P.: Und haben sie in den letzten sechs Monaten irgendwelche Fortschritte gemacht?

S.L.: Natürlich nicht. Also bleibt unsere Haltung unverändert.

K.P.: Wir fordern drei Dinge – eine offizielle Entschuldigung, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, und Entschädigung für die Schäden, richtig?

S.L.: Natürlich.

K.P.: Was Syrien angeht, ich war in syrisch-Kurdistan. Die syrischen, irakischen und türkischen Kurden wollen wissen, ob Russland gekommen ist, um zu bleiben, oder ob dies ein zeitweiliger Einsatz ist. Sie wollen, dass Russland bleibt, damit sich ein zweites Machtzentrum im Nahen Osten bilden kann. Sind wir dort, um zu bleiben?

S.L.: Im Nahen Osten wurde schon ein Machtzentrum etabliert. Ich weiß nicht, ob das das zweite oder nicht vielleicht das erste Machtzentrum ist. Schauen Sie, die US-geführte Koalition, die manche als erstes Machtzentrum sehen, lässt einfach die Zeit verstreichen. Ich habe jüngst mit US-Außenminister John Kerry gesprochen und ihn gefragt, warum sie aufgehört haben, die Terroristen zu bombardieren, und warum sie keinen einzigen Kampfeinsatz geflogen haben, um den illegalen Öltransport in die Türkei zu verhindern.

K.P.: Und was hat er gesagt?

S.L.: Er sagte, sie täten es. Sie werden abermals von der fehlerhaften Sicht geleitet, dass Terroristen mit freundlichen Oppositionskräften gemischt sind, dass man diese freundliche Opposition treffen könnte, wenn man Terroristen angreift, und dass das vermieden werden müsste. Aber ich erinnerte ihn daran, dass sie uns Ende Februar zugesichert hätten, dass Einheiten, die sie als patriotisch und ihnen gegenüber loyal ansehen und mit denen sie zusammenarbeiten, sich aus den Stellungen wegbewegen, die durch Jabhat al-Nusra gehalten werden. Mehr als drei Monate sind vergangene, und nichts wurde getan. Sie haben uns jetzt um einige weitere Tage gebeten, ehe ihr Plan, nach dem jeder, der sich nicht der Waffenruhe angeschlossen hat, ein legitimes Ziel ist, gleich, ob sie als Terroristen gelistet sind oder nicht, in Aktion tritt. Sie haben um einige weitere Tage gebeten, um zu erwidern, und diese Tage enden diese Woche.

Zu diesem Moment ist die Koalition fast untätig, während Kämpfer und Ausrüstung weiter über die türkische Grenze kommen. Offensichtlich wird eine Offensive vorbereitet, die durch mehrere Vereinbarungen und durch Resolutionen des UN-Sicherheitsrats untersagt ist. Sie erzählen uns, die sogenannten „guten“ Einheiten seien bereit, ihre Verletzungen der Waffenruhe zu beenden, aber dass zu diesem Zweck ein politischer Prozess begonnen werden müsse. Mitglieder einer Delegation, die vor allem durch türkische Unterstützung eingerichtet wurde – das sogenannte Hohe Verhandlungskomitee – sagen, sie könnten an den Gesprächen nicht teilnehmen, weil der syrische Präsident Bashar al-Assad nicht zurückgetreten sei. Diese Zirkusnummer schleppt sich schon lange hin.

Ich habe meinem Kollegen offen gesagt, dass sie, unserer Meinung nach, schlicht versuchen, uns an der Nase herumzuführen. Er schwört, dem sei nicht so, und dass die Militärbehörden zumindest anfangen würden, ihre Einsätze zu koordinieren. Ich wiederhole, wir haben ihnen bereits offen gesagt, dass uns das nicht passt, und dass wir diese Geschichten nicht länger anhören. Wir haben Verpflichtungen der rechtmäßigen syrischen Regierung gegenüber, wir sind auf ihre Einladung dort, und niemand hat die Koalition eingeladen. Die US-geführte Koalition wurde in den Irak eingeladen, und nicht nach Syrien. Aber die syrische Führung hat gesagt (und die USA wurden darüber informiert), dass sie, wenn die Koalition ihre Einsätze mit den russischen Luft-Raum-Kräften koordiniert, nicht offiziell protestieren werden und sie als unsere Partner im Kampf gegen Terrorismus betrachtet. Um ehrlich zu sein, dass ist die einzige, wenn auch zerbrechliche, rechtliche Grundlage für die Anwesenheit der Koalition.

Jeder gibt zu, dass der anfängliche russische Einsatz und seine ersten wenigen Monate die Lage drastisch verbessert haben. Die Türkei und unsere westlichen Kollegen wollen, dass diese Flut abbricht und , wenn möglich , sich wendet. Sie wollen den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad nicht an der Macht bleiben sehen aus dem einfachen Grund, dass sie vor fünf Jahren gesagt haben, er müsse zurücktreten, und sie kümmern sich jetzt nicht um das syrische Volk. Aber jetzt verstehen alle, dass es keinen politischen Prozess ohne al-Assad geben wird. Die Resolution des UN-Sicherheitsrats und die verschiedenen Entscheidungen zu Syrien, die seit 2012 angenommen wurden, enthalten keine Forderung und keinen Hinweis, dass der syrische Präsident Bashar al-Assad zurücktreten müsse. Im Gegenteil sie sagen, das syrische Volk allein habe das Recht, über seine Zukunft zu entscheiden, und dass der politische Prozess alle Kräfte der syrischen Gesellschaft ohne Ausnahme umfassen müsse, einschließlich ethnischer, politischer Kräfte, religiöser Bekenntnisse und aller Oppositionsgruppen.

Vor zwei Monaten verkündete Präsident Putin eine Entscheidung, die russische Militärpräsenz in Syrien zu verkleinern, nachdem die Ziele, die darauf abzielten, den schrittweisen Zerfall des Staates, der auf die Einnahme von Damaskus durch Terroristen hinsteuerte, aufzuhalten, überwiegend erreicht wurden. Ich versichere Ihnen, es gibt genug Kräfte und Ressourcen im Land, um die jetzige terroristische Bedrohung zu neutralisieren. Wir kümmern uns um dieses Problem. Es ist nur wichtig, dass unsere US-Kollegen ihre Verantwortung verstehen. Ich glaube, dass wir sie gerade im Schwitzkasten haben. Aber es stimmt, es sind fähige, gerissene und ausweichende Leute.

Wenn Sie die Berichterstattung über den Einsatz der russischen Militäreinheiten dort sehen, sehen Sie, dass sie nicht nur ankamen, Zelte aufschlugen, ein bisschen herum schossen, ihre Zelte wieder einpackten und gingen. Das sollte Ihre Frage beantworten, ob wir gekommen sind, um zu bleiben, oder nicht.

K.P.: Ist also US-Außenminister John Kerry im Stande, Ihnen eine Antwort auf die Frage unseres Präsidenten zu geben: „Begreifen Sie jetzt, was Sie getan haben?“

S.L.: Wissen Sie, ich habe mit ihm viel darüber geredet. Der US-Außenminister John Kerry ist ein netter Mensch, um zu reden. Seit Januar hatten wir über 30 Telefonate und haben uns vier Mal persönlich getroffen. Ich bin mir sicher, es wird noch mehr Treffen und Telefonate geben,

Aber wenn wir die Möglichkeit haben, die Situation in Syrien zu diskutieren, besteht er darauf, dass jetzt etwas getan werden muss. Ich wiederum erinnere ihn an die Schritte, die bereits unternommen wurden: im Juni 2012 unterzeichneten die US-Außenministerin Hillary Clinton, europäische, chinesische, arabische und türkische Vertreter und ich das Genfer Kommuniqué. Das Dokument legt die Notwendigkeit nieder, einen politischen Übergangsprozess zu beginnen, um eine gemeinsame Struktur von Regierung und Opposition zu schaffen, die auf deren beidseitigem Konsens beruht. Dann brachte Russland dieses Papier zur Zustimmung in den UN-Sicherheitsrat ein, aber die Amerikaner weigerten sich, zuzustimmen, weil es keine Möglichkeit enthielt, die es ihnen erlaubte, den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad zu stürzen oder Sanktionen gegen ihn zu verhängen, wenn er nicht geht. Ich fragte ihn: „Sollte das mit eingeschlossen werden? Wir haben sieben Stunden in Genf darüber diskutiert?!“ Dann haben die Amerikaner sich offen geweigert, dem Kommuniqué zuzustimmen. Ein Jahr später tauchte die Bedrohung der Chemiewaffen auf. Wir haben geholfen, die Situation zu lösen, und bestanden darauf, dass die Resolution, die den russisch-amerikanischen Plan etablierte, mit Zustimmung der syrischen Regierung, die chemischen Waffen zu entfernen und zu vernichten, einen Abschnitt enthalten solle, der dem Genfer Kommuniqué zustimmt. Jetzt sagen sie, Syriens Präsident Bashar al-Assad verletze das Kommuniqué. Das ist genau wie im Donbass – ein Prinzip des direkten Dialogs. Aber sie ziehen es vor, ihn zu vermeiden. Im Donbass weichen die Machthaber dem Dialog aus, während es hier die Opposition tut. So viel zu unseren westlichen Kollegen.

Während der Diskussionen mit dem US-Außenminister John Kerry frage ich ihn, warum sie die gleichen Fehler machen wie im Irak 2003. Er sagte, er sei damals Senator gewesen und habe dagegen gestimmt. Großartig, toll. Barack Obama hat auch dagegen gestimmt. Ja, Irak war ein Fehler. Und was ist mit Libyen? Das war unter Hillary Clinton und ebenfalls ein Fehler. Sie verletzten das Mandat des UN-Sicherheitsrats, das den Luftraum schloss, um Luftangriffe zu verhindern – aber sie haben das Land immer noch aus der Luft bombardiert und letztlich den libyschen Präsidenten Muammar Gaddafi brutal ermordet, gleich, was für ein Mensch er war. Auch das war ein Kriegsverbrechen. Und jetzt ist Libyen von Terroristen überschwemmt, die Militante bis Mali, der Zentralafrikanischen Republik und dem Tschad mit Waffen versorgen. Aber der Fehler, sagte Kerry, bestand nicht in der Verletzung des UN-Mandats, sondern daran, dass im Gefolge der Luftschläge keine Bodentruppen eingesetzt wurden, um die Lage zu konsolidieren und Terroristen zu unterdrücken. Ich erinnerte ihn daran, wie früher Truppen nach Afghanistan und in den Irak gebracht wurden, um Terroristen zu bekämpfen, und wie sie abziehen mussten und diese Länder im Chaos hinterließen; wie Schwanewsky sagen würde, wie eine Jungfrau in Nöten. Afghanistan und der Irak wurden in einer weit schlimmeren Lage hinterlassen: ersteres ist am Rande des Zerfalls, während letzteres vom Bürgerkrieg zerrissen wird. Die Amerikaner stimmen zu, dass es ein Fehler war, aber ziehen es vor, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Sie wollen, dass wir ihrer Agenda folgen, aber wir haben eine eigene Agenda in Syrien. Es ist klar, dass wir versuchen müssen, unsere Herangehensweise zu koordinieren und dabei zumindest etwas die Lehren zu respektieren, die uns die Geschichte erteilt hat.

“Das wird sich alles sortieren” (III)

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Foreign Minister Sergey Lavrov’s interview to Komsomoskaya Pravda, Moscow, May 31. 2016

Zum ersten Teil

Zum zweiten Teil

K.P.: Die türkischen Kurden haben Russland gedrängt, seine Haltung zum jetzigen Genozid an den Kurden öffentlich zu machen. Die Stadt Diyarbakir beispielsweise wurde völlig zerstört, wie viele andere Städte. In der Türkei findet ein Bürgerkrieg statt, dennoch hat Russland nicht interveniert.

Die syrischen Kurden wundern sich, warum Russland Waffen an [den irakischen Kurdenführer] Massoud Barsani liefert, aber nicht an die syrischen Kurden, die wirklich gegen ISIS kämpfen. Irakisch-Kurdistan ist das Spielfeld der USA, und Massoud Barsani ist ein pro-türkischer Politiker, der es türkischen Truppen erlaubt hat, nach irakisch-Kurdistan zu kommen.

Guerillas von der kurdischen Arbeiterpartei, die in den Kandil-Bergen kämpfen, haben ebenfalls um Unterstützung gebeten, zumindest mit diplomatischen Mitteln, wie es die Sowjetunion getan hat, wenn wir ihnen nicht militärisch helfen.

S.L.: Wir geben diese Art der Unterstützung. Es ist möglich, dass wir öfter davon reden sollten, obwohl die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, das Thema des Genozids an den Kurden in der Türkei regelmäßig auf ihren Konferenzen erwähnt.

Grundsätzlich sprechen wir oft über die Haltung der Türkei zu den Kurden. Wir fordern nur Eines – dass die Türkei die Truppen zurückzieht, die sie in den Irak geschickt hat, vermeintlich, um die irakische Souveränität zu stärken, wie der ehemalige türkische Premierminister Ahmet Davutoglu behauptete. Das ist unannehmbar. Ich glaube, das was die Türkei tut, hat eine breitere öffentliche Aufmerksamkeit bei unseren westlichen Partnern verdient. Sie glauben, dass die „Alliierten“ alles untereinander lösen werden. Das ist keine gute Position. Als die Türkei den griechischen Luftraum verletzte, und Russland daraufhin einige härtere Bemerkungen machte, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, „beide sind NATO-Verbündete“, die ihre Probleme selbst lösen könnten. Erst einmal, was ist mit Zypern, das kein NATO-Mitglied ist und dessen Luftraum regelmäßig von der Türkei verletzt wird? Zweitens, was für eine Art Haltung ist das? Heißt das, man kann alles tun, was man will, wenn man NATO-Mitglied ist? Die EU hat das gleiche Problem: EU-Mitglieder müssen sich nicht vor dem Europarat verantworten. Sie sagen, sie befassen sich nur mit Menschenrechtsverletzungen durch Nichtmitglieder der EU, weil sie ein spezielles Verfahren für Verletzungen innerhalb der EU-Länder hätten.

Wir werden weiter darauf bestehen, dass die Türkei ihre eigenmächtigen Aktivitäten im Irak beendet, vor allem in Hinsicht auf die Kurden. Neben offensichtlicher neo-ottomanischer Anklänge gibt es auch wirtschaftliche Erwägungen: die Türkei versucht, im Irak einen Fuß in die Tür zu bekommen, und wartet auf das Ergebnis der Schlacht um Mossul, um dann die Kontrolle über die Ölfelder zu übernehmen. Und dann wird die Türkei auf die internationalen Reaktionen warten. Bis dahin könnte der Irak zerfallen, aber die Türkei hat sich dann schon eingegraben. Das ist offensichtlich. Daher stimme ich Ihnen und Ihren kurdischen Gesprächspartnern völlig zu.

Was irakisch Kurdistan angeht, wir schicken dem Irak und irakisch-Kurdistan Waffen, um gegen Terroristen zu kämpfen, mit Billigung und Zustimmung der irakischen Regierung. Nur nach diesem Grundsatz handeln wir.

Die syrischen Kurden erhalten Luftunterstützung und andere Arten der Unterstützung. Ofen gesagt, wir haben aktiv, und nicht völlig erfolglos, daran gearbeitet, die syrische Regierung zu überzeugen, mit den Kurden zusammenzuarbeiten, statt die zukünftige Rolle der Kurden im syrischen Staat beschränken zu wollen.

Natürlich war niemand glücklich, als die Demokratische Unionspartei (PYD) sich zur Bundesregion erklärte, aber das war die Reaktion der Kurden auf die Position der Türkei. Wir haben zugestimmt, dass die Genfer Gespräche zu Syrien inklusiv sein müssen, was die Teilnehmer betrifft. Die PYD jedoch, die 15 Prozent der syrischen Bevölkerung vertritt, wurde aus den Gesprächen ausgeschlossen, weil ein Land – die Türkei – gegen ihre Teilnahme ein Veto einlegte. Als wir unserer Empörung darüber Ausdruck verliehen und sagten, die Kurden müssten zu den Gesprächen zugelassen werden, haben unsere amerikanischen und anderen Partner und der Sondergesandte der UN für Syrien, Staffan de Mistura, uns gesagt, wenn die Kurden nach Genf kämen, würde die Riad-Gruppe (das Hohe Verhandlungskomitee) gehen und nicht weiter kooperieren. Aber diese Gruppe hat nicht kooperiert und verließ die Gespräche ohnehin. Und Herr Staffan de Mistura hat nicht dagegen protestiert, obwohl wir ihn angewiesen hatten, die nächste Gesprächsrunde vor dem Ramadan zu halten. Er beabsichtigt, die Gespräche in zwei Wochen, oder gar erst nach dem Ramadan, wieder aufzunehmen, wegen der Ultimaten, die diese sture Partei stellt. Sie dachten, die Anwesenheit der Kurden bei den Gesprächen hätte eine negative Wirkung, aber die Wirkung war die gleiche, auch ohne die Kurden. Sie haben ihr wahres Gesicht gezeigt.

Es gab noch einen zweiten Fall von Desertion: Mohammed Alloush von Jaish al-Islam hat die Friedensgespräche verlassen. Jaish al-Islam ist eine terroristische und extremistische Gruppe. Es wurden jedoch Versuche gemacht, ihre Handlungen zu rechtfertigen, vermutlich, weil erwartet wurde, dass die Einsätze von Jaish al-Islam die Stellungen Präsident Bashar al-Assads schwächen. Die Taktik, Terroristen zu nutzen, um die eigenen Ziele zu erreichen, und über ihr Schicksal zu entscheiden, nachdem sie ihre Rolle gespielt haben, ist eine Strategie, die in eine Sackgasse führt. Auch mehrere Mitglieder des Hohen Verhandlungskomitees, die die moderate Opposition vertraten, haben die Friedensgespräche verlassen. Ich glaube, dass alle Verhandler der radikalen Opposition irgendwann die Gespräche verlassen werden. Dennoch müssen wir schnell handeln, und die Kurden müssen am Genfer Prozess teilnehmen. Die Verfassung oder irgendeine andere Struktur, die von der syrischen Regierung gemeinsam mit der Opposition gebildet werden soll, ohne die Kurden zu diskutieren, wird zum Zusammenbruch der Gespräche führen.

K.P.: Sie sind eine der drei am meisten respektierten politischen Gestalten in Russland. Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

S.L.: Um ehrlich zu sein, ich habe nie Pläne für mein Leben gemacht, die Dinge sind eher von sich aus geschehen. Mir wurde an verschiedenen Orten Arbeit angeboten, aber immer irgendwo im Außenministerium. Zuerst hatte ich das Angebot, in Sri Lanka zu arbeiten, dann war es die Abteilung für internationale Wirtschaftsorganisationen. Als Andrei Kosyrew von dort ins Amt des Außenministers der RFSR wechselte, bot mir der verstorbene Staatssekretär, Wladimir Petrowski, 1990 den Posten der Leitung der UN-Abteilung an. Nach dem Putsch [August 1991] und vor dem Vertrag von Minsk, lud mich Andrei Kosyrew ein, zu ihm ins Außenministerium der RSFSR zu kommen und sein Stellvertreter zu werden. Das ist jetzt kein Geheimnis mehr, und ich denke nicht, er hat etwas dagegen, wenn ich es sage. Ich sagte damals, ich sei noch nicht bereit zu einem solchen Schritt und hätte ohnehin nicht den Wunsch. Er fragte mich, warum nicht. Ich sagte, ich sei nur ein Jahr lang Leiter einer Abteilung gewesen und hätte Leute mitgebracht, die ich kenne und auf die ich mich verlassen könnte. Er schlug vor, ich solle sie alle mit in das Außenministerium der RSFSR bringen. Ich sagte, sie würden nicht gehen wollen. Er fragte, warum nicht, und ich sagte, sie hätten einen Eid geschworen, ihrem Land zu dienen. Ziemlich emotional sagte er dann, wir würden uns alle hinter dem Zeichen der Sowjetunion verstecken, verängstigt da sitzen, ohne Ahnung, was als Nächstes passieren würde, und währenddessen kämen zu ihm all diese Delegationen. Sie erinnern sich vielleicht, die verschiedensten westlichen Besucher waren damit beschäftigt, eine Rundreise durch alle Sowjetrepubliken zu machen. Ich erinnerte ihn an die gemeinsame Vereinbarung zwischen Michail Gorbatschow und Boris Jelzin, dass das sowjetische Außenministerium den Außenministerien der Sowjetrepubliken Unterstützung gewähren würde. Wir halfen ihnen, wenn sie Übersetzer brauchten, halfen ihnen mit Transportmöglichkeiten. Die Außenministerien der verschiedenen Republiken waren damals noch winzig und konnten nicht mit allen anstehenden Aufgaben fertig werden, aber wir halfen ihnen.

Ich verließ das Büro. Andrei Kosyrew war aufgeregt, unglücklich, aber selbst dann hat mich nach diesen Ereignissen niemand gefeuert, und im April 1992 wurden Vitali Tschurkin und ich über Nacht zu stellvertretenden Außenministern ernannt, ohne je danach gefragt zu haben.

Das einzige Mal, dass ich ein Angebot ablehnte, war, als Jewgeni Primakow mir vorschlug, nach Washington zu ziehen. Ich hatte damals schon 18 Monate in New York verbracht. Er war ein großartiger Mann, aber ich hatte keine Wahl, hier musste ich mit ihm argumentieren. Als ich versuchte, das Angebot abzulehnen, sagte er, ich sei politisch ignorant und würde die Situation schlicht nicht verstehen. Ich fragte ihn, warum er so hartnäckig sei, dass ich diesen Job übernehmen solle. Er sagte, er hielte mich für die beste Person. Ich frage ihn, was denn an Washington so besonders wäre, dass ich dorthin gehen solle. Er sagte, Washington sei der wichtigste Ort. Ich bat um Erlaubnis, den großen Denker Jewgeni Primakow zu zitieren, jenen, der gesagt hatte: „wir sehen die Entstehung einer multipolaren Welt, die ein Gegengewicht zur unipolaren Welt sein wird“, Ich sagte, diese multipolare Welt würde tatsächlich Gestalt annehmen, aber nicht in Washington, wo man, wenn man etwas tun müsse, erst einen Termin machen musste, ohne sicher zu sein, dass man einen bekäme, aber in New York müsse man nur das UN-Gebäude betreten, dann würde einem jedermann über den Weg laufen, Informationen bringen, Menschen, mit denen man reden muss, und die mit einem reden müssen. In der UN gibt es Raum zum Manövrieren, weil es 15 Leute sind im Sicherheitsrat (fünf ständige Mitglieder und 10 nicht-ständige Mitglieder), und es die Vollversammlung gibt, in der man Ideen direkt in den Raum werfen kann, ohne dass sie an irgendjemand vorbei müssen. Jewgeni Primakow war wirklich ein großer Mann, und er stimmte mir letztlich zu und ließ mich in New York.

K.P.: Wie können wir Erfolge in der Außenpolitik auf die politische Bühne des Landes übertragen?

Denken Sie, wir sollten ein Denkmal für Jewgeni Primakow errichten? Vielleicht nicht in Moskau, aber in einer der Regionen, in Perm etwa?

S.L.: Soweit es möglich ist, Außen- und Innenpolitik zu verbinden und zu verknüpfen, liegt die Priorität darauf, die Sicherheit und die bestmöglichen wirtschaftlichen Bedingungen für Russlands Entwicklung zu garantieren. Das ist das Wichtigste in unserem außenpolitischen Konzept, und wir werden dieses Ziel im neuen Entwurf des außenpolitischen Konzepts beibehalten, das wir momentan auf Anweisung von Präsident Wladimir Putin erarbeiten. Das bedeutet, wir müssen eine Umgebung sicher stellen, in der unsere Unternehmen keine Diskriminierung erleben und unsre Bürger um die Welt reisen können, ohne Diskriminierung oder ungesetzliche Handlungen gegen sie fürchten zu müssen. Leider gelingt es uns nicht immer, das zu garantieren. Die Amerikaner beispielsweise ‘stehlen’ unsere Leute unter Verletzung der Gesetze der Länder, auf deren Grund diese Entführungen stattfinden. Das war der Fall mit Viktor Bout, Konstantin Jaroschenko, Roman Selesnjew und Dutzenden anderer Leute, die aus Europa und anderen Ländern ‘weggeschnappt’ wurden.

Aber ich bin mir sicher, dass diese Arbeit Ergebnisse bringen wird, und wir fangen tatsächlich bereits an, ihre Früchte zu sehen. Wenn irgendein Cyberkrimineller festgenommen wird, wären wir die letzten, die versuchen, ihn zu schützen. Diese Leute stehlen schließlich Geld, in Russland und im Ausland. Aber er sollte hier vor Gericht gestellt werden. Wir haben das russisch-US-amerikanische Konsularabkommen und andere Übereinkünfte, die für den wechselseitigen Transfer von Verdächtigen in Strafsachen sorgen. Aber das ist jetzt ein großes Problem geworden. Wir sorgen uns allgemein um die Sicherheit unserer Bürger, die ins Ausland reisen, für Tourismus oder schlicht in privaten Geschäften. Das ist ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit.

Ein andere Aspekt unserer Arbeit ist, alles, was wir tun können, zu tun, um sicherzustellen, dass Regierungen in Ländern, in denen wir Interessen haben, russische Unternehmen mit gutem Willen und Fairness behandeln. Auch auf diesem Gebiet haben wir einige konkrete Ergebnisse. Natürlich muss das wechselseitig sein, und die Unternehmen müssen sich auch aktiv darum bemühen. Rosatom beispielsweise arbeitet in vielen Teilen der Welt sehr aktiv und hat eine Rekordzahl von Aufträgen. Das hilft unmittelbar, um eine langfristige, stabile und solide Basis für die Entwicklung strategischer Beziehungen mit dem betreffenden Land zu schaffen. Der Sektor der Atomenergie ist ein langfristiger Sektor, der große Projekte beinhaltet und Konstruktion, Ausbildung sowie die Lagerung und Behandlung abgebrannten nuklearen Materials umfasst.

Wir sehen in dieser Arbeit eine Chance, unsere Fähigkeiten zu nutzen, und unsere Möglichkeiten, bei Reform im Inneren zu helfen, aber natürlich ist es letztlich nicht die Aufgabe des Außenministeriums, Reformen und Entwicklung im Inland durchzuführen.

Was Jewgeni Primakow betrifft, wir haben schone in Projekt zur Errichtung eines Denkmals für ihn. Wir haben gleich nach dem traurigen Ereignis seines Ablebens angefangen, über diese Idee nachzudenken. Zusätzlich zu den Entscheidungen, die Präsident Wladimir Putin bereits getroffen hat, um das Gedächtnis Primakows zu verewigen (es gibt die Jewgeni Primakow Medaille und das Jewgeni Primakow Stipendium für das Studium am Moskauer Staatsinstitut für Internationale Beziehungen (MGIMO) und der Moskauer Staatsuniversität, und das Institut für Weltwirtschaft und Internationale Beziehungen trägt seinen Namen), denken wir, es wäre gut, ein Denkmal für ihn zu errichten, und ich habe vor, das dem Präsidenten vorzuschlagen.

Was das betrifft, wo das geschehen soll, Primakow war Premierminister, Direktor des Auslandsnachrichtendienstes, Außenminister und Akademiker. Es gibt das Gebäude, in dem er gelebt hat, aber wir würden lieber ein Denkmal auf dem Smolenskaja-Platz sehen, auf dem Platz zwischen dem Hotel Belgrad und dem Gebäude des Außenministeriums. Das ist ein Ort, an dem die Leute dieses Monument immer sehen würden, und der Erinnerung Primakows ihren Respekt zeigen. Aber wie ich sage, diese Frage ist noch nicht untersucht. Dies ist das erste mal, dass ich diesen Vorschlag laut ausgesprochen habe. Vielleicht wäre es besser gewesen, erst einen offiziellen Vorschlag zu machen.

K.P.: Haben Sie Ambitionen auf das Amt des Präsidenten, oder schwimmen Sie mit dem Strom?

S.L.: Ich fühle mich wohl in einer Tätigkeit, die mir anvertraut wurde. Das mag arrogant klingen, aber ich versuche, Fragen ehrlich zu beantworten.

K.P.: Sie haben in der UN das Recht, zu rauchen, wo immer sie wollen. Können Sie das auch im russischen Außenministerium?

S.L.: Ich kann nicht gegen russische Gesetze verstoßen, aber ich würde sagen, diese Gesetze gehen ziemlich über das hinaus, was in Europa und vergleichbaren Ländern auf diesem Gebiet gemacht wird. Es gibt viele Wege, wie man dieser schädlichen Angewohnheit nachgehen kann, ohne anderen Probleme zu bereiten. Ich glaube, das sollte in unserer Gesetzgebung niedergelegt werden.

K.P.: Wollen Sie jetzt rauchen?

S.L.: Nein. Tatsächlich rauche ich nicht oft.

K.P.: Heute ist Weltnichtrauchertag, der von der UN erklärt wurde. Wann hören Sie auf, zu rauchen?

S.L.: Ich habe heute noch nicht geraucht. Ich rauche nur selten. Ich treibe Sport und spiele Fußball.

K.P.: Mögen sie Rafting? Wird es Ihnen gelingen, dieses Jahr zum Rafting zu gehen?

S.L.: Ich hoffe doch.

K.P.: Wir würden gerne russische Diplomaten ohne Doppel- oder Dreifachkinn sehen, die moderne Anzüge tragen. Schließlich vertreten sie ein großes Land. Können Sie sie anweisen, Sport zu treiben?

S.L.: Ich mag es nicht, irgendjemand irgendetwas aufzuzwingen. Aber ich weiß, dass in diesem Gebäude ein sehr guter Sportraum ist, in dem unser Personal Tennis spielt, Volleyball, Basketball, und Fünf gegen Fünf. Wir haben auch ein Schwimmbecken. Nebenbei, dieses Projekt war eine ganze Zeit lang stillgelegt. Der Bau begann 1986 und wurde erst vor wenigen Jahren vollendet. Aber jetzt haben wir alles, was wir brauchen, um die „Doppel- und Dreifachkinne“ los zu werden.

K.P.: Schwimmen Sie?

S.L.: Nein, ich ziehe Mannschaftssport vor. Ich spiele Fußball und gehe zum Rafting, was ein sehr fordernder Sport ist. Ich mache auch Workout im Studio. Kurz gesagt, ich versuche, verschiedene Arten Sport zu treiben.

K.P.: Die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, hat zum Volkslied Kalinka getanzt. Haben Sie ihren Auftritt gesehen? Falls ja, hat er Ihnen gefallen?

S.L.: Ja und ja.

K.P.: Tanzen Sie?

S.L.: Nein, ich bin kein Tänzer.

K.P.: Diplomatie ist gut, aber wir sind alle aus Fleisch und Blut. Hatten Sie je das Bedürfnis, während Ihrer Treffen mit Ihren westlichen Partnern, einem von ihnen eine zu verpassen?

S.L.: Das ist mehr oder weniger, was Iwan Urgant mich gefragt hat, als ich vor drei Jahren in seine Show kam, als sie gerade erst anfing. Er fragte mich, ob ich je auf einen meiner Kollegen hätte fluchen wollen. Ich habe damals diese Frage beantwortet.

K.P.: Wie lehrt man ein Kind am besten, eine verantwortliche Person zu sein? Wie haben Ihre Eltern sie gelehrt, als Sie ein Kind waren? Haben sie Sie geschlagen, oder versuchten sie, Ihnen die Dinge zu erklären?

S.L.: Sie haben mich nie geschlagen. Und was das Erklären angeht, einige Worte waren wie Mohrrüben, aber andere Worte waren wie ein Stock. Das ist unvermeidlich.

K.P.: Viele Leute haben T-Shirts mit Ihrem Porträt gekauft und der Aufschrift „Wir lieben Lawrow“. Wie denken Sie über diese „politische Mode“?

S.L.: Wir sind alle menschlich, und natürlich schmeichelt das. Einer meiner alten Schulfreunde hat mich sogar gefragt, warum ich kein Copyright registriere und Lizenzen kassiere.

K.P.: Wer hat Sie auf der berühmten Pressekonferenz verärgert?

S.L.: Ich war nicht verärgert. Später habe ich mir das Video angesehen und sah, dass ich ungestört dasaß.

K.P.: Aber das Wort ist ihnen herausgerutscht, oder?

S.L.: Entschuldigung, aber ich bin nicht der Einzige, der in einem Moment erwischt wurde, als er dachte, das Mikrofon sei aus, und es war an. Der britische Premierminister David Cameron und US-Präsident Barack Obama haben beide ihre Ausrutscher am Mikrofon erlebt. Einer von Obamas Mikro-Ausrutschern hatte mit der Abwehr ballistischer Raketen zu tun.

K.P.: Haben Sie irgendwelche Vorlieben, was nationale Küchen angeht? Mögen Sie gutes Essen?

S.L.: Nein, ich kann fast alles essen. Wenn ich in einem Land mit sehr ausgeprägter Küche bin, beispielsweise in China, Japan, Italien oder Ungarn, mag ich es, ihre Nationalgerichte zu kosten. Ich bin Allesfresser.

K.P.: Wenn Sie einen Brief an sich als Kind schicken könnten, was würden sie schreiben?

S.L.: „Serjoscha, du hast ein interessantes Leben vor Dir.“

K.P.: Sie sind schon lange Russlands Außenminister. Würde es Ihnen gefallen, einen Tag als Außenminister eines anderen Landes in einer anderen Epoche zu verbringen?

S.L.: Das könnte interessant sein. Es gibt mehrere Länder, die uns auf die Nerven gegangen sind. Ich würde gerne einen Tag dorthin kommen, um diese Schandtaten zu beenden.

K.P.: Die Idee wäre gut für einen Hollywood-Film.

S.L.: Warum einen Hollywood-Film? Wir haben auch gelernt, gute Filme zu machen.

K.P.: Gehen Sie je ins Kino?

S.L.: Kaum. Aber ich schaue regelmäßig Filme.

K.P.: Welchen Film haben Sie zuletzt gesehen, und an was daraus erinnern Sie sich am Besten?

S.L.: Da fällt mir gerade nichts ein. Ich würde gerne Flight Crew sehen, aber der ist noch nicht auf DVD.

K.P.: Kann Herr Sergej Lawrow ins Kino gehen?

S.L.: Ich bin früher ab und zu gegangen. Das letzte Mal habe ich einen Film im Chudoschestwenni-Kino gesehen, aber das war vor langer Zeit.

K.P.: Herr Lawrow, es ist allgemein bekannt, dass Sie Gedichte schreiben und der Autor der offiziellen Hymne der Universität des MGIMO sind. Schreiben Sie noch Verse? Bereiten Sie einen neuen Gedichtband zur Veröffentlichung vor?

S.L.: Nein, ich habe einmal Gedichte geschrieben. Aber ich habe seit meiner Ernennung zum Außenminister keine Verse von Bedeutung mehr geschrieben. Für informelle Parties und für Geburtstage von Freunden habe ich geschrieben. Aber ich habe seit meiner Ernennung sehr wenig Zeit. Andererseits war meine Zeit in New York auch nicht gerade ein Strandspaziergang.

K.P.: Einige Leute fragen sich, ob Sie überhaupt schlafen.

S.L.: Ich schlafe in der Nacht.

K.P.: Und wenn Ihr Flugzeug landet, ist es bereits Morgen.

S.L.: Ich versuche, in der Ortszeit eines Gastlandes zu leben.

K.P.: Es muss schwer sein, sich an einen neuen Rhythmus von Tageslicht und Dunkelheit zu gewöhnen.

S.L.: Ich komme klar. Ich weiß nicht wie, aber Menschen sind unterschiedlich.

K.P.: Gut. Ein anderes Ihrer Hobbies. Wir haben einen Anruf.

Zur Information unserer Hörer kann ich sagen, dass Herr Lawrow vor dem Hintergrund unseres KP-Banners sitzt. Ich verstehe, warum es rot und weiß ist. Vermutlich ist das ein Hinweis auf Ihre Fußballvorlieben. Und hier ist jetzt ein Anruf von einem Zuhörer: „Hallo, Herr Lawrow, es ist kein Geheimnis, dass Sie ein Fußballfan sind, ein Spartak-Moskau-Mann. Heute wird es in Ihrem Lieblingsclub ein Treffen der Direktoren geben. Es wird klar werden, wer der nächste Trainer wird, und wie die Entwicklungsstrategie des Clubs aussieht. Haben Sie zu dem Thema eigene Ideen? Vielleicht würden Sie dem Clubmanagement gerne einen Rat geben, oder gar in den Vorstand gehen?“

S.L.: Offen gesagt, ich wusste nichts von einer Sitzung heute. Seit den letzten Trainerwechseln schaue ich es eher von der Seitenlinie aus an. Ich habe da keine Meinung. Ich wurde nicht eingeladen, mich anzuschließen, aber ich kenne die meisten Vorstandsmitglieder. Wir treffen uns regelmäßig, auch im Stadium, wenn Spartak in Moskau spielt. Ich kann nichts vorhersagen oder raten. Ich glaube fest, dass der Trainer von Spartak jemand sein sollte, der für Spartak steht, zumindest für meine Generation. Es gibt eine ganze Reihe solcher Leute, einschließlich Dmitri Alenitschew.

K.P.: Aber aus Ihrer Sicht als Fan, ja oder nein?

S.L.: Ich habe gerade nein gesagt, oder?

K.P.: Nebenbei, Herr Lawrow, da gibt es etwas, was ich sie fragen wollte. Es gibt ein bekanntes Foto von Ihnen, auf dem Sie mit dem Handy telefonieren, auf dessen Rückseite ein Logo von Spartak ist.

S.L.: Dieses I-Phone war ein Geschenk meiner Tochter. Es gibt eine „Tuning-Firma“ in Moskau, die kann jedes Logo auf die Rückseite bringen.

K.P.: Funktioniert es noch?

S.L.: Ja, das tut es.

K.P.: Herr Lawrow, die Suche nach der russischen Identität ist heute eine drängende Frage. Was hilft Ihnen persönlich, sich als Russe zu sehen: die Sprache, die Kultur, die Bildung oder etwas anderes?

S.L.: Alles oben genannte. Ich glaube, man kommt von der Sprache schlicht nicht weg. Das gleiche gilt für Kultur und Bildung, denn Bildung ist ein Werkzeug, mit dem man in Sprache und Kultur eintaucht – mehr noch, die Art von Eintauchen, bei der man sich zu Hause fühlt wie ein Fisch im Wasser.

Natürlich ist es ganz wichtig, sein Land anzuschauen, zu sehen und im Körper zu fühlen, sozusagen. Ich mochte es sehr, zu trampen. Als ich in der Schule war, nach der 7. Klasse, gingen wir regelmäßig trampen, erst mit einem Lehrer, dann allein. In meinen Universitätsjahren gab es Studentenbauteams im Sommer: Kaukasus, Tuwa, Wladiwostok, Jakutien. In den Winterferien gingen wir in den Norden, Skilaufen: Karelien, die Region Archangelsk. Ich habe die großartigsten Erinnerungen daran. Dort gibt es verlassene Dörfer, Häuser, in Karelien, weil die Holzschlagfirmen geschlossen haben und die Leute anderswohin gezogen sind. Wir haben dort einen Hund aufgelesen, eine Kiste zusammengebaut, auf einen Schlitten montiert, und der Hund hat für uns das schwere Zeug gezogen. Bei solchen Erinnerungen kommen immer Details hoch. Sie sind kostbar. Also es ist wichtig, zu gehen und sein Land zu kennen.

Es ist eine gute Sache, dass die Russische Geografische Gesellschaft darauf einen Schwerpunkt legt, und dass ein besonderer Fernsehkanal geschaffen wurde. Präsident Putin unterstützt diese Bemühungen und gibt persönlich ein Beispiel. Als Mitglied der Russischen Geografischen Gesellschaft versuche ich, einen nützlichen Beitrag zu ihrer Arbeit zu leisten.

K.P.: Wie wichtig ist die Entwicklung von Verbindungen mit Partnerstädten heute? Sind diese Verbindungen noch aktiv?

S.L.: Sehr sogar. Um sicher zu gehen, es gibt einige extreme Fälle, wie, als Kiew und gewisse europäische Städte das Programm verlassen haben – vor allem neue Mitglieder der NATO und der EU. Ich höre, dass eine Reihe von Städten als Protest ihre Verbindungen mit Schwesterstädten in Russland gekappt oder eingefroren haben. Wir jedenfalls unterstützen diese Programme aktiv. Wir betreiben kein Micromanagement. Sie haben direkte Kontakte. Das wird von all unseren Gesetzen erlaubt. Sie tun dies auf Grundlage eines Dokuments, in dem sie direkt ihren Wirtschaftsaustausch koordinieren. Größtenteils befassen sich Partnerstädte nicht mit wirtschaftlichen Tätigkeiten (das ist das Spielfeld von Beziehungen zwischen Regionen), aber sie sorgen für Austausch in Kultur, humanitären Fragen und Bildung. Ich glaube, das ist eine wunderbare Art der Kooperation. In bestimmten Fällen hilft es, Probleme zu überwinden, die die Kommunikation im Falle von Krisen und Konflikten behindern. Es gibt beispielsweise die Organisation der wirtschaftlichen Zusammenarbeit am Schwarzen Meer. Das ist ein Klub der Städte am Schwarzen Meer. Die Statuten der Organisation enthalten keinen Ausschluss der Teilnahme von Suchum. Allgemein kann man, auf der inoffiziellen Ebene, von unten, auf der Ebene dieser Städte und Bevölkerungszentren, viele Dinge leichter lösen als auf der Ebene der offiziellen Vertreter der Mitgliedsstaaten der Organisation. Manchmal können innerhalb des Rahmens der Partnerstädte neue Herangehensweisen gefunden werden, die das Fundament für die Lösung manch ernster politischer Probleme legen.

K.P. Danke für Ihre Kommentare. Es gibt eine weitere kleine Anfrage von einem Leser der KP. Wir können nicht anders, als Ihnen diese Frage vorlesen: „Ich bin Alexander Anutschin. Ich bin 16. Nächstes Jahr werde ich in der 11.Klasse der Schule Nr. 1414 sein, der ehemaligen Schule Nr. 607, die Sie besucht haben. Könnten Sie am 1. September zu Ehren des 80. Jahrestages Ihre Schule besuchen?“

S.L.: Zuerst, ich freue mich, dass diese Frage gesendet wurde. Es ist wirklich eine wundervolle Schule. Ich versuche, ihr zu helfen, wenn auch nicht immer so gut, wie ich es sollte. Dennoch, wir Klassenkameraden treffen uns regelmäßig. Die Schule hat einen besonderen Tag im Februar für die Treffen der Ehemaligen, und dort treffen wir uns. Was den 1.September angeht, kann ich das leider nicht annehmen, weil ich für eine jährliche Präsentation an der Universität des MGIMO gebucht bin. Aber ich werde mit Sicherheit zu den Feiertagen im Februar die Schule besuchen.

K.P: Herr Lawrow, wir sind mit unseren Lesern übereingekommen, dass die Person, die die interessanteste Frage gestellt hat, ein Geschenk vom Außenministerium erhalten soll. Welche Frage fanden Sie am interessantesten?

S.L.: Mir hat die Frage gefallen, in welchem Außenministerium ich gerne für einen Tag wäre. Das war sehr anregend.

K.P.: Der Autor wird einen besonderen diplomatischen Regenschirm und ein Foto mit dem Autogramm des Ministers erhalten.

Herr Lawrow, von unserer Seite, im Namen des Verlagshauses der Komsomolskaja Prawda, möchten wir Ihnen einen Satz von 25 CDs mit den besten sowjetischen und russischen Sängern und Liedermachern übergeben. Wir alle wissen, dass sie ums Feuer Lieder mögen, die zur Gitarre gesungen werden.

S.L.: Ich würde gerne allen Lesern und Hörern der KP meine besten Wünsche schicken.

Wer spricht noch für die Leipziger?

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Alexej Danckwardt und Alexander Kalex

Diesen Text veröffentliche ich auf Bitte von Alexej Danckwardt, inzwischen fraktionslosem Leipziger Stadtrat, der auf dieser Seite schon öfter eine Rolle gespielt hat; er versucht, mit Freunden in Leipzig eine Bewegung zu starten, mit einem ersten Treffen Morgen, den 11.06., um 11 Uhr, unter freiem Himmel, an der Ecke Stuttgarter Allee/Ecke Lützner Straße.

Wer aus Leipzig ist, aber nicht in Ramstein, könnte da mal vorbeischauen. Falls nicht – sogar eine kleine Zeitschrift haben sie schon erstellt, namens Der Stachel Leipzig. D.H.

Die Wahlen zeigen es: Immer mehr Menschen misstrauen der Politik insgesamt oder wählen nur aus Protest. Das ist verständlich, denn seit Jahren wird Politik, ob kommunal, im Land oder im Bund, nur als Enttäuschung und den Problemen der „einfachen Leute“ fernes Geklüngel erlebt.

Wer hat uns verraten? Auch Grüne, Linke und Piraten…

Die „linke“ Regierung Schröder aus SPD und Grünen hat 1998 den ersten Krieg in der deutschen Nachkriegsgeschichte gegen Jugoslawien vom Zaun gebrochen. Dafür hat man die Grünen und die SPD mit Sicherheit nicht gewählt. Ein Verrat an den Interessen ihrer Wähler waren auch die Hartz-Gesetze. Menschen, die in Arbeitslosigkeit geraten sind, werden gedemütigt, Erspartes wird ihnen genommen. Selbst das wenige, was sie bekommen, kann gekürzt oder gestrichen werden. Den Reichen hat man zugleich und auch mehrfach danach die Steuern gekürzt. Den Armen nehmen, den Reichen geben – ob das noch „links“ ist?

Bis heute haben beide Parteien nichts daraus gelernt. Die SPD gibt den Steigbügelhalter für Merkel und die Grünen werden von Russland-hassenden Kriegstreibern dominiert, die Deutschland am Hindukusch und in der Ukraine „verteidigen“ wollen.

Die heutige Partei DIE LINKE hat ihre sozialistischen Wurzeln längst verraten. Sie wurde in den letzten 15 Jahren zunehmend von Kindern gutsituierter Bürgerlicher übernommen. Sie kennen die Nöte der Arbeiter, Angestellten und Arbeitssuchenden nicht persönlich. Deshalb kümmert sich DIE LINKE hauptsächlich um Belange kleiner Interessengruppen oder darum, was sich die Bourgeois-Kinder so als Hobby aussuchen (aktuell ist es eben das Thema Flüchtlinge, über das man alles andere vergessen hat). Man oder frau in Connewitz oder Plagwitz ist „links“ nicht aus antikapitalistischen Überzeugungen, sondern nur infolge zufälliger Millieu-Zugehörigkeit. Vielen geht es um Karriere, die in einer überalteten und mitgliederschwachen Partei leicht zu machen ist.

Außerdem wird DIE LINKE von einer opportunistischen Parteibürokratie beherrscht, die nur ein Ziel hat: Schnellstmöglich in gut bezahlte Ämter zu kommen und sei es, dass man dafür alle wohlklingenden Programme verrät und eine Koalition mit Kriegstreibern und Sozialverrätern bildet. Da geht es nicht mehr um die Überwindung des Kapitalismus und seiner Ungerechtigkeiten, sondern darum, sich selbst möglichst bequem im Kapitalismus einzurichten. Für Gysi ist sogar eine Koalition mit der CDU denkbar. Da ist er endgültig in der „Konsenssauce“ angekommen, die er selbst noch vor einigen Jahren bei den anderen Parteien beklagte.

Und die Rechten?

Frau Merkel hat den Gemeinden Flüchtlinge vor die Tür gekippt ohne für ausreichende finanzielle Ausstattung zu sorgen. Statt den syrischen Bürgerkriegsopfern vor Ort zu helfen als die UNO Alarm schlug, dass ihr das Geld zur Versorgung der Flüchtlingscamps mit Lebensmitteln ausging, statt den wirklich Bedürftigen – Frauen, Kindern, Verwundeten – mit Hilfe der Bundeswehr und des THW kostenlosen Transport und vorübergehende Aufnahme in Europa zu gewähren, öffnete sie die Türen ausschließlich für diejenigen, die sich die teuren „Leistungen“ der Schlepper leisten konnten. Und auch das nicht aus Menschenliebe, sondern weil ihr Europa sonst um die Ohren zu fliegen drohte. Das soll Flüchtlingshilfe sein? Nein, das ist eine menschenverachtende Beihilfe für kriminelle Schlepper. Nicht zu vergessen: Viele Flüchtende haben ihr gesamtes Erspartes den Schlepperbanden gezahlt, ohne Aussicht auf Bleiberecht in Deutschland. Die Mehrheit wird in den kommenden Monaten abgeschoben in ihre Heimat, wo sie nun tatsächlich nichts mehr hat. Merkel hat nicht nur die deutsche Gesellschaft grenzwertigen Spannungen ausgesetzt, sie hat auch die Flüchtenden selbst betrogen.

Während Städte und Gemeinden für die Versorgung der Flüchtenden zahlen, machen die üblichen Gewinnler Geschäfte ihres Lebens. Sofort begannen „Arbeitgeber“ zu fordern, dass Flüchtlinge auch unter dem Mindestlohn beschäftigt werden sollen. Vermieter machten mit Flüchtlingsunterkünften einen riesigen Reibach und sicherten sich in Leipzig 10jährige Vertragslaufzeiten und Mieten, die das Marktübliche erheblich übersteigen.

Nun will die AfD eine Alternative sein. Aber was haben denn die einfachen Menschen von ihr zu erwarten? Lesen Sie ihr Programm: Sie will die Reste des Sozialsystems noch weiter schleifen und damit das weniger auffällt, wird so getan, als wenn die „islamischen Heerscharen“ schon Berlin, Dresden und Leipzig brandschatzen. Der übliche, altbekannte Trick: Die Wut der Menschen auf Sündenböcke zu lenken, damit die Schuldigen nichts abbekommen. Das ist keine Alternative für Menschen, die am Ende des Monats Geldsorgen haben, die ihre Kinder nicht auf Klassenfahrt schicken können oder in der Apotheke das Geld genau abzählen.

Was tun?

Ohne starke politische Vertretung geht es nicht. Es war kein Kommunist, es war der amerikanische Geschäftsmann und Milliardär Warren Buffett, der sagte: „Natürlich gibt es den Klassenkampf. Und meine Klasse siegt.“ Klassenkampf ist eben kein angestaubter Begriff aus dem DDR-Schulunterricht, sondern er ist Realität. HartzIV und prekäre Beschäftigung für die Mehrheit und Steuererleichterungen für die Reichen – das ist Klassenkampf. Rente ab 67 für die Mehrheit und staatliche Subventionen für die Reichen – das ist Klassenkampf. Auch Bundeswehreinsätze und die von der transatlantischen Elite geplanten Kriege sind Klassenkampf. Sie sollen auf Kosten unserer Männer, Brüder und Söhne in Uniform den Reichen die Möglichkeit sichern, andere Völker weiter zu plündern. Ja, es gibt den Klassenkampf, lassen Sie sich da nichts einreden! Und wie wir alle sehen, haben die Reichen in den letzten 25 Jahren jede Schlacht gewonnen.

Warum ist das so? Nun, kann man denn eine Schlacht verlieren, bei der der Gegner gar nicht antritt? Indem Sie, werte Leser und Leserin, sich in der Politik passiv verhalten und sich allenfalls darauf beschränken, alle 4 Jahre ein Kreuzchen bei einer der vielen Parteien zu machen, überlassen Sie das Kampffeld dem Gegner. Wenn das zu martialisch klingt, nehmen wir doch ein Beispiel aus dem Fußball: Wie geht denn eine Partie aus, bei der Sie als Trainer Ihre eigene Mannschaft in der Kabine lassen und lediglich auswählen, welcher Stürmer des gegnerischen Teams auf ihr unbesetztes Tor ballern darf? Also: Raus aufs Feld!

Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun!“

Es gibt 2 Möglichkeiten, wie Arbeiter, Angestellte, Auszubildende und Arbeitssuchende ihre politische Kraft bilden. Entweder sie holen sich eine ihrer traditionellen Parteien, die ihnen von Karrieristen und Verrätern gestohlen wurden, zurück. Oder sie organisieren eine neue Kraft. Beides erfordert ein koordiniertes Vorgehen von vielen Tausenden Menschen. Es bringt nämlich auch nichts, wenn jeder sich einzeln durchkämpft und seinen ganz individuellen Weg geht. Nur zusammen sind wir eine Macht!

Unser bundesweit in den Startlöchern befindliches Projekt verfolgt kein anderes Ziel, als dass sich diese Tausenden zusammenfinden, austauschen, vernetzen und sich dann zu gemeinsamem Handeln entscheiden. Anders als es klingt, ist es wenig Aufwand. Sie werden überrascht sein, wie wenig Aufwand.

Das beste Parlament sind die Bürger selbst

Der erste Schritt: Man muss sich treffen. Dort, wo viel Platz ist, auf der Straße. So wie es uns die Franzosen vorgemacht haben. So wie die Schweizer es seit Jahrhunderten schon machen.

Schluss damit, das Geld für Krieg und Rüstung rauszuwerfen! Schluss damit, die Reichen zu verschonen und die Armen zu schröpfen. Stehen wir alle gemeinsam auf. Jetzt!

Unsere Treffen werden nicht nur Bla-Bla sein. Wir haben bereits ein konkretes Zwischenziel: Wir wollen unsere Armee auf dem Schlachtfeld des Klassenkampfes aufstellen. Wir wollen unser Fußballteam aus der Kabine holen. Wir wollen unsere politische Stimme zurück. Holen wir sie uns!

MANIFEST

Alle für Alle

Wir sind Menschen. Wir leben in einem reichen Land, auf einem reichen Planeten. Aber
wir wissen alle:

Hier stimmt was nicht! Wir steuern auf den Abgrund zu – wirtschaftlich, sozial,
politisch!

Wenige kontrollieren die Wirtschaft!
Wenige bestimmen über uns!

Wenige bereichern sich auf Kosten vieler!
Die Vielen sind wir!

Wir sollen mehr arbeiten.

Wir sollen mehr bezahlen.

Wir sollen mit weniger Rente zufrieden sein.

Wir sollen Alters- und Kinderarmut ertragen.

Wir werden von sozialer Zerrüttung und globalen Kriegen bedroht.
Und »die da oben«? Die machen, was sie wollen!
Demokratie? Pustekuchen!
Und wir?

Wir bekämpfen uns gegenseitig: Arbeiter gegen Arbeitslose, Deutsche gegen Flüchtlinge,
Festangestellte gegen Leiharbeiter.

Wir konkurrieren um Arbeitsplätze, Wohnungen, Löhne.
Wollen wir uns das gefallen lassen? Nein!

Doch wenn wir etwas erreichen wollen, geht es nur zusammen!

Unten gegen oben!

Was wir wollen:

Demokratie von unten durch Bürgerparlamente!

Eigentum und Macht begrenzen!

Daseinsvorsorge und Konzerne in öffentliche Hand – solidarische
Ökonomie!

Zugang zum gesellschaftlichen Reichtum und soziale Rechte für Alle,

unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter und Gesundheit!

Gerechte Aufteilung der Arbeit: Jeder nach seinen Fähigkeiten!

Sofortiger Stopp der Rüstungs- und Kriegsproduktion!

Deutschland raus aus der NATO, NATO raus aus Deutschland!

Raus aus dem imperialen Machtbündnis EU!

Ziviler Ungehorsam für Selbstbestimmung!

Jetzt!

Unten gegen oben!

 

Zwischen zwei Fronten

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Den Meisten ist vermutlich nicht bekannt, dass der erste Weltkrieg hätte verhindert werden können. In zwei der beteiligten Länder gab es eine starke Arbeiterbewegung, die vor dem Krieg über lange Zeit hin gegen Kriege Stellung bezogen hatte. Für Deutschland und Frankreich lässt sich das mit zwei Sätzen illustrieren – August Bebels Ausspruch „Diesem System keinen Mann und keinen Pfennig“ und die Aussage von Jaures, „Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen“.

In einem dieser Länder war diese Bewegung stark genug, dass sie die Kriegsmaschinerie tatsächlich hätte stoppen können. Die deutsche Sozialdemokratie hatte 1914 über zwei Millionen Mitglieder, die sich auf ein wesentlich größeres Deutsches Reich mit 65 Millionen Einwohnern verteilten. In der heutigen Bundesrepublik dürfte das also etwa einer Partei mit drei Millionen Mitgliedern entsprechen. Um diese SPD gruppierten sich Gesangs- und Sportvereine, Konsumgenossenschaften und Gewerkschaften. Die Fraktion der SPD war bereits 1912 die größte im Reichstag. Diese Partei besaß im gesamten Land 600 Tageszeitungen, die ihre Positionen unters Volk brachten. Bis Anfang August 1914 schrieben diese Zeitungen tagtäglich gegen die wachsende Kriegspropaganda an.

Mit Beginn des Krieges kippte die politische Haltung der SPD abrupt. Es hatte Jahre zuvor bereits Anzeichen dafür gegeben, die Ablehnung der Kolonialkriege war nicht einheitlich (in Namibia war der Völkermord an den Herero bereits geschehen), dennoch war die Zustimmung der SPD zu den Kriegskrediten am 4. August für viele eine Überraschung. Dieses Datum markiert den Moment, an dem sich die Arbeiterbewegung in zwei Stränge teilte – den, der die Bezeichnung sozialdemokratisch beibehielt und den Krieg unterstützte, und jenen, der sich weiter gegen den Krieg engagierte und sich später kommunistisch nannte. Diese Spaltung erfolgte in allen Ländern, in denen es eine Arbeiterbewegung gab.

Ein Teil der Erklärung für diesen verhängnisvollen Umschwung ist sicher Verrat. Den Führern der SPD-Fraktion wurde versprochen, sie dürften mitregieren, wenn sie während des Krieges stillhielten. Ein Teil ist sicher schlichte Angst, denn neben dem Angebot der Bestechung gab es auch die Drohung, die Führung der Partei zu Verrätern zu erklären und entsprechend zu behandeln. Aber es gab noch einen dritten Teil, den einer der Kriegsgegner, Julian Borchardt, in einer Broschüre 1915 niedergelegt hat.

Er berichtet, auf einer Sitzung der Chefredakteure der sozialdemokratischen Presse sei man übereingekommen, nicht länger gegen den Krieg zu schreiben, weil sonst die Arbeitsplätze von 11 000 Beschäftigten der sozialdemokratischen Presse in Gefahr wären… denn Zeitungen, die nicht in die nationale Propaganda einstimmten, wurden verboten; also wurde die Botschaft vom einen auf den anderen Tag komplett umgedreht und 600 sozialdemokratische Tageszeitungen schrieben für den Krieg. Wer sehen will, wie ungeheuerlich diese Veränderung war, kann in der Junius-Broschüre von Rosa Luxemburg einige frappante Beispiele finden.

Die starke deutsche Sozialdemokratie hatte also die Möglichkeit, Frieden zu erzwingen, und hat sie aus der Hand gelegt. Die 11 000 Beschäftigten der Zeitungen behielten ihre Jobs, aber Millionen sind in den Schützengräben verblutet.

Die aus diesem Bruch entstandenen kommunistischen Parteien zogen einige Konsequenzen aus dieser Erfahrung. Die Organisation blieb zentralistisch, weil das ein Erfordernis ist, um politisch wirksam werden zu können; die Beschlüsse der Führung wurden aber enger an die Basis angebunden und die politische Bildung der Mitglieder war nicht mehr freiwillig, sondern obligatorisch. Nur ein höherer Wissensstand könnte einen Verrat von oben neutralisieren.

An obigem Beispiel ist aber noch ein Punkt wichtig: die versammelten Redakteure waren sicher der Meinung, moralisch gut gehandelt zu haben. Innerhalb des Mikrokosmos der Zeitungen selbst traf das auch zu. Im Gesamtbild, also im Zusammenhang mit dem beginnenden Weltkrieg, war dieses Handeln aber alles Andere als moralisch.

Das illustriert, dass eine Handlung nicht absolut richtig oder falsch ist, sondern ein und dieselbe Handlung im einen Kontext richtig, im anderen falsch sein kann. Je weniger man bereit ist, die Gesamtsituation zu betrachten, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, falsch zu handeln.

Was ist Rassismus?

In neueren Definitionen wird Rassismus nicht mehr vom biologisch fragwürdigen Begriff menschlicher Rassen abgeleitet, sondern bezeichnet eine Zuschreibung von Eigenschaften auf Grundlage von Abstammung, kultureller oder religiöser Zugehörigkeit. Sprich, Kennzeichen einer rassistischen Aussage ist: „alle (XY) sind…“ Dabei kann eine positive Zuschreibung genauso rassistisch sein wie eine negative.

Diese Definition ist erkennbar vage und sagt nichts darüber, wie Rassismus entsteht.

In theoretischen Studien zum Thema Rassismus gilt Spanien im 16. Jahrhundert als Ort, an dem der moderne Rassismus (ob die römisch-antike Teilung in Römer und Barbaren rassistisch war, ist fraglich) das erste Mal belegt ist. Nach der Eroberung der ganzen Halbinsel durch die christlichen Königreiche Kastilien und Aragon wurden die in großer Zahl vorhandenen muslimischen und jüdischen Einwohner zwangsgetauft. Eine Generation später führte eben diese Zwangsbekehrung zur Vorstellung von geheimen Verschwörungen der davon Betroffenen, was auf der einen Seite zu massiven Verfolgungen führte (die Geburt der berüchtigten spanischen Inquisition), auf der anderen Seite zur Entwicklung einer damals völlig neuen Vorstellung „reinen Blutes“. Frei von jedem Verdacht, heimlich einen anderen Glauben zu praktizieren als den allein selig machenden waren nämlich nur Personen, die aus Familien stammten, die immer schon katholisch waren und auch während der Zeit von Al Andalus keine dort möglichen Mischehen eingegangen waren.

An dieser Geburtsstunde lässt sich schon erkennen, dass Rassismus immer untrennbar mit Eroberung und Unterdrückung verknüpft ist. Es ist keine Fantasie, die einem kranken Gehirn entspringt, sondern eine verzerrte gedankliche Wiedergabe realer Machtverhältnisse. Die Ausweitung der Vorstellung von „reinem Blut“ verlief in den folgenden Jahrhunderten im Takt der Ausweitung europäisch-weißer globaler Vorherrschaft, und wie begrenzt die Möglichkeiten sind, dem auf der rein gedanklichen, ideologischen Ebene entgegenzutreten, bewies schon die Kontroverse von Valladolid. Nachdem die Entdeckung des amerikanischen Kontinents (bzw. der ersten ihm vorgelagerten Inseln) sehr schnell zur Versklavung und dadurch verursachten Ausrottung der ursprünglichen Bewohner führte, versuchte der Mönch Bartolomé de las Casas in einer theologischen Debatte durchzusetzen, auch die Indios seien Geschöpfe Gottes, der Erlösung fähig und dürften darum nicht versklavt werden. Er hatte in dieser Debatte Erfolg; die Konsequenz war allerdings nur, dass daraufhin an die Stelle der indianischen Sklaven afrikanische traten und jener Völkermord begann, den schwarze Historiker nach der Seefahrtsstrecke „Middle Passage“, die mittlere Passage, nennen. Der transatlantische Sklavenhandel verwüstete nicht nur blühende westafrikanische Kulturen und raubte ihnen den Nachwuchs; die Hälfte der unfreiwilligen Passagiere der Sklavenschiffe starb auf der Überfahrt, und die Lebenserwartung eines Sklaven in den Kolonien betrug wenige Jahre. Alle Kulturen aller Länder, die Ziele des Sklavenhandels waren, tragen die Spuren dieses Verbrechens bis heute.

Ende des 19. Jahrhunderts war es ausgerechnet die „Bekämpfung des afrikanischen Sklavenhandels“, die als Rechtfertigung für die militärische Besetzung Afrikas durch die Europäer diente. Seitdem wurden immer wieder halbe Kontinente am Reißbrett zwischen unterschiedlichen Kolonialherren aufgeteilt. Und es ist nicht zu leugnen – die ökonomische wie die militärische Macht weltweit liegt noch immer in den Händen weißer Mitteleuropäer (die berühmten WASP der USA, weiß, angelsächsisch, protestantisch, sind nur eine Untergruppe).

Begleitet wurde diese Eroberung übrigens von massiven propagandistischen Maßnahmen, die bis in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts andauerten. Viele Zoos, in den man heute ausschließlich Tiere sieht, hatten damals eine Menschenabteilung, in denen vermeintlich das wahre Leben der „Primitiven“ dargestellt wurde. Wenn man berücksichtigt, dass Zoos vor allem von Kindern gerne aufgesucht werden, ein Einfall mit Langzeitwirkung.

Wenn sich heute ein Frank-Walter Steynmeyer* hinstellt und erklärt, Assad müsse gehen, dann ist das nur deshalb möglich, weil die Vorstellung, wer so etwas darf und wer nicht, tief in der Kultur verankert ist. Wenn der Präsident von, sagen wir einmal, Mauritius, erklären würde, Angela Merkel müsse gehen, wäre das ein Scherz. Steynmeyer kann sich anmaßen, einem anderen Land und dessen Bevölkerung Vorschriften zu machen, weil die dominante Stellung der kapitalistischen Kernländer ein so selbstverständlicher Teil unserer Weltwahrnehmung ist, dass sie fast wie eine Tatsache der Natur wahrgenommen wird. Denn natürlich ist Steynmeyers Bemerkung nicht nur aggressiv und kolonialistisch, sondern auch rassistisch, weil sie impliziert, er, Steynmeyer, wisse schon von Natur aus besser über die Welt Bescheid als irgendwelche Syrer, die nur den bösen Assad haben, weil ihnen der weiße Herr noch nicht das Licht der Erkenntnis gebracht hat. Dieses mit Waffengewalt bewehrte Licht der Erkenntnis mit wechselnden Namen, das schon „Bekehrung zum wahren Glauben“ hieß, „Zivilisation bringen“, „Mädchenschulen bauen“ und jetzt eben wieder mal „Demokratie bringen“ setzt für seine Wirksamkeit als Rechtfertigung aggressiver Handlungen gegen andere Völker voraus, dass eine Vorstellung von Überlegenheit sicher etabliert ist, verstärkt sie aber selbst auch immer wieder. (Dass die Bereitschaft besteht, vor noch herrenmenschigeren Herrenmenschen zu katzbuckeln, ändert nichts am Charakter der eigenen Attitüde).

Diese Machtverhältnisse sind für jeden wahrnehmbar; man muss nur die Nachrichten anschalten. Die idealistische Vorstellung, diese Wahrnehmung durch persönliche Begegnungen auslöschen zu können, täuscht. Denn die Personen, die einander begegnen, sind keine unbeschriebenen Blätter, sie tragen ihre jeweils entgegengesetzten Varianten von Kolonialgeschichte im Gepäck, und eine solche Begegnung ist keineswegs konfliktfrei, auch wenn die konsequente Bekämpfung jeder wirklich fortschrittlichen Politik in den meisten Ländern dazu geführt hat, dass sich der Befreiungswunsch auf Seiten des Kolonisierten nur in einer höchst verzerrten, maskierten Weise zeigen kann. (Wer begreifen will, in welche Tiefen der Persönlichkeit sich solche Strukturen auswirken, sollte Frantz Fanon lesen).

Es ist auch nicht böser Wille, der Menschen dazu bringt, diesen rassistischen Vorstellungen zu folgen. Der Mensch als prinzipiell vernunftbegabtes Wesen hat das Bedürfnis, alles, was er sieht und erlebt, zu begründen und irgendwie in eine schlüssige Erzählung einzubauen. Wenn die konkrete Erfahrung die ist, dass braune Menschen (als Oberbegriff für alle, die nicht schweinchenrosa sind) arm, schlecht gebildet, unterworfen sind, und die Gesellschaft, in der man lebt, Reichtum und Armut als persönlichen Erfolg oder Misserfolg deutet, dann ist es logisch, genau den gleichen (falschen) Schritt bezogen auf den Rest der Menschheit zu machen und davon auszugehen, sie seien deshalb arm, schlecht gebildet und unterworfen, weil sie grundsätzlich dem weißen Mitteleuropäer in welchem Merkmal auch immer nachstehen.

Die wirkliche Lösung, solches Denken nicht mehr zu erzeugen, bestünde in der Abschaffung der Verhältnisse, die ihm zu Grunde liegen. Der wirkliche Schritt, solches Denken zu bekämpfen (in dem begrenzten Rahmen, in dem das ohne Änderung der Verhältnisse überhaupt möglich ist), besteht darin, die Verhältnisse, die es erzeugen, erkennbar zu machen und zu bekämpfen.

Anders gesagt – wer vom Imperialismus nicht reden will, sollte vom Rassismus schweigen.

Zwei brennende Häuser

Es gibt Momente, in denen eine Aussage nicht eine Aussage ist, sondern zwei. Wenn ich beispielsweise eine Menge auf der Straße sehe, die eine andere Menge anbrüllt, als „dämliche Vegetarier“, und ich geselle mich zu dieser Menge, dann gebe ich nicht nur zu verstehen, dass ich die Angebrüllten ebenfalls für „dämliche Vegetarier“ halte, sondern auch, dass weder ich noch einer der mit mir Stehenden diese Eigenschaft teilen.

Abstrakt formuliert teile ich die Gesamtheit in eine Menge A und eine Menge Nicht A. Bei konkreten Fragen ist das einfach und nachvollziehbar. Ich bin entweder dafür, dass ein neues Schwimmbad gebaut wird, oder nicht. Für eine Vermögenssteuer oder nicht. Für eine NATO-Mitgliedschaft oder nicht.

Der mittlerweile offiziell zelebrierte „Antirassismus“ hat allerdings keine politischen Forderungen; sein Gegenüber sind weder der Staat und seine Gesetze noch die Wirtschaft und ihre Interessen; sein Gegenüber sind schlicht andere Gruppen von Menschen, denen rassistisches Denken vorgeworfen wird und gegen die man Veranstaltungen abhält, die inhaltlich eher an Kaisers Geburtstag erinnern als an Politik. Es treffen sich alle ‘Guten’, um sich wechselseitig zu versichern, die ‘Guten’ zu sein, und dass die, die nicht an besagter Stelle stehen, die ‘Bösen’ sind.

Ein Musterbeispiel dafür sind die Kampagne ‘Aufstehen gegen Rassismus’ und die diversen ‘XY ist bunt’, unter deren Unterzeichnern sich sogar die Gewerkschaften friedlich neben Arbeitgeberverbänden finden (das Lamm weidet friedlich neben den Wölfen..), zusammen mit fast allen Parteien.

Gegen Rassismus bewirkt eine solche Kampagne gar nichts. Denn sie benennt nicht einmal, was Rassismus ist, sondern besteht nur aus der lautstark geäußerten Behauptung, die Unterzeichner seien jedenfalls keine Rassisten, ohne in irgendeiner Weise dafür einen Beweis anzutreten.

Auffällig auf der Unterschriftenliste dieser Kampagne ist – neben der Tortenwerferinitiative aus Berlin, die auch Teil des Bündnisses ist – die Zahl der Vertreter der Grünen. Und hier stoßen wir sofort auf das Problem.

Wie gesagt, es handelt sich hier um eine Aussage des Typs A – Nicht A. Zugespitzt formuliert, wer diese Liste unterschreibt, behauptet nicht nur von sich, kein Rassist zu sein, sondern akzeptiert auch die selbe Behauptung seitens aller anderen Unterzeichner als wahr.

Sind die Grünen keine Rassisten? Die SPD? Wirklich? Wie soll das gehen, wenn die NATO und ihre Kriegseinsätze unterstützt werden, die als imperialistische Kriegsführung unvermeidlich rassistisch sind; wenn die gegenwärtige Ordnung der Dinge, die Macht der Oligarchie von ihnen nicht in Frage gestellt wird, die Milliarden von Menschen zu Kolonisierten macht; wenn mit zügelloser Propaganda, die mehr als ein Bröckchen rassistischer Botschaften enthält, ein Angriffskrieg gegen Russland herbeigeredet wird und die Nähe zu lupenreinen ukrainischen Faschisten größer nicht sein könnte?

Es ist widerlich, wenn Menschen aus rassistischen Gründen Flüchtlingsheime anzünden.

Es ist aber nicht weniger widerlich, wenn Menschen aus ebensolchen Gründen ganze Länder anzünden.

„Der linke Flügel des Neoliberalismus“

Neoliberalismus ist die Bezeichnung für die Ideologie, die alle antisozialen Entwicklungen des letzten Vierteljahrhunderts rechtfertigt. Sie ist eine Art Calvinismus auf Speed, eine Weltsicht, in der der zügelloseste Reichtum gerecht und das tiefste Elend die Schuld des Elenden ist. Sozial existiert in dieser Weltsicht nur in der Gestalt der Brosamen vom Tisch der Reichen. Neoliberalismus propagiert offen, was in der westlichen Politik davor zwar vorhanden, aber verbrämt war – die Unterordnung der Politik unter die Interessen der Monopole. Lenin nannte das Anfang des letzten Jahrhunderts Imperialismus, Merkel nennt das „marktkonforme Demokratie“.

Dem Neoliberalismus verdanken wir Wohltaten wie die Hartz-Gesetze, den Wettbewerb in der Absenkung der Unternehmenssteuern zwischen den Staaten, eine gewaltige Privatisierungswelle, deren Folgen man bei jeder Bahnfahrt genießen kann, einen Kult des Ego, das keinerlei moralische und soziale Bindungen mehr kennt, und eine schrittweise Verrohung der gesamten Gesellschaft auf allen Ebenen. TTIP und seine Geschwister (CETA, TPP) sind der Schlussstein in dieser Entwicklung; die in Erz gegossene Erhebung multinationaler Konzerne zu gottgleichen Gewalten jenseits von Recht und Gesetz.

Wie die ihm historisch vorhergegangenen Spielarten des Wirtschaftsliberalismus ist der Neoliberalismus vom faschistischen Denken stets nur um Haaresbreite entfernt. Nicht umsonst war Chile nach dem Putsch Pinochets das erste Land, in dem diese Ideologie zur praktischen Politik wurde.

Der US-amerikanische Politologe Adolph Reed nennt den heute verbreiteten Antirassismus den „linken Flügel des Neoliberalismus“. Als Beispiel führt er aus, nach diesen Vorstellungen sei eine Gesellschaft, in der 1% der Bevölkerung die Kontrolle über 90% der Ressourcen hat, dann gerecht, wenn sich unter diesem Prozent 12% Schwarze, 12% Latinos, 50% Frauen und eine noch unklare Zahl Lesben, Schwule und Transgender befänden.

Adolph Reed war selbst jahrzehntelang an den Kämpfen schwarzer Amerikaner um gleiche Rechte beteiligt. Er kennzeichnet diesen jetzigen ‘Antirassismus’ als eine scheinbar politische Haltung, der jede konkrete politische Forderung fehlt, und die, da auch keine Auseinandersetzung mit realen Verhältnissen von Macht und Abhängigkeit mehr stattfindet, letztlich nur eine moralische Predigt darstellt, die die gegebenen Verhältnisse ansonsten nicht mehr in Frage stellt.

Das kommt irgendwie bekannt vor, oder? Aber wie es zu solchen politischen Vorstellungen kommt, ist im Falle des ‘Antirassismus’ hier nicht nachvollziehbar, weil es keine reale politische Bewegung gab, deren Nachklang und Aufhebung er sein könnte. Es gibt aber ein sehr fassbares Gegenstück, dem in der Bundesrepublik eine reale Bewegung vorausging. Die Frauenbewegung.

Mädchenschulen erbomben

Die westliche deutsche Republik hinkte der östlichen jahrzehntelang hinterher, was die rechtliche und gesellschaftliche Stellung der Frauen betraf. Die erste und bis Mitte der 1970er einzige Verbesserung fand 1953 statt, als die gesetzliche Regelung, dass sämtliches Vermögen einer Frau mit der Eheschließung in den Besitz ihres Mannes übergeht, aufgehoben wurde.

In der Phase verstärkter gesellschaftlicher Kämpfe, die die ausgehenden 60er und beginnenden 70er kennzeichneten, tauchten auch wieder Forderungen nach Gleichberechtigung auf. Sie waren auf manchen Gebieten durchaus erfolgreich – seit 1977 brauchen verheiratete Frauen nicht mehr die Genehmigung ihres Mannes, um einen Arbeitsvertrag abzuschließen oder einen Kredit aufzunehmen. Die Streichung des Schuldprinzips aus dem Scheidungsrecht ermöglichte es erstmals, Ehen so aufzulösen, wie das vernünftige erwachsene Menschen tun sollten (diesen Fortschritt hat die ungleiche Einkommensentwicklung inzwischen teils dadurch wieder aufgehoben, dass nach einer Scheidung am Ende beide zu arm sind, um sicher leben zu können, aber das ist ein anderes Thema). Offene Diskriminierung geschiedener Frauen oder alleinerziehender Mütter fand nicht mehr statt, eine Zeit lang zumindest.

In anderen Bereichen jedoch hat diese Bewegung keinerlei Erfolge erzielen können. Der in der BRD im Vergleich sehr große Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen ist zwar erst ein wenig zurückgegangen, wächst aber seit einigen Jahren wieder. Auf einer Weltkarte, die letztes Jahr zum 8.März im Internet kursierte und die die zehn Länder weltweit je mit dem höchsten und dem niedrigsten Anteil von Frauen in Führungspositionen zeigte, war die BRD eines der schlechtesten Länder, neben den Vereinigten Arabischen Emiraten. Den höchsten Anteil an Frauen in Führungsposition hatte – Russland.

Der Sozialkahlschlag der letzten Jahre traf Frauen besonders stark. Das Renteneintrittsalter für Frauen wurde von 60 auf 67 erhöht,was die Rentenkürzungen der ohnehin weit niedrigeren Frauenrenten besonders deutlich ausfallen lässt. Besonders extrem ist hier die Lage der Alleinerziehenden, die, weil es sich dabei zu 90% um Frauen handelt, ein wirklich guter Gradmesser dafür ist, wie eine Gesellschaft mit den Rechten ihres weiblichen Teils umgeht. Die Hälfte der Alleinerziehenden lebt mit ihren Kindern von Hartz IV; und daran ändert sich auch durch eine Erwerbstätigkeit wenig, weil die weiblichen Einkommen zu gering sind. Kein anderes Land in Europa geht derart achtlos mit den eigenen Kindern um, und dementsprechend sinkt auch die Geburtenrate immer weiter.

Dennoch versichert die gesamte politische Klasse mit stolzgeschwellter Brust, „hier bei uns sind die Frauen gleichberechtigt“. Bizarrerweise trifft dies für den Beruf des Politikers sogar weitgehend zu; nur für den Rest der Gesellschaft bleibt das belegbar Fiktion. Aber glücklicherweise sind an die Stelle der nötigen Auseinandersetzung um Lebenssicherheit und Entfaltungsmöglichkeiten Diskurse wie jener um das Gendern der Sprache getreten, die sich mit nichts anderem beschäftigen als mit der Ausgestaltung eben jener potemkinschen Fassade, ohne einen Gedanken darauf zu verschwenden, dass hinter dieser Fassade kein Haus ist.

Von den drei wirklich mächtigen Frauen in dieser Republik, Friede Springer, Liz Mohn und Susanne Klatten, haben zwei ihren Reichtum erschlafen und eine ererbt. So sieht es wirklich aus mit weiblicher Macht. Auf der anderen Seite ist mittlerweile die Kleidung selbst für Mädchen, die noch weit von der Pubertät entfernt sind, so sexualisiert, dass vor zwanzig Jahren eben diese Kleidungsstücke nur auf dem Straßenstrich verwendbar gewesen wären, und die Lebensperspektive, die in den Massenmedien verbreitet wird, lautet „Topmodel“ oder „Superstar“. Ein Leben als Objekt also.

Das Verschwinden der Auseinandersetzung in und mit der Realität war in der damaligen Frauenbewegung ein Ergebnis der Niederlage. Um an wirtschaftlichen Abhängigkeiten etwas ändern zu können, war sie nicht stark genug. Also kaprizierte sie sich ins Esoterische und lebte in Kleinstrukturen zur Vertretung spezifischer Interessen weiter; schließlich war es hier möglich, noch kleine Erfolge zu erreichen; für Beratungsstellen für Lesben reichte es noch, für eine Angleichung der Einkommen reichte es nie. Weil die für eine wirklich gleiche Entscheidungsfreiheit mögliche Veränderung nicht erreichbar war, wurde in der Folge das ganze Thema der harten materiellen Verhältnisse ausgespart; dieser blinde Fleck entstand also in Kooperation zwischen der unterlegenen Bewegung und den herrschenden Mächten. Übrig blieb eine Art Gespenst der ursprünglichen Bewegung, das so weit von den realen Bedingungen abgekoppelt war, dass es beliebig nutzbar wurde.

Und es wurde genutzt; schließlich war die Hauptlegende zur Rechtfertigung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan die Förderung von Mädchenschulen.

In der gleichen Weise degenerierte der Kampf der schwarzen US-Amerikaner um Gleichberechtigung zum heutigen ‘Antirassismus’. Auch das ist keine wirkliche Bewegung, in der wirkliche Menschen um wirkliche Rechte kämpfen, sondern nur der verzerrte Schattenwurf, der nach der Niederlage übrig geblieben ist und jetzt frei genutzt werden kann. Hillary Clinton zeigt gerade in ihrem Vorwahlkampf, wofür.

Du sollst nicht sprechen

Diese beiden Gespenster ehemaliger Bewegungen haben vieles miteinander gemein. Beide haben die Veränderung der Wirklichkeit ersetzt durch eine Veränderung der Weise, wie über die Wirklichkeit gesprochen wird. Den Schwarzen, die in den USA von der Polizei auf der Straße niedergeschossen werden, regelmäßig und in beeindruckender Zahl, dürfte es herzlich egal sein, ob sie vorher ‘Nigger’ genannt werden. Denen, die zu hunderttausenden als Arbeitssklaven die Gefängnisse bevölkern (die USA stellen 25% der Gefängnisinsassen weltweit) dürfte das ebenfalls relativ gleich sein. Die erfolgreiche Tabuisierung des Aussprechens bestimmter Einstellungen hat es aber wesentlich erleichtert, so zu tun, als gäbe es kein reales Problem mehr.

Und hier bei uns? Es gibt einen riesigen Skandal um die Bemerkung eines besoffenen Politikers zu einer Journalistin, aber ganz und gar keinen Skandal um die Armut der Alleinerziehenden.

Es gibt zweifelsohne Rassismus in der deutschen Gesellschaft. Das ist unvermeidlich, ist doch das industrielle Kernland BRD eines der Länder, die besonders vom System globaler Abhängigkeiten profitieren. Als politisches Thema tauchte Rassismus hier aber verspätet und ‘importiert’ auf – es gab hier keine politische Bewegung von Migranten, die Gleichberechtigung eingefordert hätten, sondern nur eine Generation Deutscher, die politisch mit der Vorstellung sozialisiert wurde, Rassismus sei schlecht (was er ja auch ist), sei ein Problem falschen Denkens, und müsse freundlicherweise im Interesse der davon betroffenen (die an diesem Prozess nicht aktiv beteiligt waren) bekämpft werden. Weil nie eine wirkliche Bewegung existierte, ist hier der Zusammenhang zwischen ihrem Entwicklungszyklus und jenem eigenartig moralisierenden Restgespenst besonders undurchschaubar.

Auch hier reden wir von Fassadenpolitik, aber in einer verschärften Weise, es ist Fassadenpolitik in Stellvertretung der Betroffenen. Ein konkretes Beispiel: der Stadtrat Münchens und auch die Betriebe, die der Stadt München gehören, geben gerne hehre Erklärungen ab, dass selbstverständlich niemand diskriminiert werden soll. In München, wo die Migrationsbevölkerung immerhin ein Drittel der Einwohner stellt, entbehrt das nicht einer gewissen Logik, alles Andere würde die Stadtgesellschaft sprengen. Dennoch finden sich unter den Auszubildenden der Stadtwerke kaum Jugendliche mit Migrationshintergrund. Warum? Die Stadtwerke erklären, sie wollten eben die besten Auszubildenden, die auf dem Markt zu haben seien, sammeln Bewerbungen gleich bundesweit und erklären, sie könnten doch nichts dafür, wenn die Jugendlichen mit Migrationshintergrund nicht gut genug seien….Und weil man sich dem Dogma verpflichtet hat, die Stadtwerke müssten der Gewinnerzielung dienen, statt der Stadtgesellschaft, ist das auch kein Problem.

München hat eine Studie finanziert, die über den Zeitraum von vier Jahren die ‘Bildungskarrieren’ von Jugendlichen analysierte, die auf der Hauptschule oder der Wirtschaftsschule waren. Eines der Ergebnisse dieser Studie war, dass Jugendliche mit zwei deutschen Eltern zu 80% im ersten Jahr nach Abschluss einen Ausbildungsplatz fanden, andere Jugendliche aber nur zu 30% – und das, obwohl es keinen (das ist so bizarr, dass man es laut wiederholen muss: KEINEN) nennenswerten Unterschied in den Noten gab. So etwas nennt man einen statistischen Nachweis für Rassismus. Die Reaktion des Stadtrats? Keine. Wir können die Unternehmen doch nicht zwingen… Wohlgemerkt, wir reden hier von den Lebenschancen von jungen Leuten, die hier geboren und aufgewachsen sind (oft genug auch schon ihre Eltern) und die sich von ihren ‘erfolgreicheren’ Klassenkameraden einzig durch ihre Herkunft unterscheiden.

Diese Fragen werden nicht nur vom Stadtrat mit freundlichem Schweigen übergangen, auch von den ‘antirassistischen’ Initiativen der Stadt. Warum? Ihre Haltung ist zutiefst paternalistisch, und je exotischer das Objekt ihrer Fürsorge, desto größer der Prestigegewinn und die Fantasie, damit irgendwie die Spießbürger zu ärgern. Dem Türkenjungen aus der Hauptschule drei Straßen weiter gehen sämtliche Pandabärenqualitäten ab, der kann ja reden, hat eine eigene Meinung, kommt womöglich noch frech und ist sowieso vor allem Proll, also ein Schmuddelkind, mit dem man nicht spielen soll, und schon längst nicht mehr als Projektionsfläche für eigenen Edelmut geeignet. Und wenn es darum geht, den eigenen Anspruch auf privilegierte Positionen später im Leben in Frage zu stellen, werden die meisten der tapferen Antirassisten sehr schnell zu Spiegelbildern ihrer Eltern; Quoten an Universitäten für Migrantenkinder oder selbst für Arbeiterkinder sind ihnen noch nie in den Sinn gekommen. Da geht es schließlich ganz konkret um das eigene Fortkommen.

Die erste Generation dieser ‘Antirassisten’ ist längst in verantwortlichen Positionen gelandet, und sie halten erbittert an ihrer Verleugnung der materiellen Wirklichkeit fest. Das Ergebnis sind Handlungen, die so surreal sind, dass sie Wut erzeugen müssen, die dann im Gegenzug gleich zum Rassismus deklariert werden kann und damit neuen Sinn für die eigene Tätigkeit generiert. Der Extremfall in dieser Hinsicht war der Vorschlag in Wien, für Flüchtlinge eine Monatskarte für 4 Euro einzuführen. Wohlgemerkt, nur für Flüchtlinge. Sämtliche anderen Armen, seien es Rentner oder Migranten, die bereits länger dort ansässig sind, waren als Empfänger dieser Wohltat nicht vorgesehen.

Hier in der BRD kursiert der Vorschlag, die Grundschulen mögen Arabisch unterrichten. Arabisch? In den Grundschulen, die meine Töchter besucht haben, fanden sich Kinder mit Dutzenden unterschiedlicher Muttersprachen. Warum nur Arabisch? Und warum kommen jene Genies, die solche Vorschläge machen, nicht auf die Idee, dass jede Gesellschaft mit gemischter Herkunft eine ‘lingua franca’ braucht, die in diesem Fall natürlich das Deutsche wäre, und nehmen wahr, dass das wirkliche Problem ist, dass die Vermittlung von Deutsch als Zweitsprache nach wie vor nicht Teil der Lehrerausbildung ist? Die Lehrer also etwas tun sollen, was sie nicht gelernt haben, und es deshalb schlecht tun, und hier eine wirkliche politische Forderung steckt, die durchzusetzen zu wirklicher Verbesserung führen könnte? Nichts da. Es geht um ein moralisches Theater mit der Überschrift ‘Antirassismus’, und der Aufhänger dafür sind die Flüchtlinge, alles andere ist egal, und wer hier meckert, ist sowieso Rassist.

Die Abkopplung von der materiellen Wirklichkeit führt also nicht nur dazu, dass jene hinter einem Trugbild aus wohlklingenden Phrasen verschwindet, sie verhindert auch noch tatsächlich mögliche Verbesserungen. Wenn sich ein beliebig breites Bündel an Organisationen trifft, um gemeinsam öffentlich in einer Art Rütlischwur zu erklären, sie seien alle gegen Rassismus, ist das vor allem die Behauptung, es gäbe in diesem Land keinen Rassismus, außer in den Köpfen einiger weniger Verstockter. Es ist eine bedingungslose Bestätigung des Bestehenden.

Ein kleiner marxistischer Ausflug

Wenn man Marxisten fragt, was am Rassismus schlecht ist, lautet die erste Antwort: weil er die Klasse spaltet.

Das bedarf für Nichtmarxisten einer kleinen Übersetzung, weil der Begriff der Klasse in Deutschland erfolgreich eliminiert wurde. In den angelsächsischen Ländern ist das übrigens nicht der Fall, und völlig normale Leute unterhalten sich über Klasseninteressen und Klassenvorurteile. Aber in Deutschland, dem Ursprungsland der marxistischen Theorie, wurde der Antikommunismus so tief in die Köpfe geprügelt, dass sich schon zentrale Begriffe wie völlige sprachliche Exoten ausnehmen.

Also Klasse. Eine Klasse ist eine große Gruppe Menschen, die in Bezug auf den Produktionsprozess und den Besitz von Produktionsmitteln in der gleichen Position ist und daher grundlegende wirtschaftliche Interessen miteinander teilt. Das zeigt sich an simplen Fragen wie der Lohnhöhe – die Arbeiterklasse hat, und zwar als Ganzes, ein Interesse an steigenden Löhnen (auch alle, die Leistungen beziehen, die von Löhnen abhängen, wie Renten), und die Klasse der Unternehmensbesitzer hat als Ganzes ein Interesse daran, dass die Löhne sinken. Das erschließt sich schnell und unmittelbar. Bei politischen Fragen ist es manchmal etwas komplizierter, zu erkennen, welche Gruppe welches Interesse hat; aber es lässt sich relativ einfach sagen, dass ein Interesse an Kriegen nur jene haben, die daran verdienen; das ist unmittelbar die Rüstungsindustrie, mittelbar noch eine Reihe weiterer Industriezweige, aber keinesfalls jene, die überwiegend in Kriegen ums Leben kommen, nämlich die ‘einfachen Leute’.

Warum eine ‘Spaltung der Klasse’ schlecht ist, lässt sich auch einfach übersetzen. Die einzige Macht, die jene inzwischen sehr kleine Gruppe der Ultrareichen über die sehr große Zahl der nicht Reichen hat, besteht darin, die große Zahl in möglichst kleine Teile zu trennen, gegeneinander zu stellen und nach Möglichkeit dafür zu sorgen, dass gemeinsame Interessen gut verborgen bleiben. Einen Teil der dafür nötigen Mechanismen habe ich oben für den ersten Weltkrieg beschrieben. Vor dem zweiten Weltkrieg wurde etwas gründlicher dafür gesorgt, dass sich kein Widerstand mehr regen kann, durch offenen Terror.

Es gibt nicht nur eine solche Spaltung. In Deutschland ist sie wirklich auf die Spitze getrieben. Männer verdienen deutlich mehr als Frauen; die Lohnspreizung innerhalb einzelner Firmen, aber auch zwischen unterschiedlichen Berufen ist extrem hoch; es gibt eine starke Spaltung zwischen Beschäftigten und Erwerbslosen, und nach wie vor verdienen Beschäftigte im Osten weniger als im Westen. Leiharbeiter, Werkverträge, unbezahlte Praktika und Ein-Euro-Jobs gehören auch noch ins Bild. Während also mittlerweile ein überwältigend großer Teil der Bevölkerung zur Arbeiterklasse gehört, kleines Handwerk genauso fast verschwunden ist wie Tante-Emma-Läden und der Anteil der Landwirte an der Bevölkerung selbst in Bayern nur noch verschwindend klein ist, die Konstellation 1% Reichen gegen 99% also tatsächlich soziale Wirklichkeit ist, würde sich nur ein verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung als Angehöriger der Arbeiterklasse bezeichnen. (Auch das ist im Angelsächsischen anders). Und wie soll man denn gemeinsame Interessen formulieren, wenn schon das Wort, das diese Gemeinsamkeit beschreibt, als anrüchig gilt?

Dennoch, es gibt sie, und man muss kein Genie sein, um zu erkennen, dass alles, was verhindert, die gemeinsamen Interessen zu erkennen, den Wenigen nützt und den Vielen schadet. Klar ist auch, dass das Ziel, die Macht der Wenigen zu beenden, nur erreicht werden kann, wenn die Vielen sich wirklich weitgehend einig sind.

Das Problem dabei, diese Einigkeit zu erreichen, besteht darin, dass genau die selben Menschen gleichzeitig miteinander in Konkurrenz stehen, weil sie ihre Arbeitskraft auf einem Markt anbieten müssen. Dieses Problem hatten beispielsweise die Leibeigenen des Mittelalters nicht. Da Menschen die Welt auf Grundlage unmittelbarer Erfahrung deuten, ist es schwierig, auf gemeinsame Interessen hinzuweisen, wenn sie nicht erfahren werden, die Konkurrenz aber nicht nur erfahren wird, sondern unvermeidbar ist. Eine Erfahrung gemeinsamer Interessen ist jedoch nur in wirklichen Auseinandersetzungen möglich, nicht in Form einer theoretischen Belehrung. Auf der politischen Ebene ist dieses gemeinsame Interesse oft leichter herzustellen als auf der ökonomischen; deshalb sind die großen Umbrüche immer an tiefe politische Krisen gekoppelt, an lebenswichtige Fragen wie die von Krieg und Frieden.

Es ist klar, dass Menschen, die sich das Ziel gesetzt haben, die Herrschaft des Kapitals zu beenden, gegen die Spaltung der Klasse arbeiten müssen. Aber sind die Vorgaben der Political Correctness dabei hilfreich? Wenn ich der Überzeugung bin, rassistisches Denken spaltet die Klasse, legt schon die Logik nahe, dass der Satz „Mit dir rede ich nicht mehr, du Rassist“ in etwa die dümmste Reaktion ist, die darauf möglich ist.

Warum gibt es eine solche Erwartung nur in Bezug auf diese spezifische Spaltung, die doch nur eine unter vielen ist? Ist sie irgendwie schlimmer als alle anderen? Niemand hat bisher ein Bündnis gegen die Diskriminierung der Ost-Beschäftigten gegründet, obwohl diese Spaltung eine der tiefsten und folgenreichsten ist. Es kommt auch niemand auf den Gedanken, die Forderung zu erheben, Äußerungen, die sich gegen Bürger der DDR richten, zu zensieren. Ganz im Gegenteil – dutzendweise lassen sich Artikel finden, die (fälschlicherweise übrigens) die negativen Reaktionen auf die Flüchtlinge, die nur zum Teil wirklich rassistisch sind, pauschal zum Ergebnis der ‘zweiten deutschen Diktatur’ erklären. Sprich, wer sich – in welcher Weise auch immer – diesen Kampagnen wie ‘Aufstehen gegen Rassismus’ anschließt, verstärkt damit unter dem Deckmantel, eine Spaltung der Klasse zu bekämpfen, eine ganz andere Spaltung der Klasse, deren Konsequenzen viel konkreter und weitreichender sind.

Letztlich sind alle diese Spaltungen verheerend, denn sie tragen alle dazu bei, die bestehenden Klassenverhältnisse zu sichern, die inzwischen wieder den Krieg zum Dauerzustand erhoben haben und weltweit Leichenberge auftürmen, um einer sehr überschaubaren Gruppe Personen ihren Reichtum und ihre Macht zu erhalten.

Und noch ein Letztes: es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen Sprechen und Tun. Wenn ich sage, es wäre ein Beitrag für den Fortschritt der Menschheit, wenn in der Bilderberg-Konferenz in Dresden eine Kalibr einschlüge, heißt das weder, dass ich eine solche Rakete besitze, noch, dass ich sie tatsächlich abschießen würde. Zündet jemand ein Flüchtlingsheim an, ist das ein Verbrechen, ganz einfach. Schreibt jemand darüber, so, wie ich oben über die Bilderberger geschrieben habe, sind das Worte. Es sind Worte, die mir nicht gefallen und die ich ungern lese. Aber auch das Recht sozialistischer Staaten machte einen deutlichen Unterschied zwischen Worten und Taten. Die Nazis machten ihn nicht. Wer es nicht glaubt, kann sich gerne Protokolle des „Volksgerichtshofs“ ansehen.

Die Unschuld der ‘europäischen Werte’

Nun gibt es sicherlich Phasen, in denen man sich solchen politischen Moden anpassen kann und sie zwar nichts nützen, aber doch zum Mindesten auch nicht schaden. Es ist ja auch durchaus angenehm, auf gewohnte Bündnisse zurückgreifen zu können, sich mühelos durch die Erfüllung einiger Verhaltensvorgaben den Status eines fortschrittlichen Menschen zu sichern und, solange sich nichts bewegt, dadurch vielleicht noch kleinste Veränderungen bewirken zu können. Die heutigen Grünen und die heutigen Kommunisten sind in einer politischen Landschaft aufgewachsen, in der sie sich häufig begegnen mussten. Man hat sich aneinander gewöhnt.

In manchen Momenten hat solches Verhalten allerdings ganz andere Folgen. In der SPD gab es vor 1914 durchaus schon Auseinandersetzungen über das Verhältnis zum Streben des Kaiserreichs nach einem ‘Platz an der Sonne'; aber sie führten nicht zu einer Trennung der Flügel, weil die Partei selbst schon Jahrzehnte bestand und die persönlichen Bindungen erst unter der Gewalt des Krieges endgültig zerbrachen.

In gewisser Weise ähnelt die heutige Situation innerhalb jenes Feldes, das sich ‘links’ nennt, der vor 1914. Wie der linke Flügel der Sozialdemokratie davor zurückschreckte, sich organisatorisch vom rechten zu trennen, schreckt der Teil dieses Kontinuums, der sich gegen den drohenden Krieg stellt, davor zurück, sich deutlich gegen jenen zu wenden, der diesen Krieg geradezu herbeiredet.

Die propagandistische Erzählung, die diese Kriegsvorbereitungen stützt, ähnelt an manchen Punkten frappierend jener von 1914. Auch hierfür liefert die Junius-Broschüre gute Beispiele. Das damalige Diktum vom ‘russischen Despotismus’, gegen die ein Krieg legitim sei, ist geradezu ein älteres Geschwister. Nur die Dekoration um dieses zentrale Bild hat sich verändert und ermöglicht die Täuschung, an dieser Haltung sei irgend etwas fortschrittlich.

Der zentrale Begriff dieser Kriegspropaganda heißt ‘europäische Werte’. Man könnte das eine säkularisierte Variation über den ‘wahren Glauben’ nennen. So, wie den außereuropäischen Heiden die christliche Nächstenliebe mit Kanonenbooten nahe gebracht werden musste (und die Frage, ob oder inwieweit diese christliche Nächstenliebe gesellschaftlich gelebt wurde, dabei keine Rolle spielte), so sind es heute Meinungsfreiheit, Toleranz, die Rechte der Frauen und der Homosexuellen. Zu diesem Komplex der europäischen Werte, also zum Kern der Kriegspropaganda, gehört auch die von Merkel erfundene ‘Willkommenskultur’. Sie ist ein Baustein jenes Bilds eigener Überlegenheit, das aufgebaut werden muss, um größere Teile der Bevölkerung zur Billigung der Kriegsvorbereitungen zu bewegen.

Zusätzlich kompliziert wird der Umgang durch die Tatsache, dass die relativ neue Partei AfD zumindest faschistische Teile in sich hat und damit den Reflex aktiviert, hier sei der Punkt, an dem man widerstehen müsse. Übersehen wird dabei gerne, dass genau dies beileibe kein Alleinstellungsmerkmal der AfD ist. Einer der Hauptverkünder faschistischer Positionen in der Bundesrepublik heißt nach wie vor Thilo Sarrazin und ist nach wie vor Mitglied der SPD, und die engsten Freunde der ukrainischen Nazis sind die Grünen. SPD und Grüne sind beide Unterstützer der Kriegspolitik der NATO. Beide finden sich aber immer wieder in Bündnissen, die sich ‘antifaschistisch’ nennen, und dort werden zunehmend eben jene ‘europäischen Werte’ beschworen, die die Rechtfertigung für einen Weg bieten, der durchaus geradewegs in die Vernichtung des Landes führen könnte.

Im selben Sinne stellt sich die Frage in Bezug auf Kampagnen wie ‘Aufstehen gegen Rassismus’. Die vermeintlich fortschrittliche Fassade ist inzwischen längst integraler Bestandteil aggressiver Politik. Und man sollte eines nicht vergessen – das Nürnberger Tribunal, das bekanntlich unter aktiver Mitwirkung der Sowjetunion stattfand, definierte, was das höchste völkerrechtliche Verbrechen darstellt: die Vorbereitung und Durchführung eines Angriffskriegs. Nicht anders wurde es auch ins Grundgesetz geschrieben. Kann man diese Auffassung ignorieren und so tun, als gäbe es die Beteiligung an diesem schlimmsten denkbaren Verbrechen nicht? Ist es nicht vielmehr erforderlich, die Erzählung zu unterlaufen, sich ihr zu verweigern, die Fassade einzureißen?

Sich auf die scheinbar humanitäre Erzählung der ‘Willkommenskultur’ einzulassen und sich karitativ für die Flüchtlinge zu engagieren, mag von guter Absicht geleitet sein. Mir kam dabei immer folgendes Bild in den Sinn – jemand rennt mit einem Messer in der Hand durch die Straße und sticht wahllos auf Leute ein. Das karitative Handeln entspricht dann dem, hinter diesem Mann herzurennen, um die von ihm verletzten zu verbinden. Die wirklich menschliche und sinnvolle Handlung bestünde allerdings darin, ihn aufzuhalten und ihm das Messer aus der Hand zu schlagen.

Die Sanktionen gegen Syrien wurden jüngst erst wieder verlängert, ohne dass dies größere Aufmerksamkeit erlangte. Diese Sanktionen entfalten ihre Wirkung in zwei Richtungen. Zum einen verringern sie die wirtschaftlichen Ressourcen der legitimen syrischen Regierung, was die Versorgung der zahlreichen Binnenflüchtlinge deutlich erschwert. Sie haben aber noch eine zweite Seite – Ölexporte seitens der ‘Opposition’ sind von den Sanktionen ausgenommen, wenn die „Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte“ sie befürwortet. Da die Übergänge zwischen den bewaffneten Gruppen fließend sind, ist hier die legale Tür für Ölexporte selbst durch Daesh in die EU; die „Nationale Koalition“, die in Katar gegründet wurde und in Istanbul ihren Sitz hat, ist sicher gerne bereit, die erforderliche Zustimmung zu erteilen. Die Sanktionen verschlechtern also nicht nur in dem Sinne die Lage der syrischen Bevölkerung, dass der Staat das Einkommen verliert, sie zu versorgen; sie erheben illegale bewaffnete Formationen zu legitimen Handelspartnern, die auf diese Weise eine gesicherte und durch die EU abgesegnete Finanzierungsquelle erhalten. Die Sanktionen halten den Motor des syrischen Krieges am Laufen.

Wäre die Energie, die unzählige Menschen im Rahmen der ‘Willkommenskultur’ aufgewandt haben, um die eigentlich staatlichen Aufgaben der Versorgung der Flüchtlinge unbezahlt zu erledigen, in die politische Auseinandersetzung gegen den syrischen Krieg geflossen, hätte sie wirklich etwas verändern können. Aber sich von den Verletzten auf der Straße abzuwenden und stattdessen zu versuchen, den Angreifer aufzuhalten, wirkt mitleidslos, vor allem, wenn das Aufhalten nicht schnell und einfach gelingt. Sich von den Konflikten, die als entscheidend aufgebaut werden, ab- (wie einem Kampf um die Flüchtlingsheime) und der Bekämpfung der politischen Ursachen zuzuwenden, wird schnell als unmoralisch betrachtet.

Die Lage ist unverkennbar verzwickt. Spätestens seit dem Putsch in der Ukraine ist klar, dass Faschismus als reale Option auf die europäische Bühne zurückgekehrt ist, so wie es mit dem Einsetzen der großen Krise zu fürchten war; dass es nach Krieg riecht, ist ebensowenig zu leugnen. Unklar ist allerdings, wo diese faschistische Gefahr zu verorten ist, so wie es im Jahr 1931 nicht klar war, welche der Organisationen, die sich anboten, letztlich das Rennen machen würde. Klar ist, dass keine der bürgerlichen Demokratien in Europa noch stabil ist. Wenn es nicht gleich die Ausrufung des Notstands ist, wie in Frankreich, dann zeigen die massiven Wahlfälschungen, dass das Personal der vermeintlich anderen Seite (wie in Österreich) ebenfalls keinen Pfifferling mehr auf das demokratische Prozedere gibt und jederzeit bereit wäre, an die Stelle des Parlaments die Diktatur zu setzen. Gegenstände, die man noch länger zu nutzen beabsichtigt, behandelt man pfleglicher.

Man kann Rassismus nicht bekämpfen, indem man Kriegstreiber verharmlost. Man kann einen drohenden Faschismus nicht bekämpfen, indem man sich gegen eine mögliche faschistische Variante A mit den Vertretern einer möglichen faschistischen Variante B verbündet und mit ihnen leere Rituale durchführt, die die ‘europäischen Werte’ und damit die bereits weit vorangeschrittene Kriegspropaganda zelebrieren. Der richtige Pfad ist schwer zu finden und mit Sicherheit anfänglich einsam; aber es ist unumgänglich, nach ihm zu suchen.

* Steynmeyer statt Steinmeier soll seine Nähe zu den ukrainischen Nazis sichtbar machen. Diese Schreibweise ist ebenso legitim wie die ‘ukrainisierte’ Schreibweise russischer Namen, die sich in der deutschen Presse etabliert hat. Siehe „Shwaynsbraghten“.

Videos mit Beilage

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Heute will ich mal wieder eine Reihe von unterschiedlichen Videos einstellen, mit etwas Text drumrum.

Zum Einstieg ein kurzes Video vom letzten Samstag bei den Protesten in Ramstein; ein Interview mit Klaus Hartmann, dem Vorsitzenden des Freidenker-Verbands:

Ehe ich dem noch den letzten Aufruf der Freidenker folgen lasse, noch ein weiteres kurzes Video, das auf Russia Insider mit englischen Untertiteln erschien, und das ich gleich gegriffen habe, um es einzudeutschen. Es ist wieder einmal ein kurzer Ausschnitt aus einer russischen Fernsehsendung, “Moment der Wahrheit”. Diese Sendung hatte schon mehrmals Berichte zur Ukraine gebracht, unter anderem zu Mariupol. In diesem Video geht es um einen bisher unbekannten Aspekt, der aber sehr sichtbar macht, wie aggressiv und brandgefährlich das Verhalten der NATO ist – es geht um US-Drohnen, die über der Krim abgefangen wurden. Und der Kommentator hat völlig recht – das Überfliegen mit Drohnen, denen nicht anzusehen ist, ob sie scharfe Waffen transportieren oder nicht, ist bereits eine kriegerische Handlung… und hier stellt sich natürlich die Frage, ob auch diese Drohnen aus Ramstein gesteuert werden.

Jetzt als kleines Text-Zwischenspiel der Aufruf des Freidenker-Verbands; es gibt diesen Aufruf auch als Download auf ihrer Seite…

Aufwachen: Gegen die massive Kriegsbedrohung aufstehen!

Appell der Freidenkerinnen und Freidenker vom Verbandstag am 5. Juni 2016 in Potsdam

Wir Freidenkerinnen und Freidenker in Deutschland erheben mit großer Sorge unsere Stimme gegen das Anwachsen der Kriegsgefahr in Europa. Wir appellieren an alle Menschen, nicht wie im Schlafwagen einem neuen großen Krieg entgegen zu rasen, sondern die Warnsignale zu sehen und die Fahrt in den Abgrund zu stoppen.

Die USA, die NATO und die EU betreiben seit 1991 eine Politik der Einkreisung, Zurückdrängung und Destabilisierung Russlands. Mit dem Putsch in der Ukraine, ständigen Manövern und dem Vorrücken der NATO direkt an die russische Westgrenze wird eine Zuspitzung der unmittelbaren Konfrontation betrieben.

Das AEGIS-Raketensystem, stationiert auf vier Kriegsschiffen und landgestützt seit Juni 2016 in Rumänien sowie ab Herbst in Polen, verkürzt die Raketen-Vorwarnzeiten für Russland. Die USA wollen sich die „risikofreie“ nukleare Erstschlagfähigkeit sichern, indem ein Gegenschlag ausgeschaltet wird. Das irreführend „Raketenabwehrschild“ genannte AEGIS-System ist offensiv: Auf Knopfdruck von der US-Air Base Ramstein können die landgestützten Startvorrichtungen auch die seit 1987 verbotenen atomar bestückbaren Cruise-Mittelstreckenraketen abschießen, was eine neue Qualität der nuklearen Bedrohung nach Europa zurückbringt.

Russland bedroht kein Land in Europa und der Welt und setzt sich weltweit für kollektive Sicherheit ein. Es tut dies aus eigenem nationalem Interesse an der Entwicklung von Wirtschaft und Wohlstand, die durch Milliarden für ein neues Wettrüsten gebremst wird.
Die Aufrüstung und der neue Aufmarsch der NATO bedrohen die staatliche Existenz Russlands. Da es davor weder die Augen verschließen noch zurückweichen kann, hat Präsident Putin in aller Verantwortung klar gemacht, alle notwendigen Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Russland ist bereit und fähig, sich zu verteidigen und jeden Aggressor vernichtend zu schlagen. Russland könnte sich im Kriegsfall gezwungen sehen, seine Vernichtungsmacht frühzeitig und massiv gegen den rückwärtigen Raum des Feindes einzusetzen. Deutschland und Europa würden binnen Stunden zur atomaren Wüste werden.

Auch ein Krieg aus „Versehen“, aus menschlichem oder technischem Versagen, kann in wenigen Minuten zum Inferno führen, und wird mit jedem Aufrüstungsschritt wahrscheinlicher.

Das heißt: Heute spielen die USA, NATO und EU unter maßgeblicher Beteiligung Deutschlands mit der Möglichkeit der automatisierten Selbstvernichtung.

Menschen Europas: Erhebt Euch gegen diese lebensgefährliche Politik!
Bürgerinnen und Bürger Deutschlands: Zwingt die Bunderegierung, ihre Kriegspolitik zu beenden!

Alle Menschen gemeinsam – ob Sozialisten, Konservative oder Parteilose, ob gläubig oder nicht religiös, Lohnabhängige oder Unternehmer, Gewerkschafter, unorganisiert oder sozial Ausgegrenzte – sagt unmissverständlich:

Frieden und Kooperation mit Russland
statt weiter in den 3. Weltkrieg!

Abgeordnete aller Ebenen, die Ihr Euch noch als Volksvertreter fühlt: Widersetzt Euch der Logik der Konfrontation!

Friedenskräfte und Friedensorganisationen in Deutschland – ruft mit einer Stimme:

Schluss mit der Kriegshetze und dem aggressiven NATO-Aufmarsch in Europa gegen Russland!
ALLE vereint: Wir wollen ohne militärische Bedrohung leben!

Unterstützt den Aufruf „Sagt NEIN, ächtet Aggressionen, bannt die Weltkriegsgefahr!“- www.neinzurnato.de

 DEUTSCHLAND RAUS AUS DER NATO – NATO RAUS AUS DEUTSCHLAND

Einige kurze Worte zur aktuellen Lage im Donbass (die Pressemeldungen finden sich in der Alternativen Presseschau, die mit bewundernswerter Ausdauer täglich die aktuellen Informationen übersetzt). Inzwischen hat der Beschuss bereits wieder die Intensität aus dem Mai letzten Jahres erreicht; mehrere Tage hintereinander wurden in Donezk jeweils mehr als 600 eingeschlagene Granaten unterschiedlicher Größe gezählt. Es gab mehrere zivile Todesopfer.

Gleichzeitig gab es mehrere Angriffsversuche von ukrainischer Seite, die zurückgeschlagen wurden. Wie massiv diese Versuche waren, lässt sich aus den veröffentlichten Informationen nicht genau erkennen. Vom letzten Versuch wurde jedenfalls berichtet, dass die faschistischen Bataillone größere Verluste erlitten, bis zu 50 Tote und Verwundete. Diese Zahl ist relativ gesichert, weil die Anhänger von Aydar sich in sozialen Netzwerken darüber beschwerten, die Regierung würde ihre Verluste verleugnen… weniger verlässliche Meldungen sagen, die Kliniken im ukrainischen Hinterland bis Kharkow und Dnjepropetrowsk seien bereits mit Verwundeten überfüllt.

Das heisst, ob das noch mit ein-dreiviertel zugedrückten Augen  noch Waffenstillstand genannt werden kann oder doch schon wieder Krieg genannt werden muss, ist schwer zu bestimmen. Die Truppen der beiden Volksrepubliken halten sich jedenfalls noch immer zurück und erwidern das Feuer nur, um akuten Artilleriebeschuss von Wohngebieten einzudämmen oder einen direkten Angriff abzuwehren. Die ukrainische Seite macht, was sie immer macht – sämtliche Vorgaben ignorieren. Heute beispielsweise sollte ein Damm bei einer Chemiefabrik repariert werden, wofür extra eine gesonderte Waffenruhe vereinbart wurde; die Arbeiten mussten abgebrochen werden, weil die Arbeiter unter Beschuss gerieten… der Damm wurde natürlich durch ukrainischen Beschuss beschädigt und die Reparaturarbeiten sind nötig, um eine ökologische Katastrophe zu verhindern. Nun, vielleicht fühlen sich die westlichen Auftraggeber mal bemüssigt, hier etwas an der Leine zu ziehen.

Und nun zur Ergänzung etwas zur Restukraine – es gab in den letzten Wochen mehrere Veranstaltungen mit der Ehefrau von Ruslan Kotsaba, über den wir hier mehrmals berichtet hatten. Eine davon gibt es auf Video.

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